E-Learning

Bildung für Zwi­schen­durch

von Henning ZanderLesedauer: 5 Minuten
Fortbildungen, ohne den Schreibtisch zu verlassen? Mit E-Learning ist das möglich. Viele Kurse werden inzwischen von den Rechtsanwaltskammern für die Fachanwaltsausbildung anerkannt.

Yvonne Meinhardt ist Fachanwältin für Verkehrsrecht. Und macht ihre Fortbildungen online. "Meine Kanzlei liegt in einer sehr ländlichen Region, zu den Terminen habe ich zum Teil zwei bis drei Stunden Fahrzeit", sagt die Rechtsanwältin aus Pößneck in Thüringen. "Das ist für mich verlorene Zeit." Sie probierte Online-Seminare aus und stellte fest: "Das Angebot für uns Verkehrsrechtler ist sehr gut. Und technisch funktioniert es einwandfrei." Gerade bei der Fachanwaltsausbildung hat E-Learning seine Vorteile. Schließlich ist es für Anwälte nicht immer einfach, sich für Fortbildungen von der Kanzlei loszueisen. Mit E-Learning sind Rechtsanwälte flexibler. Inzwischen ist das Angebot gewachsen und auch mit der Anerkennung der Teilnahme durch die Rechtsanwaltskammern gibt es immer weniger Probleme.

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Austausch im digitalen Seminar-Raum

Yvonne Meinhardt nutzt Online-Seminare. In diesen wird der Vortrag eines Dozenten live über das Internet übertragen. Interaktion ist über ein Chatprogramm oder über Mikrophon und Kopfhörer möglich. Der Dozent kann dadurch sofort auf Zwischenfragen eingehen, die auch über den Chat auch zwischen den Teilnehmern geklärt werden können. Die Rechtsanwältin hat auch schon andere Online-Fortbildungsangebote ausprobiert, die ihr aber weniger gefallen haben. "Ich finde es wichtig, dass bei den Seminaren auch ein Austausch stattfindet." Angebote, bei denen man lediglich ein Video zu fachlichen Themen anschaut, hätten ihr persönlich nicht so viel gebracht. Online-Fortbildungen für Fachanwälte werden anerkannt, wenn sie §15 Abs. 2 Fachanwaltsordnung (FAO) erfüllen. Danach müssen Fortbildungsveranstaltungen, die nicht als Präsenzveranstaltungen durchgeführt werden, die Möglichkeiten der Interaktion des Referenten mit den Teilnehmern sowie der Teilnehmer untereinander während der Dauer der Fortbildungsveranstaltung sicherstellen und der Nachweis der durchgängigen Teilnahme erbracht werden. Bei der Wahl eines Seminars sollte man also darauf achten, ob eine Anerkennung nach §15 Abs. 2 FAO möglich ist. Ein kurzer Anruf bei der Anwaltskammer klärt diese Frage schnell. Seit dem 1. Januar dieses Jahres gilt außerdem die Regelung des §15 Abs. 4 FAO. Er besagt, dass auch bis zu fünf Zeitstunden, die dem Selbststudium gewidmet werden, auf die Fortbildung angerechnet werden können. Dafür reicht es allerdings nicht aus, Fachzeitschriften und Newsletter zu lesen. Vielmehr werden die Lerninhalte an eine Erfolgskontrolle geknüpft, also einen Test, den die Rechtsanwälte ablegen können, um ihr Selbststudium nachzuweisen.

