Marketing für Kanzleien

Der Man­dant als Target

von Liane AllmannLesedauer: 5 Minuten
Mit Marketing tun sich Kanzleien schwer – wenn sie nicht gerade ein großes Team in die eigene Sozietät gesetzt haben. Dabei gibt es ein paar Grundregeln, die erfolgreiches Arbeiten der Anwälte unterstützen können.

Am Thema Marketing kommt heute keiner mehr vorbei. Egal ob Pressearbeit, Events, Printprodukte oder digitale Anwendungen – alles Kanzlei-Marketing. Es gibt noch ein paar wenige Einzelkämpfer, die alles ablehnen und sich auf das Standesrecht berufen oder schlichtweg sagen, dass sie das alles nicht brauchen. Auch das ist eine Haltung, die zumindest in kleinem oder auch exklusivem Rahmen durchaus noch funktionieren kann. Die anderen – gerade auch Kanzleien in den größeren Städten mit starkem Wettbewerb – müssen sich Gedanken machen. Dabei hält Kanzleimarketing hält schon lange keine "One-Button-Lösung" mehr bereit. Auch Anwälte müssen sich darüber Gedanken machen, wie ein gesunder und für sie passender Marketingmix aussehen kann. Dazu ist es notwendig, sich seine Zielgruppe genau anzusehen, denn schlussendlich bestimmt die Zielgruppe alles. Ihr Wunsch-Mandant ist vermögender Unternehmer mit Verkaufswillen? Dann stellen Sie sich die Fragen, die er sich stellt, und reißen Sie Antworten auf einer Themenseite auf Ihrer Homepage an. Publizieren Sie möglichst in den Medien, die er ggf. lesen wird und schaffen Sie sich Möglichkeiten, diesem Zielmandanten zu begegnen (sogenanntes Targeting). Erst der Strauß der potentiellen Marketingmaßnahmen macht Erfolg möglich. Dieser Strauß muss stimmig sein und einer Strategie folgen. Um nicht völlig den Halt zu verlieren, ist es notwendig, ein Marketingbudget festzulegen. In aktiven Kanzleien beträgt dieses Budget drei bis fünf Prozent des Jahresumsatzes - exklusive Personalkosten.

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Multi-Channel und Clients Journey

Heute geht man davon aus, dass man eine Zielgruppe nicht mehr nur auf einem Kanal erreicht. Aus diesem Grund fahren Unternehmen – und auch bereits eine Vielzahl der großen Kanzleien – einen sogenannten "Multi-Channel"-Ansatz. Dieser bespielt möglichst viele der potentiellen Kommunikationskanäle, die von der eigenen Mandantenzielgruppe beachtet werden (können). Ziel ist es, dem Mandanten in einem eventuellen Entscheidungsprozess bei der Vergabe eines (interessanten) Mandates möglichst früh zu begegnen und ihm einen ersten, sehr guten, empathischen und vor allen Dingen hoch kompetenten Eindruck zu vermitteln. Es geht darum, Vertrauen aufzubauen, denn das ist für Anwälte bereits der Beginn der Wertschöpfung lange vor der Mandatierung. Diese Reise zum Ja des Mandanten nennt man "Clients Journey". Der "kompetente Eindruck" entsteht im besten Falle mittels "Produktplatzierung", was bei Rechtsanwälten eben "Beratungsleistung zu einem Zielgruppen-Problem" heißt. Bei dieser Art der "Produktplatzierung" ist es wichtig, mit der Kanzlei und dem präsentierten (Dienstleistungs-)Sortiment eine Diversifikation zu erreichen. "Wie schafft man es, dass Mandanten Kanzlei-Leistungen wiedererkennen?", muss eine zentrale Frage sein. Denn die anwaltliche Dienstleistung ist für die meisten Mandanten eben nicht auf den ersten Blick unterscheidbar. Unterscheidbar macht die anwaltliche Dienstleistung der Anwalt, der sie erbringt, der Typ, der Mensch, die Art der Präsentation und zum Beispiel die emotionale Nähe, die bei der Präsentation erkennbar wird. Eine solche Nähe kann man zum Beispiel sehr gut über Elemente des Story-Tellings erreichen, einer besonderen Art der Präsentation anwaltlicher Dienstleistung.

