Die juristische Presseschau vom 28. bis 30. Juli 2012: Schutz der Verbraucher - Schutz der Feuerwehr - Schutz am Morgen danach

30.07.2012

Käufe und kostenpflichtige Dienstleistungen im Internet sollen transparenter werden. Ab Mittwoch tritt ein neues Gesetz in Kraft. Außerdem in der Presseschau: Ein Urteil zur Arbeitszeit der Feuerwehr, Neues zum Fall Barschel, die Rechtslage bei "Bed of shame"-Fotos und warum der Finder den Schatz aus dem Kachelofen zurückgeben musste.

Der "Button" kommt: Ab Mittwoch, den 1. August, tritt die neue "Button"-Lösung in Kraft. Verträge, die im Internet geschlossen werden, sind nun nur noch wirksam, wenn der Verbraucher deutlich informiert wurde, dass das Angebot kostenpflichtig ist und er diesen Hinweis durch das Anklicken eines entsprechend beschrifteten Buttons bestätigt. Darauf weist die Montags-SZ (Daniela Kuhr) hin. 

In einem separaten Kommentar erklärt Kuhr (SZ), dass Abofallen-Verträge, bei denen der Kunde gar nicht merkte, wie er einen Vertrag schloss, auch bisher nicht wirksam waren. Die neue Lösung sorge nun aber dafür, dass die Verbraucher ihre Rechte auch kennen.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Leistungsschutzrecht - neuer Entwurf: Den "entschlackten" Referentenentwurf aus dem Bundesjustizministerium zum Leistungsschutzrecht stellt heise.de (Stefan Krempl) vor. Neu sei insbesondere, dass von einem möglichen Gesetz nur noch Suchmaschinen betroffen seien, nicht dagegen  Blogs. spiegel.de (Konrad Lischka) zitiert den entsprechenden Passus aus dem Entwurf und meint, das Leistungsschutzrecht sei damit "de facto ein Google-Gesetz". Offen gelassen werde jedoch, was eine "Suchmaschine" sei.

Blogger Jan Mönikes sieht hierin ein unzulässige Einzelfallgesetz. Falls Google seine Marktmacht missbrauche, müsse dagegen mittels Kartellrecht vorgegangen werden und nicht mit einem neuen Leistungsschutzrecht.

Wahl der Verfassungsrichter: Nach Bundestagspräsident Lammert sprechen sich nun auch mehrere junge CDU-Abgeordnete wie Jens Spahn dafür aus, Verfassungsrichter vom Bundestagsplenum wählen zu lassen und nicht wie bisher von einem kleinen Wahlgremium, meldet der Focus (Margarete van Ackeren).

EZB und EU-Vertrag: EZB-Präsident Draghi will weiter Staatsanleihen von Krisenstaaten kaufen, um deren Finanzierung sicherzustellen. Hessens Europaminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) fordert deshalb die Bundesregierung auf, eine Klage gegen die Europäische Zentralbank zu prüfen, meldet welt.de. Die EZB müsse sich auf ihren Auftrag beschränken, die Geldwertstabilität zu sichern.

EU-Kommision - Wirtschaftsprüfer: Der Vorschlag von EU-Binnemarktkomissar Michel Barnier zur verstärkten Regulierung von Wirtschaftsprüfungen, stößt im Europäischen Parlament (EP) auf Widerstand, berichtet die FTD (Mark Schrörs). Der Berichterstatter im EP, ein britischer Konservativer, sei skeptisch, ob es notwendig sei, die Macht der vier großen Anbieter zu zähmen. Auch die Mitgliedstaaten seien zögerlich.

Weitere Themen – Justiz

BVerwG zu Bereitschaftsdienst: Feuerwehrleute in Berlin und Hamburg, die länger als 48 Wochenstunden (Bereitschafts-)Dienst leisten mussten, hatten Anspruch auf Freizeitausgleich oder (falls dieser nicht möglich war) auf Geldzahlungen. Dies entschied laut lto.de jetzt das Bundesverwaltungsgericht.

