Mediation im Jurastudium

Hil­f­reich in allen Juris­ten­jobs

von Sabine OlschnerLesedauer: 4 Minuten

Ob Anwältin, Richter oder sonst ein juristischer Beruf: Eine Ausbildung im Bereich Mediation ist für Juristen traditionell sehr hilfreich. Nicht ohne Grund bieten viele Universitäten schon während des Studiums entsprechende Kurse an.

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Anwältinnen und Anwälte vertreten die Rechte ihrer Mandantinnen bzw. Mandanten. Ein Mediator bzw. eine Mediatorin hingegen versetzt sich in die Perspektiven aller Beteiligten eines Konflikts hinein und versucht, moderierend eine Lösung herbeizuführen, mit denen allen Beteiligten am Ende zufrieden sind. "Im Gegensatz zum Anwalt ist ein Mediator nicht für die Lösung zuständig, sondern er unterstützt die Konfliktparteien dabei, selber eine Lösung zu finden. Das fällt vielen Anwälten am Anfang nicht so leicht", weiß Alexandra Bielecke, Erste Vorsitzende des Bundesverbands Mediation.

Grundsätzlich kann sich jeder in Sachen Mediation ausbilden lassen. Juristinnen und Juristen sind schon deshalb für diese Aufgabe prädestiniert, findet Alexandra Bielecke, "weil Menschen Hilfe in einem Konflikt oft bei einem Anwalt suchen. Dieser kann dann entscheiden, ob er anwaltlich tätig wird oder ob eine Mediation vielleicht doch der bessere Weg zur Konfliktlösung ist." Entscheiden muss er sich jedoch direkt zu Beginn der Mandantenbeziehung: Hat er einmal begonnen, für eine Partei zu arbeiten, darf er nicht mehr als allparteilicher, neutraler Mediator für alle Parteien tätig werden. In diesem Fall müsste jemand anderes die Mediation übernehmen.

Ein weiterer Pluspunkt für Juristinnen und Juristen: Sie haben schon im Studium gelernt, strukturiert zu denken. Daher können sie sich schnell in den Sachverhalt als Ganzes einarbeiten und die verschiedenen Positionen sorgfältig herausarbeiten. Das kann auch für die Arbeit als Richterin oder Richter hilfreich sein, vor allem in Gütegerichtsverfahren.

Wie wird man nun Mediatorin bzw. Mediator? Grundsätzlich ist der Begriff nicht geschützt. Wer sich "zertifizierter Mediator" nennen will, muss jedoch eine geregelte Ausbildung durchlaufen. Laut dem Mediationsgesetz umfasst diese Ausbildung mindestens 120 Stunden in Theorie und Praxis. Zudem müssen die Kandidatinnen und Kandidaten bis spätestens ein Jahr mach Ausbildungsende mindestens einen Praxisfall vorweisen sowie eine Supervision durchlaufen, in der der Fall noch einmal reflektiert wird. "Als Verband halten wir die 120 Stunden für zu kurz, um die Techniken sicher anwenden zu können und die mediative Haltung verinnerlicht zu haben", betont Bielecke. Daher empfiehlt sie Zusatzausbildungen im Gesamtumfang von mindestens 200 Stunden, in denen man sich spezialisieren kann. Es gibt auch Ausbildungen, die nur 90 Stunden dauern – damit darf man jedoch nur den Titel "Mediator" tragen, nicht "zertifizierter Mediator".