Homepage, SEO und SEA

Die Homepage ist ein ganz weites Feld, das immer wieder zu totaler Verwirrung, Frustration und Aufregung führt. Dabei ist sie ein Akquisitionstool und ein Element der externen Kommunikation. Gerade deshalb muss das Ganze gut durchdacht und auf den Bedarf der Zielgruppe zugeschnitten sein. Die Homepage muss sauber programmiert, nach neuesten technischen Herausforderungen gestaltet und mit sehr guten Fotos bestückt sein. Verabschieden Sie sich von dem Gedanken, dass eine Homepageerstellung ein "Einmal in 10 Jahren"-Projekt ist. Auch diese Sache ist dynamisch und muss genauso konzeptioniert sein: schnell pflegbar mit der Möglichkeit, sehr rasch auf aktuelle Themen abzuzielen. SEO (engl. für search engine optimization) ist für viele Anwälte ein Buch mit sieben Siegeln und es scheint, als wäre ein Unwillen – ja geradezu ein Widerstand – in den Kanzleien da, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Aber gerade dann ist es eben wichtig, wenn man Berater hat, auf die man sich verlassen kann und denen man vertraut. Genau das allerdings passiert bei großen Agenturen häufig in Form von standardisierten Massenangeboten, die mit der Kanzlei, der anwaltlichen Dienstleistung und ihrer Besonderheit nichts zu tun haben. Auch die Suchmaschinenoptimierung muss einer strategischen Überlegung folgen – es gilt, sich Gedanken zu machen über Suchroutinen von Mandanten, über Produkte, also über Themen, die es zu belegen gilt, und darüber, wie ein Produkt dargeboten werden soll. Bei allem, was Sie in diesem Bereich unternehmen, geht es darum, auch Google gegenüber Vertrauen aufzubauen. Wie sich der "Google trust" genau bespeist, ist eines der großen Geschäftsgeheimnisse von Google, aber dass die Glaubwürdigkeit und das Engagement von Homepages und die konsequente Ausrichtung auf die Zielgruppe wesentlich sind, steht fest.

Nun bin ich auch nicht schlauer – was soll ich tun?

Wenn Sie jetzt dieses Gefühl haben, helfen folgende Tipps:
  1. Machen Sie sich Gedanken über Ihre Zielgruppe, Ihre Produkte (am besten die, die betriebswirtschaftlich interessant sind) und Ihre Vorstellung von den nächsten drei bis zehn Jahren.
  2. Überlegen Sie sich, wie Sie beim Mandanten ankommen wollen (nah, distanziert, besonders qualifiziert, locker, cool, extrem seriös, ernst).
  3. Legen Sie ein Jahresbudget für die einzelnen Positionen (Print, Presse, Web) fest. Ansonsten werden ihre Aktivitäten ungeplant und schlussendlich unrealisiert bleiben.
  4. Beauftragen Sie Externe. Keine Agentur ist so teuer, dass Ihre Stundensätze darunter liegen. Es ist nicht sinnvoll, dass Sie versuchen sich in das Thema intensiv einzuarbeiten und dann doch scheitern. Sinnvoll ist jedoch, die Dinge im Grunde verstehen zu wollen.
  5. Überlegen Sie sich ein genaues Briefing, und teilen Sie Ihrer Agentur möglichst differenziert mit, welches Ziel Sie in welcher Zeit erreichen wollen. Sagen Sie der Agentur, wie Sie die Punkt 1 bis 3 für sich beantwortet haben und machen Sie klar, dass das jedes Produkt aus Ihrem Hause prägen soll.
  6. Nehmen Sie Hilfe an, wenn Sie Hilfe brauchen, zum Beispiel schon bei der Erarbeitung der klar formulierten Kanzleistrategie und den damit verbundenen Wertewelten – oder auch beim Briefing.
Wenn Sie damit überfordert sind, holen Sie sich Hilfe bei einem Spezialisten mit Marketing- und Kanzlei-Erfahrung. Liane Allmann ist Diplom-Betriebswirtin und befasst sich seit fast 20 Jahren mit dem Thema Kanzleistrategie und Vertriebs-Kommunikation für Rechtsanwälte.

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