Die juristische Presseschau vom 4. Februar 2014: Steuerhinterziehung aktuell – Kein Mobilitäts-Grundrecht – Strafanzeige gegen Merkel

04.02.2014

Steuerhinterziehung ist der neue Trend. Aber wie sollen Recht und Politik damit umgehen – Mitmachen oder laut werden? Außerdem in der Presseschau: Kein Grundrecht auf Mobilität für Dobrindt, Auftakt im HRE-Prozess, Strafanzeige gegen Merkel, Tolksdorf im Ruhestand, Totschlag durch Unterlassen bei Suizidpatienten und warum DNA jetzt auch auf Vorrat gespeichert wird.

Tagesthema

Steuerhinterziehung – Strafbefreiende Selbstanzeigen ade?: Wie die SZ (Guido Bohsem, Titelseite) berichtet, will SPD-Chef Sigmar Gabriel härtere Strafen bei Steuerhinterziehung. Der Koalitionsvertrag, so die SZ, sehe zwar bereits eine bessere Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit vor, "die obersten Finanzexperten in Bund und Ländern" seien indes uneins, ob etwa das Instrument der Selbstanzeige verschärft oder ganz abgeschafft werden müsse. Anlass für Gabriels Äußerung seien die Fälle Alice Schwarzer, Autorin und Frauenrechtlerin, und André Schmitz, Berliner Kulturstaatssekretär (SPD) gewesen. Schwarzer habe nach Steuerhinterziehungen Selbstanzeige erstattet und dann ihre Schulden beglichen, Schmitz habe Erträge aus seiner Erbschaft nicht richtig versteuert und nach der Aufnahme behördlicher Ermittlungen Selbstanzeige erstattet.

Die FAZ (Manfred Schäfers) berichtet ebenfalls: Die Union wolle an der Selbstanzeige festhalten und lehne auch Pläne ab, wie etwa die von NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD), eine Strafbefreiung nur noch bis zu einer bestimmten Höhe an Steuerschulden zuzulassen. Dazu meint Antje Tillmann (CDU), finanzpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, man solle den Menschen "die Gelegenheit lassen, ihre Jugendsünde in Ordnung zu bringen".

War die Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung bislang noch Grund dafür war, warum Steuerstraftäter als "possierliche Steuersünder" galten, so die SZ (Heribert Prantl, Thema des Tages), hätten sich die Zeiten nun aber geändert: Selbstanzeigen seien per Gesetz so kompliziert geworden, dass es heute eine Art "russisches Roulette" sei. Für eine Strafbefreiung bedürfe es der "Genauigkeit eines Notars, der Gewandtheit eines Anwalts und der Glaubensstärke eines Pfarrers".

Separat findet sich im "Finanzmärkte und Geldanlagen"- Teil der FAZ ein Gastbeitrag des Rechtsanwaltes Karsten Randt zu sogenannten Steuer-CDs. Der Handel floriere nach wie vor, die Qualität der Datensätze auf Steuerdaten-CDs sei aber höchst unterschiedlich und reiche von Originaldokumente zu abfotografierten PC-Bildschirmen. Mit Blick auf die Steuerfahndung gelte aber laut Randt die "Faustformel", dass Fahnder heute jeder Spur nachgingen. Eine "Einladung zur Selbstanzeige" werde dabei nicht mehr oft gewährt.

Steuerhinterzieher: Unter dem Titel "Die Last der späten Reue" befasst sich Hans Leyendecker (SZ, Thema des Tages) unter anderem mit der Rolle der Medien und der Frage "Darf man das Steuergeheimnis brechen, wenn die Angelegenheit zwischen Finanzbehörde und Steuerbürger längst geregelt ist?". Die taz widmet den "armen, reichen Steueropfern" mit den zwei Beiträgen "Der tiefe Fall der Hochmütigen" (Arno Frank) sowie "Schussel, Opfer und reuige Sünder" (Barbara Dribbusch) einen Schwerpunkt.