Unis bieten Mediationskurse bereits im Jurastudium an

Manche Universitäten bieten schon zu Studienzeiten Einblicke in die Mediation an. Im Rahmen der Schlüsselqualifikationsseminare steht mancherorts auch die Mediation im Programm. So zum Beispiel an der Universität Konstanz. Dr. Annika Schreiber hat das Kurskonzept für den Fachbereich Rechtswissenschaften entwickelt. "An zwei Tagen lernt eine kleine Gruppe von Jurastudierenden die Grundlagen der Mediation kennen", erklärt Schreiber. Es geht um Methoden der alternativen Streitbeilegung, um konstruktives Verhandeln, um das Verständnis von Konflikten und die Wirkung der Mediation. Die zertifizierte Wirtschaftsmediatorin legt Wert darauf, dass der Kurs interaktiv gestaltet wird. "Auch wenn viele anfangs etwas verhalten sind, wenn sie Rollenspiele machen sollen, sind die Rückmeldungen am Ende des Kurses immer positiv", sagt die Kursleiterin. An Ideen für konkrete Fälle, bei denen sie in die Rolle des Mediators bzw. des Medianden schlüpfen sollen, mangelt es den Jurastudierenden auf jeden Fall nicht. "Eine Ausbildung ersetzt dieser Schlüsselqualifikationskurs natürlich nicht, aber er kann den Grundstein für das Interesse an der Mediation legen", sagt Schreiber.

Anne Schloheim (Name von der Redaktion geändert; der richtige ist ihr bekannt) hat es während ihres Jurastudiums an der Humboldt-Universität zu Berlin zeitlich nicht geschafft, am Mediationskurs im Rahmen der Schlüsselqualifikationen teilzunehmen. "Aber in einem Praktikum bei einer befreundeten Anwältin bin ich mit dem Thema in Berührung gekommen", sagt sie. Bei einer Mediationssitzung war sie auch dabei – was keine Selbstverständlichkeit ist, weil viele Mandanten auf Diskretion Wert legen und oft keine anderen Personen während der Mediation dulden. Da sie das Thema sehr interessierte, begann Schloheim schon vor ihrem Referendariat das einjährige weiterbildende Zertifikatsstudium "Mediation" an der Juristischen Fakultät der Universität Potsdam. Die Ausbildung steht sowohl Jurastudierenden als auch Studierenden anderer Fächer offen. Zehnmal ging Schloheim von Donnerstagnachmittag bis Samstagabend zu den Kursen. "Ich bin froh, schon zu Beginn des Referendariats die Ausbildung gemacht zu haben. Während der Lernphase zum zweiten Staatsexamen wäre es zuviel gewesen." In der Ausbildung lernte sie unter anderem die sechs Phasen der Mediation und Kommunikationstechniken kennen. Es ging um die Rolle und das Selbstverständnis des Mediators sowie den Umgang mit Widerstand und mit schwierigen Medianden. Heute arbeitet Anne Schloheim als Fachanwältin für Familienrecht sowie als Familien- und Wirtschaftsmediatorin in Berlin. "Auch bei meiner Anwaltstätigkeit profitiere ich von meinem Mediationswissen", ist die Juristin überzeugt.

Die Universität Halle bietet Mediation sowohl als Schlüsselqualifikation an als auch als komplette Jahresausbildung von 90 Stunden. "Für Studierende ist diese Ausbildung kostenfrei und wir nehmen auch nur Studierende in den Kurs auf", erklärt Dr. Sascha Weigel, Anwalt und Lehrbeauftragter für Mediation an der Universität Halle. Der beste Zeitpunkt für den Kurs ist zwischen dem dritten und dem fünften Semester, so Weigels Erfahrung. Tiefgehende juristische Kenntnisse sind nicht notwendig. Auch in seinem Kurs sind Rollenspiele in Kleingruppen ein zentraler Inhalt der Ausbildung. "In den Präsenzveranstaltungen geht es um die Praxis – die Theorie erarbeiten sich die Teilnehmer zu Hause anhand von Lehrmaterial", sagt der Dozent. Die 30 Stunden, die bis zum Titel des zertifizierten Mediators fehlen, holen die meisten erst während des Referendariats oder während des Berufslebens nach. "Manchen reicht aber auch die Basisausbildung", so Weigel. "Sie profitieren von dem Wissen zum Beispiel bei privaten Konflikten." Eine Bereicherung ist eine Mediatorenausbildung allemal, ist der Lehrbeauftragte überzeugt – egal in welchem Bereich der Jurist später einmal arbeiten will.

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