Mehr Angebote für Rechtsanwälte

Ein großes Angebot an Online-Seminaren hat TeleLex, einer Kooperation der DATEV und dem Verlag Dr. Otto Schmidt. TeleLex legt Wert auf die Feststellung, dass die Fachseminare den Anforderungen des § 15 Abs. 2 FAO entsprechen. Es gibt während der Veranstaltungen einen Text-Chat mit dem Referenten, aber auch Wortmeldungen über Mikrofon sind möglich. Ein- und Auslogzeiten werden dokumentiert. Teilnehmer müssen über einen Button ihre Anwesenheit nachweisen. Wer nicht klickt, dem wird kein Fortbildungsnachweis ausgestellt. Sich einzuloggen und dann zu einer anderen Tätigkeit überzugehen, ist damit schwierig geworden. Interaktiv ist auch das Online Training plus für Juristen des Haufe-Verlags, ein Angebot in Zusammenarbeit mit dem DeutschenAnwaltVerlag. Schwerpunkte des Programms sind Seminare für Familienrecht, Verkehrsrecht und Zivilrecht. Die Kursgebühren liegen zwischen 69 Euro und 98 Euro. Die einzelnen Seminare dauern etwa 90 Minuten. Auch das IWW Institut für Wissen in der Wirtschaft GmbH & Co. KG bietet E-Learning-Seminare an. Wie bei TeleLex können sich Teilnehmer per Chat oder Mikrophon einbringen und Fragen stellen. Die Dozenten sind live über einen kleinen Video-Bildschirm, die Präsentation auf einem Hauptbildschirm zu sehen. Alle Unterlagen gibt es nach dem Seminar zum Download. Es muss keine zusätzliche Software installiert werden. Umfangreich ist auch das Angebot an Online-Seminaren der DeutschenAnwaltAkademie: Wie können Anwälte Werbung bei Google schalten? Was sind die wichtigsten Trends in der Rechtsprechung beim Miet- und Wohnungseigentumsrecht? Thematisch sind die Seminare breit gefächert. Sie sind meist 2,5 Stunden lang und können für die fachanwaltliche Fortbildung anerkannt werden. Während des Seminars werden nach dem Zufallsprinzip Fragen an die Teilnehmer gestellt, um sicherzustellen, dass noch alle vor ihrem Rechner sitzen. Nach dem Kurs können die Teilnehmer den Dozenten bewerten. Zusammen mit juris beschreitet die DeutscheAnwaltAkademie auch den anderen Weg - das System zum Selbstlernen. Für acht Euro im Monat für ein Abonnement bietet ein fachlicher Newsletter Aufsätze, Praxishinweise und die wichtigsten Gerichtsentscheidungen. Die Inhalte werden per E-Mail oder online geprüft. Anerkannt wird diese Fortbildung im Rahmen der DAV Fortbildungsbescheinigung mit bis zu vier Stunden. Das Deutsche Anwaltsinstitut konzentriert sich vor allem auf E-Learning-Kurse. Lerninhalte werden speziell für das Internet aufbereitet. Die Lehreinheiten sind zwischen einer und zweieinhalb Stunden lang. Damit die Kurse auch nach § 15 Abs. 4 FAO als Fachanwaltsfortbildung anerkannt werden, können online Tests absolviert werden. Nach erfolgreichem Bestehen erhalten die Teilnehmer ihre Bescheinigung.

Ein guter Dozent ist das A und O

Grundsätzlich gilt auch bei E-Learning: Das Angebot sollte gut vorbereitet und fachlich stimmig sein. Auch bei Online-Seminaren ist die Person des Dozenten sehr wichtig. Man merkt schnell, wer mit dem Medium Internet vertraut ist und auch über die Distanz von zwei Bildschirmen eine angeregte Lern-Atmosphäre erzeugen kann oder wer mit dem Medium eher fremdelt. Wie ein guter Lehrer sollte der Dozent das Seminar unter Kontrolle halten – aber auch Interaktivität zulassen, wo sie sinnvoll ist. Die Angebote für Online-Seminare können noch nicht mit der umfassenden Seminar-Fülle in Form von Präsenzveranstaltungen mithalten. Auch werden Online-Seminare die Präsenzseminare nicht vollständig ersetzen können. Denn neben der reinen Wissensvermittlung ist natürlich auch die soziale Komponente entscheidend; etwa das Gespräch in der Kaffeepause mit den Kollegen oder dem Dozenten.  Die Seminare am Arbeitsplatz zu belegen, birgt natürlich die Gefahr, dass man sich durch Anrufe oder E-Mails ablenken lässt. "Es ist wichtig, dass man erkennt, dass die Seminare nicht nebenher laufen können", sagt Rechtsanwältin Yvonne Meinhardt. "Die Termine schaufle ich mir frei." Ganz so beiläufig ist es also nicht, an einem Online-Seminar teilzunehmen. Aber die Zeit für zwei Stunden vor dem Computer findet sich im Kanzleialltag wohl eher, als einen ganzen Tag unterwegs zu sein.

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