BVerwG zu muslimischer Rechtsreferendarin

Kein Kopf­tuch­verbot ohne gesetz­liche Grund­lage

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Einer muslimischen Rechtsreferendarin wurde das Tragen des Kopftuchs während des Referendariats verboten, kurz darauf wurde die Auflage aufgehoben. Gerichtlich zur Wehr setzen darf sie sich trotzdem, entschied das BVerwG. 

Eine Rechtsreferendarin kann eine Auflage, die ihr das Tragen eines Kopftuchs bei hoheitlichen Tätigkeiten im Referendariat untersagt, in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren auch dann noch angreifen, wenn die Auflage nach acht Monaten mangels Bedeutung für die weiteren Ausbildungsstationen aufgehoben worden ist – und im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig am Donnerstag entschieden und der klagenden Frau muslimischen Glaubens Recht gegeben (Urt. v. 12.11.2020, Az. 2 V 5.19).

Die Frau wurde zu ihrem juristischen Vorbereitungsdienst in Bayern nur mit der Auflage zugelassen, dass "bei Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten mit Außenwirkung (z.B. Wahrnehmung des staatsanwaltlichen Sitzungsdienstes, Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen in der Zivilstation) keine Kleidungsstücke, Symbole und andere Merkmale getragen werden dürfen, die objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die religiös-weltanschauliche Neutralität der Dienstausübung zu beeinträchtigen". Ihr Widerspruch gegen die Auflage blieb erfolglos. Nach der Klageerhebung und acht Monate nach Beginn des Referendariats wurde die Auflage schließlich aufgehoben: Weil die Strafrechtsstation mittlerweile beendet sei, sei die Auflage auch nicht mehr erforderlich, so die Begründung. 

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BVerwG bejaht Feststellungsinteresse

Die Juristin beantragte daraufhin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Auflage. Das Verwaltungsgericht (VG) Augsburg gab ihr Recht, der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hingegen hielt ihre Klage aber mangels Feststellungsinteresses für unzulässig.

Das BVerwG hob das Urteil des BayVGH nun aber auf und stellte das erstinstanzliche Urteil wieder hier. Die "Kopftuch-Auflage" stelle einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff dar und erledige sich auch typischerweise zu kurzfristig, um Hauptsacherechtsschutz zu erlangen. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei deshalb zulässig. 

Begründet sei die Klage ebenfalls. Im Geltungszeitraum der Auflage von Oktober 2014 bis Mai 2015 habe die gesetzliche Grundlage für einen Eingriff in die Religionsfreiheit in Bayern gefehlt. Diese sei erst im Jahr 2018 mit Art. 11 Abs. 2 Bayerisches Richter- und Staatsanwaltsgesetz geschaffen worden, so das BVerwG in seiner Mitteilung. 

acr/LTO-Redaktion

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