Die juristische Presseschau vom 6. bis 8. Februar 2016: Über­wa­chung im ÖPNV / gie­rige Mid­del­hoff-Anwälte? / ver­rannte StA

08.02.2016

Recht in der Welt

GB – Assange: Zum nicht rechtsbindenden Votum eines UN-Gremiums, nach dem der Aufenthalt Assanges in der ecuadorianischen Botschaft in London willkürlicher Haft gleiche und zu entschädigen sei, schreiben nun u.a. auch lto.de, Samstags-FAZ (Jochen Buchmeister) und spiegel.de. Die Samstags-SZ (Heribert Prantl) kritisiert das Votum, denn nach dessen Argumentation könne "ein Mafia-Boss, der sich zwanzig Jahre vor der Justiz auf einem sizilianischen Bauernhof versteckt hatte, die Anrechnung dieser 'Haft' auf die Freiheitsstrafe beantragen, zu der er nach seiner Ergreifung verurteilt wird".

Meinung zur EU: Eine Meinungsumfrage zur Bewertung der EU durch ihre Bürger wird an diesem Montag veröffentlicht und die Montags-FAZ (Helene Bubrowski) gibt einen Überblick über die Zahlen. Ob die Mitgliedschaft des eigenen Landes eher positiv oder negativ bewertet wird, divergiere stark. Zusammengenommen überwögen die negativen Stimmen (ein Drittel) gegenüber den positiven (ein Viertel), und hielten sich mit denen, die gleichermaßen positives wie negatives sehen, die Waage (ein Drittel).

Niederlande – Assoziationsabkommen/Ukraine: Das derzeit vorläufig anwendbare Assoziationsabkommen der EU mit der Ukraine bedarf der Ratifikation aller EU-Mitgliedstaaten. Die Niederlande lassen darüber abstimmen, was zu einer pro/contra-EU-Abstimmung stilisiert wird, zwar ohne rechtliche Bindung aber politisch kaum zu ignorieren. Bleibe die niederländische als einzige Ratifikation aus, sei unklar ob und wie sich das Abkommen halten lasse, schreibt die Samstags-FAZ (Helene Bubrowski).

USA – Anwalt Feinberg: Im Interview mit der FAS (Roland Lindner) spricht Staranwalt Kenneth Feinberg über das deutsche und amerikanische Rechtssystem, seine honorarfreie Arbeit bei der Verteilung von Unglücksfonds und seine Arbeit für Unternehmen wie GM, BP und derzeit VW, für die er Vereinbarungen mit potentiellen Klägern zur Vermeidung langwieriger Gerichtsprozesse sucht.

Sonstiges

Staat nach Humboldt: Mit Blick auf die Frage nach heutigem Staatsversagen schreibt die FAS (Rainer Hank) über Humboldts Staatstheorie, nach der der Staat auf die "Sicherstellung der Bürger gegen sie selbst und gegen auswärtige Feinde" beschränkt sein sollte und die den Wohlfahrtsstaat des 19. Jahrhunderts als rückwärtsgewandte Neuauflage der höfischen Zeit betrachtete. "Der deutsche Staat ist als wehrhafter Rechtsstaat zu schwach, als überbeanspruchter Sozialstaat ist er es auch. 'Staatsversagen' hätte Humboldt diagnostiziert."

Rechtskultur: Unter dem Titel "Kultur des Rechts" meint Reinhard Müller (Montags-FAZ), dass über Rechtmäßigkeit durchaus gestritten werden sollte, selbst wenn "Unbelehrbare" den Vorwurf des Rechtsbruchs zur Delegitimierung des "Systems" zu nutzen suchten. So unterminiere auch der Rechtsbruch eines Mitgliedstaates nicht die EU, wenn er vor dem EuGH überprüfbar bleibe. Es gehe um die überprüfbare Begründung des Handelns, um Macht einzuhegen und ein friedliches Zusammenleben zu ermöglichen.

Kind als Schaden: Aus Anlass des jüngsten Verfahrens vor dem Oberlandesgericht München wegen Schadensersatzforderungen einer Mutter gegen die Ärzte, die die Trisomie 21 ihrer Tochter nicht erkannten, befasst sich die Montags-FAZ (Oliver Tolmein) mit den Voraussetzungen eines Schwangerschaftsabbruchs bei Behinderung des Kindes und dem "Kind als Schaden". Auch krahnert-medizinrecht.de (Sebastian Krahnert) schreibt dazu.

Rechtsprechung im Internet: Das Portal rechtsprechung-im-internet.de bringt Zugang zu mehr als 30.000 Entscheidungen der höchsten deutschen Gerichte und die juris GmbH verdient daran. Daran sei zwar nicht prinzipiell etwas auszusetzen, meint Jost Müller-Neuhof (Tsp), es hätte aber nicht auf das Gedeihen eines Geschäfts gewartet werden dürfen. Es wäre erste Pflicht des Staates in der digitalen Revolution gewesen, Gesetze und Gerichtsentscheidungen zugänglich zu machen.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/krü

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 6. bis 8. Februar 2016: Überwachung im ÖPNV / gierige Middelhoff-Anwälte? / verrannte StA . In: Legal Tribune Online, 08.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18370/ (abgerufen am: 17.05.2024 )

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