LG Lüneburg zur Mutter von Dschungelcamp-Teilnehmerin: Geldstrafe wegen erschlichenen Attests

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Auch das LG ist davon überzeugt, dass die Mutter von RTL-Dschungelcamp-Kandidatin Nathalie Volk eine Krankheit vortäuschte, um mit ihrer Tochter nach Australien reisen zu können. Das Urteil könnte die Lehrerin ihre Verbeamtung kosten.
Die Mutter von Dschungelcamp-Teilnehmerin Nathalie Volk hat sich wegen des Gebrauchs eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses strafbar gemacht. Das Landgericht (LG) Lüneburg hat sie deswegen am Dienstag zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 60 Euro verurteilt (Urt. v. 07.03.2017, Az. 29 Ns 61/17).
Die Lehrerin hatte ihre Tochter im Januar 2016 nach Australien begleitet, obwohl sie in der Zeit krankgeschrieben war. Die Staatsanwaltschaft hatte der 48-Jährigen deswegen vorgeworfen, sich das Attest erschlichen zu haben, nachdem sie zuvor vergeblich einen Antrag auf Sonderurlaub eingereicht hatte. Das Amtsgericht (AG) Soltau hatte die Frau deswegen schon im vergangenen März zu einer Geldstrafe verurteilt. Damals waren es noch 140 Tagessätze zu je 70 Euro gewesen.
"Wir gehen davon aus, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung tatsächlich falsch war", erklärte der Vorsitzende Richter Kay Lange. Aus Sicht der Kammer entschloss sich die Pädagogin dazu, eine Krankheit zu "präsentieren" und entsprechende Symptome vorzutäuschen. Das ergebe sich aus der Gesamtschau der Umstände.
Geldstrafe verringert
Hinsichtlich der Strafzumessung änderte das LG die vorinstanzliche Entscheidung allerdings ab. Zwar habe sich an den Einkünften der Lehrerin nichts geändert, allerdings sei noch eine Unterhaltsverpflichtung in Abzug zu bringen, die vom AG nicht berücksichtigt worden sei, so ein Sprecher des LG gegenüber LTO. Die Reduzierung von 140 auf 90 Tagessätze begründet das Gericht mit der naheliegenden Möglichkeit, dass die Pädagogin durch die strafrechtliche Verurteilung aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden könnte.
Die in Soltau beschäftigte Lehrerin war ursprünglich nur vier Tage vor dem Abflug krankgeschrieben worden. Sie hatte dazu an einem Tag zwei verschiedene Ärzte aufgesucht, beide diagnostizierten eine depressive Erschöpfung. Der erste schrieb die Frau für eine Woche krank und überwies sie an einen Psychiater. "Das reichte aber noch nicht, den Zeitrahmen abzudecken, der für Australien notwendig wäre", so der Staatsanwalt in seinem Plädoyer dazu.
Unmittelbar nach dem ersten Arztbesuch fuhr die Pädagogin deshalb in Begleitung ihrer Tochter zu einer Ärztin, die sie dann für drei Wochen bis zum Ende des Schulhalbjahres krankschrieb. Die Medizinerin ging damals von einer schweren Erkrankung aus. Von der unmittelbar bevorstehenden Australienreise sagte die Beamtin beiden Ärzten nichts. "Nicht nachvollziehbar", befand Richter Lange. Insbesondere, da die Behandlung danach nie fortgesetzt worden sei.
Entfernung aus dem Beamtenverhältnis droht
Ihre Mandantin sei damals tatsächlich erkrankt gewesen, betonte dagegen die Verteidigung, die auf Freispruch plädiert hatte und nun in Revision gehen will. Dann könnte sich auch das Oberlandesgericht (OLG) Celle mit dem Fall beschäftigen - es wäre bereits das fünfte Gericht.
Die Landesschulbehörde habe die Frau zu Recht vorläufig vom Dienst suspendiert, entschieden bereits im Februar die Richter des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG). Bis zu einer endgültigen Entscheidung in der Sache bekommt die Lehrerin nur die halben Bezüge, immerhin noch rund 2.100 Euro netto. In einem Eilverfahren hatte das Verwaltungsgericht (VG) Lüneburg der Studienrätin zuvor noch erlaubt, wieder in den Dienst zurückzukehren.
Für die 48-Jährige geht es um die berufliche Zukunft: Sollte die Entscheidung des LG rechtskräftig werden, droht der Pädagogin die endgültige Entfernung aus dem Beamtenverhältnis - wie von der Landesschulbehörde auch angestrebt. Andere denkbare Sanktionen sind eine eine Kürzung ihrer Dienstbezüge, eine Geldbuße oder ein Verweis.
dpa/mgö/LTO-Redaktion
Schönes Urteil und gutes Signal!
Jemand_NRWWer derartiges Verhalten an den Tag legt, ist des Beamtenstatus nicht würdig.
Das machen tausende Beschäftigte deutschlandweit täglich. Es schon komisch, dass man sich da einen rauspickt und schön draufhaut zur Schadensfreude aller.
Jurafreak, Richtig,und wer erwischt wird erhält die fristlose Kündigung.