Laut Handelsblatt (Jan Hildebrand/Donata Riedel) prüfe Schwarzer rechtliche Schritte gegen die NRW-Steuerbehörden und gründe eine Stiftung, separat (Donata Riedel) geht es um den nun in einem Rücktritt gipfelnden Fall Schmitz.

Rechtspolitik

EU-Korruptionsbekämpfungsbericht: Anlässlich des am Montag veröffentlichten EU-Korruptionsbekämpfungsberichts spricht lto.de (Claudia Kornmeier/Constantin Baron van Lijnden) mit dem Kölner Strafrechtsprofessor Michael Kubiciel, der den Deutschland-Teil des Berichts vorbereitete, über die konservativen Schätzungen der EU und auf welchen Grundlagen der Berichts entstand. Weiter geht es um das Fazit für Deutschland – eher UEFA-Cup als Champions League-Niveau –, wie eine Ethik-Kommission bei der Korruptionsbekämpfung helfen könnte, warum laut Kubiciel dringend Strafbarkeitslücken im Gesundheitssektor geschlossen werden müssen, Korruption in EU-Institutionen und was die Veröffentlichung des Berichts verzögert hat.

Reinhard Müller (FAZ) kommentiert den Korruptionsbericht "nach Brüsseler Art". Über Karenzzeiten von ausscheidenden Politikern lasse sich zwar reden, aber: Nur wer sich kaufen lasse, sei korrupt. "Beziehungen und Gefälligkeiten" aber seien schwer zu messen.

"Vorratsdaten machen Deutschland nicht sicherer": Unter diesem Titel findet sich auf zeit.de ein Gastbeitrag von Yannick Haan, Sprecher des "Forums Netzpolitik" der Berliner SPD, der als Replik auf die "Verharmlosung der Vorratsdatenspeicherung" durch den Berliner Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) verfasst ist. Heilmann hatte unter dem Titel "Vorratsdatenspeicherung ist Datenschutz" auf zeit.de vorgelegt.

Doppelte Staatsbürgerschaft: Der Streit zwischen Union und SPD zur Abschaffung der sogenannten Optionspflicht im Staatsbürgerschaftsrecht geht weiter. Wie die taz (Daniel Bax) erläutert, beharre die Union darauf, nur den Einwanderer-Kindern auch nach dem 23. Lebensjahr zwei Pässen zu lassen, die nicht nur in Deutschland geboren, sondern auch "aufgewachsen" seien. Die solle etwa mit einen deutschen Schulabschluss oder einer Mindestaufenthaltsdauer von 12 Jahren beleget werden. Die SPD sperre sich dagegen. Ein Kompromissvorschlag käme von der Bundestagsabgeordneten Cemile Giousouf (CDU), nur Aufenthaltszeit- und Dauer heranzuziehen.

Grundrecht auf Mobilität?: Es mag zwar eine Neigung sein, für "gewisse Annehmlichkeiten auch noch Grundrechtsschutz zu verlangen", dem Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) indes dürfe, wie geschehen, der Satz "Mobilität ist ein Grundrecht" nicht unterlaufen, so der emeritierte Rechtsprofessor Michael Stolleis in einem kurzen Gastbeitrag für die FAZ (Feuilleton). So etwas sei juristisch Unsinn und entwerte die Grundrechte.

EU-Gesellschaftsrecht: Über einen möglicherweise bald vorgelegten Richtlinienentwurf der EU zum Gesellschaftsrecht informiert Ulrich Noak (Handelsblatt Rechtsboard). Der Entwurf betreffe die Bereiche Vorstandsvergütung, institutionelle Investoren sowie professionelle Stimmrechtsvertreter.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 4. Februar 2014: Steuerhinterziehung aktuell – Kein Mobilitäts-Grundrecht – Strafanzeige gegen Merkel . In: Legal Tribune Online, 04.02.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10866/ (abgerufen am: 14.05.2024 )

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