Die juristische Presseschau vom 22 - 24. Februar 2014: Die unheimliche Macht der Staatsanwaltschaft – Christian Wulff wird Anwalt – "Drecksasylant" ist keine Diskriminierung

24.02.2014

Klagen über Fehlurteile gab es schon viele. Der Spiegel hat nun aber erkannt, dass Staatsanwälte noch gefährlicher als Richter sind. Außerdem in der Presseschau: Diskussion um die Strafbarkeit kindlicher Nacktbilder, Verfahren gegen Ex-Minister Friedrich, Kritik an der U-Haft von ehemaligen KZ-Aufsehern, ein Schweizer Urteil zur Auslegung des Wortes "Drecksasylant" und Erwägungen zum Selbstmord von Hunden.

Thema des Tages

Kritik an der Staatsanwaltschaft: In seiner Titelgeschichte befasst sich der Spiegel (Thomas Darnstädt/Michael Fröhlingsdorf) äußerst kritisch mit der Macht der Staatsanwaltschaft. Diese habe größeren Entscheidungsspielraum als ein Gericht, agiere aber weisungsgebunden und unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Anhand zahlreicher bekannter Fälle von Wulff über Gurlitt bis Mollath werden ihr grobe handwerkliche Fehler, Größenwahn und erbarmungsloser Übereifer vorgeworfen. Schuld seien unter anderem Selbstgerechtigkeit (in der Maske der Ojektivität), Erwartungen der Politik (die Ergebnisse sehen will), schlechte Ausbildung (keine Psychologie, keine Logik), Gefügigkeit (Aufstieg nach Beurteilung), mangelnde personelle Ausstattung (Kronzeuge Richterbund) und Abhängigkeit von der Polizei (die wahren Herren des Verfahrens). Am Ende werden noch einige Reformvorschläge diskutiert: Unabhängigkeit und Selbstverwaltung der Staatsanwaltschaft, erweitertes Klageerzwingungsverfahren der Opfer von Straftaten, mehr Klagerechte der Beschuldigten.

Rechtspolitik

Strafbarkeit von Nacktbildern: Der Vorschlag von Justizminister Heiko Maas (SPD), den gewerblichen Handel mit Nacktbildern von Kindern zu bestrafen, löste eine lebhafte Debatte aus. Der Spiegel (Karin Assmann/Dietmar Hipp und andere) stellt Pro und Contra-Argumente zusammen. Die Montags-SZ (Wolfgang Janisch) ebenfalls, aber mit deutlich kritischem Akzent: "Soll mit dem Bilderbann in Wahrheit eine anstößige, verquere Form der Sexualität unter Strafe gestellt werden?". Ganz unkritisch begrüßt Martina Fietz (focus.de) den Vorschlag: "Die Warnung vom Eingriff in Freiheitsrechte ist hier völlig unangemessen." Die FAS hat Verbände von Fotografen und Künstlern befragt und überwiegend Zustimmung vernommen.

Anti-Doping-Gesetz: Nachdem die deutsche Biathletin Evi Sachenbacher-Stehle bei Olympia des Dopings überführt wurde, kündigt Justizminister Maas im Interview mit der Samstags-Bild (S. Haselberger/F. Solms-Laubach) ein Anti-Doping-Gesetz an, das Doping-Sündern Haftstrafen bis zu fünf Jahren androht. Schon der Besitz geringer Mengen von Doping-Mitteln soll strafbar sein, nicht nur während der Wettkämpfe, auch während der Vorbereitungs- und Trainingszeit

Zulagen für Ausschussvorsitzende: Mit der jetzt beschlossenen Reform der Abgeordneten-Diäten erhalten die Vorsitzenden der Bundestags-Ausschüsse eine Amtszulage in Höhe von rund 1.300 Euro im Monat. Die Staatsrechtler Hans-Herbert von Arnim und Hans-Peter Schneider halten dies für grundgesetzwidrig, berichtet spiegel.de (Fritz Zimmermann). Das Bundesverfassungsgericht habe im Jahr 2000 solche Zulagen bereits als Verstoß gegen die Gleichheit der Abgeordneten verboten.

Reform der Immunität: Der Brandenburger Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg fordert im Spiegel (Zusammenfassung), die Zahl der Mitwisser polizeilicher Ermittlungsmaßnahmen gegen Prominente zu reduzieren. Er stellt deshalb Berichtspflichten gegenüber den Ministerien in Frage, vor allem aber auch das aufwändige Verfahren bei der Aufhebung der Immunität von Abgeordneten. In einem weiteren Beitrag des Spiegel (Melanie Amann, Zusammenfassung) wird dargestellt, dass auch unter Abgeordneten die Immunität umstritten ist, weil sie die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erst auf einen Fall lenke. Christian Rath (taz) beschreibt, wie Sebastian Edathy mit der überraschenden Niederlegung seines Mandats geradezu aus der Immunität geflohen sei und schließt: Wenn aus dem Schutz der Immunität eine Bedrohung werde, dann habe sie ihren Sinn verloren.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 22 - 24. Februar 2014: Die unheimliche Macht der Staatsanwaltschaft – Christian Wulff wird Anwalt – "Drecksasylant" ist keine Diskriminierung . In: Legal Tribune Online, 24.02.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11136/ (abgerufen am: 14.05.2024 )

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