BGH zu Verkehrssicherungspflicht: Das Land Berlin hat seine Verkehrssicherungspflicht verletzt, weil es über mehrere Jahre die maroden Gehwege im Bezirk Pankow nicht ausbesserte, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am Freitag veröffentlichten Urteil. Eine gestürzte Rentnerin erhält nun Schadenersatz vom Land, meldet lto.de.

BGH zu Geschäftsführerpflichten: Der Anwalt Horst Grätz analysiert auf dem Handelsblatt-Rechtsboard ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem letzten Herbst. Danach kann sich ein ausgebildeter Einzelkaufmann mit Geschäftsführer-Erfahrung im Insolvenzfall nicht damit herausreden, er könne keine Bücher führen oder Bilanzen erstellen. Bei Pflichtverletzung drohe eine Strafbarkeit wegen Bankrotts (§ 283 StGB).

VGH Baden-Württemberg zu Glasverbot: spiegel.de berichtet über eine (noch nicht begründete) Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (VGH) Baden-Württemberg, der das für bestimmte Uferzonen des Bodensees geltende Glasverbot aufhob. Der Gemeinderat von Konstanz habe die Verordnung mit dem Schutz vor Schnittverletzung begründet.

BVerfG – Bundeswahlgesetz: Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Bundeswahlgesetz befasst sich der Spiegel (Dietmar Hipp) mit den Tücken eines neuen Wahlgesetzes, insbesondere der Karlsruher Vorgabe, die Zahl der Überhangmandate auf etwa 15 zu begrenzen.
Volker Zastrow (FAS) kommentiert das Urteil ausführlich und befindet: Ein "lupenrein neutrales, gleichsam objektives Wahlrecht gibt es nicht".

Lehrer klagt gegen Beobachtung: Obwohl der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg 2007 einer Klage des heutigen Realschullehrers Michael Csaszkóczy gegen ein Berufsverbot stattgegeben und das Landgericht Karlsruhe das Land Baden-Württemberg sogar zu Schadenersatzzahlungen verurteilt hatte, wird Csaszkóczy weiterhin wegen möglicher Verfassungsfeindlichkeit vom Verfassungsschutz beobachtet, so die Samstags-taz (Bernd Kramer) und die Montags-SZ (Tanjev Schultz). Dagegen klage er nun vor dem Verwaltungsgericht Köln.

Organspendenskandal ausgeweitet: Neben den Ermittlungen der Braunschweiger Staatsanwaltschaft wegen Bestechlichkeit im Göttinger Organspende-Skandal ermittelt nun auch die Staatsanwaltschaft Göttingen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung in 23 Fällen, so die Samstags-FAZ (Robert von Lucius).

Spionage für Assad: Über die Anklage der Generalbundesanwaltschaft gegen einen Zivilangestellten der syrischen Botschaft in Berlin wegen "geheimdienstlicher Agententätigkeit" in 35 Fällen berichtet der Spiegel (M. Gebauer/S. Röbel/H. Stark; Vorabmeldung auf spiegel.de). Akram O. solle die syrische Regierung jahrelang mit Informationen, vor allem zu syrischen Oppositionellen, versorgt haben.

Neues im Fall Jalloh: Eine Untersuchung des Feuerzeugs, mit dem der Asylbewerber Oury Jalloh 2005 in einer Dessauer Polizeizelle Feuer gelegt haben soll, ergab keinen Hinweis darauf, dass Jalloh Kontakt mit dem Feuerzeug hatte. Nach einem Bericht der Samstags-taz (Christian Jakob) hat das Landgericht Magdeburg nun eine erneute Rekonstruktion des Brandverlaufs in Auftrag gegeben.

Neues im Fall Barschel: An Kleidungsstücken des 1987 tot aufgefundenen CDU-Politikers Uwe Barschel hat das Landeskriminalamt Kiel fremde DNA-Spuren festgestellt. Dies könnte die Mord-Theorie erhärten, berichtet welt.de (L. Wiegelmann/ D. Banse). Die Montags-SZ (Hans Leyendecker) spekuliert, ob die fremde Person ein Sterbehelfer war, der Barschel beim selbstbestimmten Ableben half.

