Entwicklungen in Sachen Redtube: Gegenwind für Abmahnanwälte, Neues zur IP-Ermittlung

13.12.2013

Die Akteure der Abmahnwelle gegen Redtube-Nutzer stoßen unter einigen Berufskollegen auf heftige Kritik. Die Welt berichtet von einer Berliner Kanzlei, die Strafanzeige erstattet haben soll. Derweil schätzt Rechtsanwalt Solmecke eine von der Piratenpartei veröffentlichte, frühere Mandantenvereinbarung der Kanzlei U+C als rechtswidrig ein. Und auch vom LG Köln und Redtube selbst gibt es Neuigkeiten.

Gegen den Rechtsanwalt Daniel Sebastian, der die Auskunftsanträge an das Landgericht Köln gerichtet hatte, auf deren Grundlage die Abmahnungen letztlich verschickt werden konnten, ist laut einem Bericht der Welt Strafanzeige erstattet worden. Die Berliner Kanzlei Wedermann/von Rüden wittere im Vorgehen Sebastians einen Verstoß gegen das Datenschutzgesetz. Außerdem wolle sie den zuständigen Datenschutzbeauftragten auf den Fall hinweisen.*

Gegenwehr erfolgt auch auf zivilrechtlichem Wege. So hat der Essener Rechtsanwalt Alexander Hufendiek vor dem Amtsgericht (AG) Potsdam Klage erhoben. Er begehrt die (negative) Feststellung, dass sein Mandant die ihm vorgeworfene Urheberrechtsverletzung nicht begangen hat. Außerdem will Hufendiek grundsätzliche Klärung darüber erlangen, wie die Abmahner an die Daten seines Mandanten gelangt sind.

Frühere Mandantenvereinbarungen unter der Lupe

Die Kanzlei Urmann + Collegen, die den eigentlichen Versand der mutmaßlich zehntausenden Abmahnungen übernommen hat, gerät von Berufskollegen auch noch unter anderen Gesichtspunkten unter Beschuss. So hat der Rechtsanwalt Christian Solmecke, selbst auf die Verteidigung von Abmahnungsempfängern spezialisiert, im Auftrag der Piratenpartei eine frühere Mandantenvereinbarung der Kanzlei begutachtet.

Die Vereinbarung ist nach Angaben der Piraten "einige Jahre" alt und betrifft einen Filesharing-Sachverhalt. Ob in der aktuellen Abmahnwelle wegen Streamings die gleiche Vereinbarung getroffen wurde, ist nicht bekannt. Die Vereinbarung sieht vor, dass U+C einen gewissen Prozentsatz erfolgreich eingetriebener Forderungen erhält, solche Abmahnverfahren, die nicht zu einer außergerichtlichen Zahlung des Abgemahnten führen, jedoch nicht in Rechnung stellt. Darin liegt laut Solmecke die nach § 49b Abs. 2 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) unzulässige Vereinbarung eines Erfolgshonorars; diese sei auch nicht ausnahmsweise nach §4a Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) erlaubt.

Darüber hinaus sieht Solmecke sogar den Straftatbestand des § 263 Strafgesetzbuch (StGB) als verwirklicht an. U+C suggeriere nämlich gegenüber den Abmahnungsempfängern, dass die Rechtsanwaltskosten erstens in jedem Fall und zweitens nach den Gebührensätzen des RVG anfielen. Da beides nicht zutreffe, würden die Abgemahnten unter dem Eindruck einer Täuschung Zahlungen leisten. Bei Urmann + Collegen war kurzfristig niemand für einen Kommentar zu den Vorwürfen zu erreichen.

Gutachten zu IP-Ermittlungssoftware gehaltlos, Redtube nimmt Stellung

Fernab strafrechtlicher Erwägungen gibt es auch vom Landgericht (LG) Köln Neuigkeiten zu den Streaming-Abmahnungen. Von dort wird mitgeteilt, dass das bislang unveröffentlichte Gutachten, das die Abmahnanwälte ihren Auskunftsanträgen beifügten, keine genaueren Angaben zur Funktionsweise der IP-Ermittlungssoftware GLADII macht als jene, über die LTO bereits auf Basis einer Zusammenfassung der Gerichts berichtete

Rechtsanwalt Carl Christian Müller hält es damit für wahrscheinlich, dass die Auskunftsanträge vom LG Köln zu Unrecht bewilligt wurden. Denn zu der nach § 101 Abs. 2 Urheberrechtsgesetz (UrhG) erforderlichen, lückenlosen Darlegung der Rechtsverletzung gehöre auch der Nachweis darüber, woher die Daten stammen und wie diese ermittelt wurden. Die zentrale Frage, wie es möglich war, die IP-Adressen der Streaming-Nutzer zu ermitteln, beantworte das Gutachten aber gerade nicht. Dennoch finde in den bisher veröffentlichten Beschlüssen des Gerichts keine Auseinandersetzung mit dieser Problematik statt.

Inzwischen hat sich auch das Portal Redtube selbst zu Wort gemeldet. RP Online zitiert aus einem Schreiben des Unternehmens: "Wir bekräftigen, dass das Unternehmen die Verwaltung aller Kundendaten sehr ernst nimmt und die höchsten Standards bei der Privatsphäre ansetzt." Und: "Wir haben zu keinem Zeitpunkt Kundendaten an eine Kanzlei oder eine entsprechende Behörde weitergegeben. Es scheint so, dass dies auf unlautere Weise geschehen ist."

cvl/LTO-Redaktion

* Nachtrag, 13.12.2013, 14:40 Inzwischen hat Rechtsanwalt Daniel Sebastian seinerseits Strafanzeige gegen Werdermann/von Rüden erstattet.

Zitiervorschlag

Entwicklungen in Sachen Redtube: Gegenwind für Abmahnanwälte, Neues zur IP-Ermittlung . In: Legal Tribune Online, 13.12.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10350/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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