BVerfG verwirft Eilantrag: Vor­erst kein Geld für AfD-nahe Stif­tung

05.08.2022

Für die Förderung der sechs parteinahen Stiftungen sind in diesem Jahr 148 Millionen Euro vorgesehen. Nur die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung geht leer aus – und das ist vorerst auch in Ordnung so, so das BVerfG.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit am Freitag veröffentlichtem Beschluss einen Antrag der Alternative für Deutschland (AfD) verworfen, der darauf abzielte, eine Bezuschussung ihrer parteinahen Stiftung zu erreichen (Beschl. v. 28.07.2022, Az. 2 BvE 3/19).

Bei der Desiderius-Erasmus-Stiftung e.V. (DES) handelt es sich um eine der AfD nahestehende Stiftung. Anders als die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung, die Friedrich-Ebert-Stiftung (SPD), die  Friedrich-Naumann-Stiftung (FDP), die Rosa-Luxemburg-Stiftung (Linke), die Heinrich-Böll-Stiftung (Grüne) und die Hanns-Seidel-Stiftung (CSU) hat die AfD-nahe Stiftung bisher keine staatliche Förderung erhalten.

Dabei ist eine Förderung der politischen Stiftungen üblich. Für die Stiftungen der anderen sechs Parteien sind in diesem Jahr 148 Millionen Euro vorgesehen. Allerdings nur, soweit die Gelder zu "verfassungsmäßigen Zwecken" verwendet werden.

Die rechtliche Grundlage für die Zahlungen bildet das jeweilige Haushaltsgesetz. Ein Finanzierungsgesetz für parteinahe Stiftungen existiert nicht. Aus diesem Grund fehle es an einem klaren Rechtsrahmen für die Verteilung der Gelder, bemängelte Prof. Dr. Markus Ogorek schon im vergangenen Jahr in der LTO.

Wegen der intrasparenten Verteilung der Haushaltsgelder und der fehlenden Bezuschussung der DES wendete die AfD sich in einem Organstreitverfahren nun an das Bundesverfassungsgericht.

AfD scheitert das zweite Mal mit Eilantrag

Nachdem der zweite Senat des BVerfG mit Beschluss vom 22. Juli 2020 einen ersten Antrag auf einstweilige Anordnung bereits als unzulässig verworfen hatte, stellte die AfD, vertreten durch ihre Bundessprecher Tino Chrupalla und Dr. Alice Weidel, im Februar 2022 erneut einen Antrag vor dem BVerfG. Antragsgegner des Anordnungsverfahrens waren der Deutscher Bundestag, der Haushaltsausschuss, die Bundesregierung, das Bundesministerium des Inneren und für Heimat (BMI) sowie das Bundesfinanzministerium (BMF).

Entgegen der Auffassung der AfD sind die Antragsgegner der Ansicht, Parteien hätten grundsätzlich keinen unmittelbar im Grundgesetz angelegten Anspruch darauf, dass die ihnen nahestehenden Stiftungen überhaupt gefördert würden. Zudem existiere ein hinreichender sachlicher Grund für die Differenzierung zwischen den verschiedenen Stiftungen. Insbesondere bedürfe es für die Annahme, dass eine politische Grundströmung dauerhaft vorhanden sei, einer mehrfach wiederholten Vertretung der der politischen Stiftung nahestehenden Partei im Deutschen Bundestag. Das sei bei der AfD, die erst seit 2017 im Bundestag vertreten ist, nicht der Fall.

Wie viel Fördergeld steht der DES zu?

Im Wege des Einstweiligen Anordnungsverfahrens nach § 32 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) kann das BVerfG im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln. Dies muss aber immer der Abwehr schwerer Nachteile, der Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten sein.

Ziel der AfD war, es mehrere Anordnungen zu erwirken, in denen festgelegt wird, in welcher Höhe die DES als parteinahe Stiftung aus Mitteln des Bundeshaushalts jährlich zu fördern ist. Die Eilbedürftigkeit ergibt sich nach Auffassung der AfD daraus, dass der Betrag im laufenden Haushalt berücksichtigt werden müsse.

Keine Verletzung des Rechts auf Chancengleichheit

Das BVerfG hat nun aber auch diesen zweiten Antrag der AfD verworfen. Dazu genügte ein einziger langer Bandwurmsatz. So heißt es in der Entscheidung: Die AfD habe nicht ausreichend dargelegt, "dass das geltend gemachte Recht auf Chancengleichheit der politischen Parteien aus Artikel 21 Absatz 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) auch die vorläufige Anordnung von Zahlungspflichten zugunsten der nicht verfahrensbeteiligten Desiderius-Erasmus-Stiftung e.V. umfasst und dass es des Erlasses der begehrten einstweiligen Anordnung bedarf, um den Eintritt vollendeter Tatsachen im Sinne einer endgültigen Vereitelung des geltend gemachten Rechts zu verhindern."

Volker Beck, der sich in der Initiative für ein "Wehrhafte Demokratie"-Gesetz engagiert und sich mit der Rechtsprechung des BVerfG zur staatlichen Stiftungsförderung besonders auskennt, überrascht diese Entscheidung nicht: "Es ist nicht überraschend, dass das Bundesverfassungsgericht in Anknüpfung an die Entscheidung aus dem Jahr 1986 hinsichtlich der Grünen und 2015 hinsichtlich der Ökologisch-Demokratischen Partei daran festhält, dass bei der Finanzierung der Parteistiftungen der Prüfungsmaßstab der Chancengleichheit der Parteien aus Art. 21 GG nicht einschlägig ist."

Laut Beck heißt das aber noch lange nicht, dass die AfD in der Hauptsache nicht doch erfolgreich sein könnte: "Denn als weitergehender Prüfmaßstab bleibt allemal der allgemeine Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 GG in Verbindung mit § 23 BHO bestehen. Will der Bundestag in Karlsruhe nicht auf die Nase fallen, sollte er zu erkennen geben, dass er nach der Sommerpause den Zweck der Stiftungsfinanzierung gesetzlich regeln will."

Konkret stellte das BVerfG fest, dass weder eine Eilbedürftigkeit anzunehmen sei, noch dass die AfD durch die Nichtgewährung von Zuschüssen in ihrem Recht als Partei aus Art. 21 GG verletzt werde. Da es sich bei dem Beschluss lediglich um eine vorläufige Entscheidung handelt, hat das BVerfG auch gleich den Termin in der Hauptsache zur mündlichen Verhandlung am 25. Oktober 2022 angekündigt. Erst dann wird das BVerfG endgültig über die Förderung der DES entscheiden, bis dahin muss sich die Partei noch gedulden.

ku/LTO-Redaktion

 

Text mit ergänzter Stellungnahme in der Version vom 05.08.2022, 14:38.

Zitiervorschlag

BVerfG verwirft Eilantrag: Vorerst kein Geld für AfD-nahe Stiftung . In: Legal Tribune Online, 05.08.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49243/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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