Die juristische Presseschau vom 13. September 2013: 100 Tage Überwachungsskandal – Kita-Platz – Stadion ohne Polizei

13.09.2013

Vor 100 Tagen enthüllte Edward Snowden die Überwachungsaktivitäten der NSA. Demnächst könnte sich die UNO mit dem Thema beschäftigen. Außerdem in der Presseschau: das Europäische Parlament zu Bankenaufsicht und Visumsfreiheit, das BVerwG am Entscheidungs-Fließband, Polizei im Stadion und Rechte an "YMCA".

Thema des Tages

Datenüberwachung I: Nach Informationen der FR (Steven Geyer) hat die Bundestagsfraktion der Grünen beim UN-Menschenrechtsausschuss Beschwerde wegen der Spionageaktivitäten der NSA eingelegt. Diese stellten einen "fundamentalen Angriff auf die Demokratie in Deutschland" dar und könnten zu einer "Einschüchterung der demokratischen Debatte und Kultur" führen. Zudem verletzten die USA durch diesen Eingriff in die freie und private Kommunikation der Bürger gegen die Artikel 17 und 19 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte. Erreicht werden solle, dass sich US-Behörden vor dem Gremium über den genauen Umfang der Maßnahmen erklärten.

Datenüberwachung II: Vor 100 Tagen machte Edward Snowden die Überwachungsaktivitäten des US-amerikanischen Geheimdienstes NSA bekannt. Aus diesem Anlass ruft Heribert Prantl (SZ) in einem längeren Artikel das Zeitalter der "digitalen Inquisition" aus. In diesem seien Grundrechte nur noch "Bauklötzchen der alten Welt" und die westliche Welt damit beschäftigt, ihre "Rechtsstaaten in Präventions- und Sicherheitsstaaten umzubauen." Angesichts der Machtlosigkeit nationaler Gerichte einschließlich des Bundesverfassungsgerichts gegenüber globaler Observation bedürfe es einer digitalen Bürgerrechtsbewegung, die sich gegen das neue Überwachungszeitalter zur Wehr setzt. Dass hierfür notwendige Maß an Empörung sei allerdings noch nicht erreicht, konstatiert Prantl.

Weitere Beiträge der SZ zeichnen den Weg Snowdens in sein russisches Asyl nach (John Goetz) und beschäftigen sich mit unterschiedlichen Reaktionen auf die Enthüllungen des Whistleblowers in China (Kai Strittmatter), Israel (Peter Münch), Brasilien (Peter Burghardt) - und Deutschland (Oliver Hollenstein). Ein junger Mann aus Griesheim bei Darmstadt lade seit Bekanntwerden der Enthüllungen zu wöchentlichen "Spaziergängen" zum örtlichen sogenannten Dagger-Komplex, der von US-Geheimdiensten betrieben wird, ein.

Rechtspolitik

Telekommunikation: Neelie Kroes, die EU-Kommissarin für Digitale Agenda, hat einen Verordnungsentwurf zur Entwicklung des Telekommunikationsmarktes in Europa vorgestellt, in dessen Mittelpunkt nach dem Bericht der FAZ (Hendrick Kafsack/Henrike Roßbach) die Stärkung von Verbraucherrechten durch eine Abschaffung der sogenannten Roaming-Gebühren für die Nutzung von Mobiltelefonen im Ausland steht. Außerdem seien eine Vereinheitlichung der Regulierung der Telekombranche und bessere Koordination bei der Vergabe von Mobilfunklizenzen vorgesehen.

In seinem Kommentar bedauert Markus Beckedahl (netzpolitik.org), dass noch nicht absehbar sei, ob ein versprochenes Verbot von "Blocken und Drosseln" in dem Entwurf enthalten sei. Telekommunikationsunternehmen hätten durch diese Praxis, aber auch durch die Erhebung von Durchleitungsgebühren für bestimmte Dienste deren Priorisierung oder Diskriminierung in der Hand und gefährdeten damit grundrechtswidrig die Netzneutralität.

Bankenaufsicht: Das Europäische Parlament hat am gestrigen Donnerstag beschlossen, dass ab Herbst 2014 Großbanken unter der Aufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB) stehen. Nach Darstellung der SZ (Cerstin Gammelin/Markus Zydra) seien rund 130 systemrelevante Banken der Euro-Zone betroffen, die zusammen 85 Prozent der Bilanzsumme aller Geldinstitute ausmachten. Die Schaffung eines europäischen Abwicklungsmechanismus für Banken hingegen sei rechtlich wie politisch weiterhin umstritten.

Aussetzung der Visumsfreiheit: In einem weiteren Beschluss hat das Europäische Parlament eine Verordnung verabschiedet, nach der die EU-weite Visumsfreiheit für solche Länder ausgesetzt werden kann, deren Bürger zu viele offenkundig unbegründete Asylanträge stellen. Wie die FAZ (Nikolas Busse) schreibt, solle die Maßnahme Asylmissbrauch vor allem aus jugoslawischen Nachfolgestaaten eindämmen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 13. September 2013: 100 Tage Überwachungsskandal – Kita-Platz – Stadion ohne Polizei . In: Legal Tribune Online, 13.09.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9550/ (abgerufen am: 19.05.2024 )

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