Persönlichkeitsrecht am nächsten Morgen: Wer Sexpartner am Morgen danach schlafend fotografiert und das Foto über Twitter oder andere Social Media-Dienste verbreitet, handelt nicht nur rechtswidrig, sondern macht sich auch wegen Verletzung des Rechts am eigenen Bild strafbar. Der Anwalt Arno Lampmann hat für lto.de die unter dem Stichwort "bed of shame" bekanntgewordene Unsitte analysiert.

Weitere Themen – Recht im Ausland

Russland - Pussy Riot: In Russland beginnt heute der Prozess gegen die drei Mitglieder der Musik- und Protestgruppe Pussy Riot, denen Blasphemie und Rowdytum vorgeworfen werden. spiegel.de (Benjamin Bidder) schildert aus diesem Anlass die Arbeitsweise der Band und die Auseinandersetzung um den Prozess.

Ecuador - Öl in Indianerland: Die Montags-taz (Gerhard Dilger) berichtet über ein Urteil des Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshofs gegen Ecuador. Der Staat wurde verurteilt, umgerechnet 1,1 Millionen Euro an die indigenen Bewohner einer Gemeinde zahlen - für Nachteile einer Erdöl-Konzession, die der Staat einer argentinischen Firma erteilt hatte. 

England – Gefährlicher Tweet?: Paul Chambers war frustriert, als der Flughafen von Doncaster 2010 wegen Schneefalles vorübergehend geschlossen wurde und twitterte, er werde den Flughafen "in die Luft jagen", würde der Zustand nicht binnen einer Woche behoben. Daraufhin wurde Chambers wegen des Versendens einer "bedrohlichen" elektronischen Botschaft zu einer Geldstrafe verurteilt, so zeit.de (Patrick Beuth). Das höchste englische Zivilgericht habe das Urteil nun aber aufgehoben: Es handelte sich erkennbar um einen Scherz.

Sonstiges

In Voßkuhles Küche?: In einem SZ-Portrait von Bundesverfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle verglich Heribert Prantl das Agieren Voßkuhles am Gericht mit dem in der heimischen Küche. Inzwischen stellte sich heraus, dass Prantl nie bei Voßkuhle zu Gast war. Die Badische Zeitung (Christian Rath) schilderte den Vorgang in ihrer Samstagsausgabe.

"Die Marktfrau": Der deutschen Juristin an der amerikanischen Elite-Universität Columbia, Katharina Pistor, widmet die FAS (Melanie Amann) ein kurzes Portrait. Pistor befasse sich vor allem mit der Regulierung von Finanzmärkten und habe unlängst den Max-Planck-Forschungspreis gewonnen.

Kriminalbiologie: spiegel.de (Fritz Habekuß) porträtiert die selbstständige Kriminalbiologin Kristina Baumjohann, die im Auftrag von Polizei, Rechtsmedizin und Anwälten Leichen untersucht. Insekten, Aaskäfer, Maden seien unter anderem ihre "Souffleure des Todes".

Das Letzte zum Schluss

Mein Schatz/Kein Schatz: Mehrere hunderttausend Deutsche Mark hatte ein Mann vor einigen Jahren bei der Haus-Renovierung in einem eingemauerten Kachelofen gefunden – behalten darf er sie aber nicht. Umgerechnet fast 150.000 Euro muss er nach einem Urteil des Landgerichts Düsseldorf an die Erben einer ehemaligen Hauseigentümerin zurückzahlen, es handele sich nicht um einen "Schatzfund". Dies melden spiegel.de sowie lawblog.de.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in den heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/dc/chr

(Hinweis für Journalisten) 

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 28. bis 30. Juli 2012: Schutz der Verbraucher - Schutz der Feuerwehr - Schutz am Morgen danach . In: Legal Tribune Online, 30.07.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6727/ (abgerufen am: 14.05.2024 )

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