Digitale Öffentlichkeitsarbeit für Unternehmen: Imagepflege statt Shitstorm

von Georg Lecheler

13.04.2012

Facebook, Twitter, Xing und Co. eröffnen Unternehmen viele Möglichkeiten zur digitalen Imagepflege. Allerdings bringt Werbung im Web 2.0 auch viele rechtliche Risiken mit sich. Den Gefahren, die von eigenwilligen Usern und Shitstorms drohen, entgeht am besten, wer sich die Eigenheiten der Social Media bewusst macht und ein paar einfache Regeln befolgt. Welche das sind, erklärt Georg Lecheler.

Wenn Unternehmen nach außen kommunizieren, ist das letztendlich immer auf eines gerichtet: Werbung. Werbung um Arbeitnehmer, Kunden, Lieferanten, Investoren oder die öffentliche Meinung. Egal, ob die Imagepflege durch Print, Fernsehen, Radio oder Mundpropaganda betrieben wird: Für die Öffentlichkeitsarbeit der Unternehmen gelten bestimmte Regeln, unter anderem die des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG).

Danach ist zum Beispiel getarnte Werbung verboten. Darunter fallen auch gekaufte Blogbeiträge. Das hat das Landgericht (LG) Hamburg etwa Anfang des Jahres einer Rechtschutzversicherung bescheinigt, deren IP-Adresse einem auffallend positiven Kommentar in einem Blog über solche Versicherungen zugeordnet werden konnte (Beschl. v. 03.01.2012, Az. 312 O 715/11).

Ist eine solche Falle noch leicht zu erkennen und zu umgehen, gibt es in Zeiten des Web 2.0 viel kniffligere Fälle: Was ist, wenn für den Kommentar gar nicht unmittelbar bezahlt wurde, sondern nur ein Mitarbeiter, unter Umständen von einem Firmenrechner aus, seine persönlichen Erfahrungen mit seinem Arbeitgeber mitteilen wollte? Schließlich gestatten und fördern immer mehr Unternehmen die Nutzung von Social Media auch während der Arbeitszeit; außerhalb der Arbeitszeit ist es ohnehin nicht möglich, diese zu untersagen.

Das Unternehmen haftet für übereifrige Mitarbeiter

Und wenn der Mitarbeiter über das Ziel hinausschießt? Arbeitgeber haften für ihre Angestellten: Es drohen vor allem Abmahnung und einstweilige Verfügung, außerdem Anwalts- und Gerichtskosten. Immer mehr Unternehmen geben ihren Mitarbeitern daher Richtlinien für jede private oder dienstliche  Nutzung von Social Media an die Hand. Inhaltlich beschränken sie sich dabei meist auf Altbewährtes: Freundlich, sachlich und ehrlich bleiben, an belegbare Tatsachen halten, niemanden angreifen, Rechte an Bildern und Texten einholen, in den Betroffenen hineinversetzen, im Zweifel schweigen.

Aber selbst wenn sich Unternehmen und Mitarbeiter an diese Regeln halten, gibt das keine hundertprozentige Sicherheit: Besteht etwa auf der Facebook-Seite eines Unternehmens die Möglichkeit für Dritte, dort Bilder oder Kommentare zu posten, kann es vorkommen, dass jemand sich durch diese Kommentare verletzt fühlt oder Bilder ohne Genehmigung verwendet werden.

Welche rechtlichen Konsequenzen daraus erwachsen können, zeigte jüngst das Beispiel eines privaten Facebook-Users. Auf dessen Pinnwand hatte ein Dritter ein Bild gepostet. Leider wohl, ohne Inhaber der Rechte daran zu sein, wovon der arglose User erst durch die Abmahnung erfuhr. Social Media sind eben keine Ein-Wege-Kommunikation, sondern bieten die Plattform, sich mit seinem Umfeld auseinanderzusetzen. Und damit sind unvermeidlich Risiken verbunden.

Der richtige Umgang mit eigenwilligen Usern und Shitstorm im Netz

Um diese Risiken zu minimieren, ist es für Unternehmen daher wichtig, sich die zentralen Punkte bewusst zu machen, die Struktur und Mentalität des Web 2.0 mit sich bringen. Denn es wird mit einer Vielzahl von kreativen und eigenwilligen Leuten kommuniziert, deren Reaktion sich weder sicher planen noch kontrollieren lässt. So zeigt das Beispiel eines Spülmittelherstellers, der User aufrief, eine Flasche Pril zu gestalten, dass virale Kampagnen leicht aus dem Ruder laufen können: Die Edition "Schmeckt lecker nach Hähnchen" stand weit oben in der Gunst der User.

Allerdings bleibt es nicht immer so humorvoll: Zwar verebben manche durch Werbewind entfachte Shitstorms wieder harmlos, wie jüngst bei der ING-DiBa, die mit ihrer fleischliebenden Werbeikone Dirk Nowitzki die Veganer im Netz gegen sich aufbrachte. Manchmal zeitigen sie aber ganz reale Effekte, wie im Fall von Kitkat, das wegen Verwendung von Palmöl, für dessen Anbau angeblich Regenwald gerodet wurde, unter virtuelles Feuer geriet. Das Unternehmen versprach dann, den Lieferanten genauer auf die Finger zu sehen.

Rechtlich stehen den Unternehmen zwar grundsätzlich einige Werkzeuge zur Verfügung, um unwahre oder rufschädigende Äußerungen im Netz zu unterbinden und Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen, vor allem Abmahnung und einstweilige Verfügung. Allerdings sind die Betreiber mancher Internetseiten oder die für deren Inhalte Verantwortlichen manchmal zu schwer greifbar, um diese Rechte sinnvoll durchzusetzen. Und selbst wenn das gelingt, kann die Reaktion der Netzgemeinde verheerend sein. Der Vorwurf der Zensur ist schnell bei der Hand und ein rechtliches Vorgehen wird oft als willkommener Anlass für weitere Kommentare genommen. Die Abstimmung zwischen Rechts- und Kommunikationsabteilung ist darum wichtiger denn je.

Georg Lecheler ist Rechtsanwalt und Juniorpartner der Kanzlei Oppenhoff & Partner. Er ist Teil der Social-Media-Fachgruppe der Kanzlei, die zu allen rechtlichen Aspekten von Social Media berät, insbesondere im Wettbewerbs-, Urheber- und Markenrecht, im Datenschutzrecht und im Arbeitsrecht.

Zitiervorschlag

Georg Lecheler, Digitale Öffentlichkeitsarbeit für Unternehmen: Imagepflege statt Shitstorm . In: Legal Tribune Online, 13.04.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5991/ (abgerufen am: 18.03.2024 )

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