@DS, da haben Sie Recht. Was mich so nervt ist, wie man in der Öffentlichkeit die Menschen fertig macht. Nicht über jeder AoK wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit wird so unfassend in der Presse berichtet.
Den letzten Fall der „Emmely“, den ich in Erinnerung hatte, endete wohl kurz danach tödlich für die Frau.
@Jurafreak: Nö, aber wer sich so in den Medien präsentiert, darf sich auch nicht wundern.
Können Sie eine Quelle für die von Ihnen genannte Summe vorlegen?
Für mich klingt das nach einer leeren Behauptung.
@08.03.2018 13:01, @Jurafreak,
einfaches Googeln hilft. Z.B. https://www.welt.de/wirtschaft/article110111109/Krankfeiern-ist-in-Deutschland-keine-Seltenheit.html
Wenn Sie eine ganz detaillierte Beschreibung brauchen, wie man so was macht, werden Sie hier fündig: http://www.krankheit-simulieren.de
Die ganzen Lehrerbeamtenprivilegien reichen eben noch nicht. Schulferien: "Wir müssen immer zu den teuren Zeiten in den Urlaub fahren". Freie Tage, Vormittage und Nachmittage unter der Woche: "Die vielen Konferenzen abends machen einen fertig." Und welche Überraschung: "Ich habe soviel mit Kindern und Eltern zu tun, beide uneinsichtig und renitent"
RFMöge die werte Dame aus dem Dienst entfernt werden.
Sie haben offensichtlich nicht die geringste Ahnung vom tatsächlichen Arbeitsaufkommen bei Lehrern. Aber Hauptsache mal die Klischee-Keule heraus holen...
Rettet es sie nicht, dass die Strafe auf 90 Tagessätze reduziert wurde, weil die beamtenrechtlichen Sanktionen i.d.R. eine Verurteilung zur Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen voraussetzt?
GrafLukasIch finde es nach wie vor überzogen, was in diesem Fall passiert. Sie wollte bei ihrer Tochter sein bei einem besonderen Ereignnis. Wirklich jeder andere Arbeitnehmer auf der Welt hätte dafür Urlaub oder notfalls unbezahlt freinehmen können. Das ging bei ihr als Lehrerin nicht.
Vom Müllmann zum Großkanzlei Anwalt bekommt keiner frei für so einen Urlaub. Was anderes ist es ja nicht, denn RTL wird die Bewirtungskosten übernommen haben und die abzustauben, darum ging es.
Wenn jeder frei nehmen kann, wenn ihm was wichtiges passiert, dann leben wir in einer anderen Arbeitswelt, wäre vll nicht gar nicht verkehrt...
@GrafLukas:
Nein, die Tagessätze sind irrelevant, vgl. § 13 II BDG.
@Puh:
Jeder kann mit seinem normalen Urlaub ja wohl machen, was er will. Und in der Regel ist beantragter Urlaub zu gewähren, wenn nicht dringende betriebliche Gründe dagegen stehen. Ich finde das Dschungelcamp auch scheiße (und habe noch nie auch nur 5min gesehen), aber das ist kein Grund meinen Mitarbeitern vorzuschreiben, was sie in ihrem Urlaub zu tun oder zu lassen haben.
Darüber hinaus besteht notfalls bei Arbeitnehmern die Möglichkeit der Freistellung ohne Entgelt. All das geht aber bei Lehrern nicht.
In Deutschland machen tagtäglich Tausende "blau". Die Arztpraxen sind jeden Morgen voll mit solchen Leuten. Nur weil diese Frau mittelbar in die Öffentlichkeit geraten ist, wird auf einmal ein unglaubliches Geschiss um den Fall veranstaltet.
M.D.Im Übrigen kann man nicht ex-post rekonstruieren, ob die Frau tatsächlich gesund war. Ein ärztliches Attest ist erst mal ein starkes Indiz für das Gegenteil. Der Fall ist exemplarisch für die Schwächen der richterlichen Beweiswürdigung.
Meinen Sie nicht, dass RTL als klassisches Konsumprodukt in der Riege der Open Society Foundation mitspielt? Das wollen wir doch nicht unterstützen - insbesondere nicht, dass eine Beamtin nur zur Begleitung einer Unterhaltungsveranstaltung ihrer Tochter mitreist und dann selbst die Nähe zu den Medien sucht.
Schwer zu sagen. Die Open Society Foundation ist sehr umtriebig.
Was ich jedoch mit Sicherheit weiß ist, dass im Januar letzten Jahres eine Grippewelle durch das Land gezogen ist. Ob ich die Angeklagte ein Jahr später und ohne jegliche medizinische Kenntnisse vom Schreibtisch aus für gesund erklärt hätte, wage ich zu bezweifeln.
Als Richter hätte ich vermutlich eine Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO angeregt. Als Verteidiger hätte ich diesem Vorschlag zugestimmt. Wenn die StA nicht mitspielt, gibt es einen Freispruch. So lief es jedenfalls bei meinem Ausbilder. Lustig fand ich immer den Spruch: "Wenn Sie der Einstellung nicht zustimmen, schreibe ich ein Urteil". Offensichtlich kennt er die StPO.