Verfassungsbeschwerde erfolglos: Ku'damm-Raser schei­tert vor dem BVerfG

16.12.2022

Im Jahr 2020 bestätigte der BGH in Karlsruhe die Verurteilung des Ku'damm-Rasers Hamdi H. wegen Mordes. Das sieht das BVerfG genauso. Die Verfassungsbeschwerde des damaligen Fahrers blieb ohne Erfolg.

Die gegen das Urteil des BGH eingelegte Verfassungsbeschwerde des Ku'damm Rasers Hamdi H. ist erfolglos geblieben. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bestätigte die Verurteilung wegen Mordes (Beschl. v. 7.12.2022, Az. 2 BvR 1404/20) und nahm die Verfassungebeschwerde nicht nicht zur Entscheidung an (§ 93 a Abs. 2a BVerfGG).

Im Februar 2016 lieferten sich die zwei junge Männer, Hamdi H. (damals 27) und Marvin N. (24), nachts um halb eins spontan ein Wettrennen auf dem Berliner Kurfürstendamm ("Ku'damm"). Sie ignorierten Ampeln und fuhren mit Geschwindigkeiten von 160 bis 170 Stundenkilometern über die Berliner Flaniermeile. Kurz vor dem Ziel kollidierte H. mit einem Jeep, der bei Grün aus einer Seitenstraße kam. Der Fahrer, ein Rentner, hatte keine Chance und starb noch an der Unfallstelle.

Das Verfahren, das sich an den schrecklichen Unfall anschloss, beschäftigte mehrfach das Landgericht (LG) Berlin und auch den Bundesgerichtshof (BGH). Nachdem das Urteil des Landgerichts Berlin, welches für beide Angeklagten auf Mord lautete, durch den BGH mangels bewiesenem Tötungsvorsatz wieder aufgehoben wurde, verurteilte das LG die beiden Fahrer erneut wegen Mordes. Die dagegen eingelegte Revision des Hamdi H. verwarf der BGH und bestätigte die lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes. Das Urteil gegen den Rennkumpanen Marvin N. hob der BGH hingegen auf, hier musste das Landgericht (LG) Berlin neu verhandeln. Es sprach den Marvin N. im März 2021 wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässiger Körperverletzung schuldig.

Die Vorsitzende Richterin aus Karlsruhe argumentierte damals bezogen auf Hamdi H. damit, dass bei Raser-Fällen eine "umfassende Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände" vorzunehmen sei. Im Fall von H. habe das LG im zweiten Urteil den Tötungsvorsatz "tragfähig begründet", so die Entscheidung des BGH. H. habe erkannt, dass er einen Unfall an der letzten Kreuzung nicht hätte vermeiden können, wenn bei dieser Geschwindigkeit ein Fahrzeug kreuzt, so die BGH-Richterin. "Aus diesem außergewöhnlich gefährlichen Fahrverhalten durfte das Landgericht auf den bedingten Vorsatz schließen."

Kein Verstoß gegen Bestimmtheitsgebot

Hamdi H. hatte nun vor dem BVerfG gerügt, dass das Bestimmtheitsgebot und der Schuldgrundsatz durch die Auslegung des Vorsatzbegriffs und die Beweiswürdigung zum Tatvorsatz verletzt seien. Das BVerfG bestätigte hingegen die Rechtsauffassung des BGH und die Verurteilung wegen Mordes. Seine Verfassungsbeschwerde blieb damit ohne Erfolg. Das BVerfG hat sie gar nicht erst zur Entscheidung angenommen.

Hamdi H. habe einen möglichen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot nicht ausreichend dargelegt. Das BVerfG konnte keine – so wie von H. gerügt – sich widersprechende Abgrenzung von Vorsatz und Fahrlässigkeit in den Urteilen erkennen.

Bei Tötungsdelikten bestehe für die Abgrenzung zwischen bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung, so das BVerfG. Zwar sei diese Kritik unterworfen, es sei aber nicht ersichtlich, dass diese nicht mit Art. 103 Abs. 2 GG und dem darin verankerten Bestimmtheitsgebot vereinbar sei. Auch sei klar, dass es bei der Abgrenzung der beiden Begriffe eine gewisse Randunschärfe gebe. Das berühre aber nicht das Bestimmtheitsgebot. 

Kein Verstoß gegen Schuldprinzip

Auch einen Verstoß gegen das Schuldprinzip konnte er nicht begründen, so die Richter:innen. Im Wesentlichen wolle H. argumentieren, dass das Landgericht den Tötungsvorsatz und die Einordnung der Tat als Mord bejaht habe, ohne die Umstände des Einzelfalls zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht zu haben.

Das sei so nicht richtig, erklärte das BVerfG: Das Landgericht habe bei der Beweiswürdigung nicht nur auf die konkrete Gefährlichkeit der Fahrt abgestellt. Die Richter:innen hätten auch die Persönlichkeit des Fahrers, seine Motivation für das maximale Beschleunigen nach der Kurvenausfahrt, seine grundsätzliche Einstellung zum Autofahren und seine Einschätzung des eigenen fahrerischen Könnens im Blick gehabt hat. Das Landgericht sei damit dem verfassungsrechtlichen Gebot gerecht geworden, den Schuldspruch auf Feststellungen zur individuellen Vorwerfbarkeit zu stützen.

Soweit Hamdi H. vortrage, dass es nähergelegen hätte, keinen Tötungsvorsatz anzunehmen, setze er lediglich seine eigene Würdigung an die Stelle der Würdigung des Schwurgerichts. Einen Verfassungsverstoß könne er damit nicht  begründen.

cp/ku/pdi/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Verfassungsbeschwerde erfolglos: Ku'damm-Raser scheitert vor dem BVerfG . In: Legal Tribune Online, 16.12.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50487/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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