Juristische Lehrangebote

Nachhilfe statt Repetitorium

von Ann-Marie von PentzLesedauer: 5 Minuten
Viele Studenten rennen kurz vor dem Examen panisch zum Repetitor, um ihre Wissenslücken im Eilverfahren zu stopfen. Stressfreier wäre es, man hätte sie gar nicht erst einreißen lassen. Dabei bieten inzwischen diverse Unternehmen ihre Hilfe an: In Kleinstgruppen oder Individualunterricht erteilen sie Jurastudenten Nachhilfe – ab dem ersten Semester.

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Freud und Leid liegen im Jura-Studium eng beieinander. Die schier unendliche Menge des relevanten Klausurstoffes ist oft nicht einfach zu bewältigen, und so boomt das Geschäft mit der Prüfungsangst. Als Alternative zu den Repetitoriums-Platzhirschen haben sich schon seit einiger Zeit Anbieter wie Jura Individuell, die Juracademy oder die Akademie Kraatz etabliert, die auf kleinere Lerngruppen setzen. Inzwischen ist der Markt um zwei weitere Anbieter reicher, die sich auf die Fahnen geschrieben haben, Studenten jedes Wissensstandes vom ersten Semester bis zum ersten Examen auf ihre Prüfungen vorzubereiten. Seit 2011 führt das Tutorium "jur:next" Dozenten und Studenten zusammen; das 2014 gegründete Start-Up "campushelfer" arbeitet an der Realisierung einer deutschlandweit agierenden Jura-Nachhilfe-Plattform. Einer der Gründer von jur:next ist Stefan Glasmacher. Eigentlich, so sagt er, wollte er nach dem Ersten Staatsexamen nur im Stoff bleiben. Ziemlich schnell stellte er fest, dass es eine hohe Nachfrage nach juristischer Nachhilfe gab, aber noch nicht das passende Angebot. Die Idee, Absolventen und Studenten zusammenzubringen, war geboren. Ähnlich erging es auch Ludwig Ulmer, Doktorand und Mitbegründer des Freiburger Start-Ups campushelfer. Eigene Lern- und Lehrerfahrungen an der Uni zeigten ihm, dass "viele Studierende Schwierigkeiten damit haben, eine auf sie persönlich zugeschnittene Vor- und Nachbereitung des Stoffes zu gestalten", so Ulmer.

Buchung online, Nachhilfe vor Ort

Beide Unternehmen setzen auf individuell zugeschnittene Nachhilfe: Bei jur:next wird laut Glasmacher zunächst eine Lerntypen- und Klausuranalyse erstellt, um so den Lernplan individuell auf den einzelnen Kursteilnehmer abzustimmen. Das Angebot richtet sich hierbei an jeden, vom Erstsemester bis zum Examenskandidaten. Im Rahmen der Unterrichtseinheiten wird der Vorlesungs- oder Examensstoff aufbereitet und vertieft, wobei den Studenten gleichzeitig Klausurentraining angeboten und die für sie passende Lerntechnik vermittelt wird. Zum Prozedere erläutert Ulmer: "Der Nachhilfeschüler bucht und zahlt die gewünschten Stunden über unsere Website. Wir leiten die Anfrage an unseren lokalen Koordinator vor Ort weiter, der gemeinsam mit uns einen passenden Dozenten für den Nachhilfeschüler auswählt." Die Nachhilfe ist somit für jeden Studenten "individuell und punktuell" zugeschnitten, wie Glasmacher betont. Dementsprechend finde sie auch im Einzelunterricht oder in Kleingruppen mit maximal drei Teilnehmern statt – ganz anders als bei den großen Repetitorien. Konkurrieren wolle man mit diesen ohnehin nicht, betonen Glasmacher und Ulmer, das Konzept sei ein ganz anderes.

Individueller Unterricht, aber keine eigenen Skripte

Philipp Bender, Tutor bei jur:next, fasst es wie folgt zusammen: "Wir arbeiten in einer lockeren Atmosphäre gemeinsam an den Themen und keiner braucht Angst zu haben, 'dumme' Fragen zu stellen. Meistens lasse ich mir erst einführend ein Problem oder eine Systematik erläutern, um analysieren zu können, wo Verständnisprobleme liegen und wo wir im Anschluss gemeinsam ansetzen können. Gleichzeitig leiste ich auch Motivationsarbeit und betone gerne die Stärken. Wir arbeiten nicht nur an den nötigen Kenntnissen, sondern auch an Selbstsicherheit und Souveränität." Und Nikolas Guggenberger, Dozent bei campushelfer, erklärt: "Was der Nachhilfeschüler schon kann, wird einfach weggelassen, damit wir den problematischen Stellen mehr Zeit widmen können. Bei campushelfer muss kein vorgegebener Stoff 'durchgebracht' werden." Lernbegleitende Skripten werden von beiden Start-Ups jedoch nicht zur Verfügung gestellt. Als eigene Vorbereitung gibt es interne Materialien und Leitfäden, die Kursteilnehmer werden auf einschlägige Literatur und Fundstellen verwiesen. Auch hier komme es auf die persönlichen Vorlieben an, weshalb jeder Teilnehmer anhand seiner bevorzugten Unterlagen unterricht werde. Auf Grund einer Kooperation zwischen jur:next und einem Fachverlag steht bei Bedarf kostenlose Literatur als Leihgabe zur Verfügung.

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2/2: Einstiegspreis: 25 bis 30 Euro pro Unterrichtseinheit

Preislich soll sich die Nachhilfe mit Einstiegssätzen von 25 bzw. 30 Euro pro Unterrichtseinheit im studentenfreundlichen Rahmen halten. Später sollen die Studenten bei jur:next gemeinsam mit ihrem Tutor einen individuellen Preis aushandeln. Doch wer unterrichtet eigentlich bei den beiden Start-Ups, und wie wird die Qualifikation der Dozenten gewährleistet? Schließlich macht es einen Unterschied, ob man einem Erstsemester Nachhilfe bei den Anfängerklausuren gibt, oder jemanden auf sein Staatsexamen vorbereiten muss. Beide Nachhilfeangebote verlangen von ihren Tutoren mindestens das Vollbefriedigend im staatlichen Teil des Ersten Examens. Gleichzeitig sind Lehrerfahrungen, etwa als AG-Leiter, sehr erwünscht. Entscheidend ist für Glasmacher auch das Einzelgespräch, in dem er nicht nur den fachlichen Kenntnissen der Bewerber Beachtung schenkt, sondern auch herausfinden möchte, ob sie auf persönlicher Ebene zum Konzept der Studentennachhilfe passen.

Nachhilfelehrer oft kaum älter als Studenten

Was die Dozenten an professioneller Erfahrung noch nicht vorweisen können, möchten sie durch ihre Nähe zum Examensstoff und auch zum Alter der Schüler wieder wettmachen. Bei vielen liegt die Erste Staatsprüfung erst ein Jahr zurück, wodurch sie sich leichter in die Studenten und deren juristische Probleme hineinversetzen können. Bei den Schülern scheint das Konzept jedenfalls anzukommen. "Der Unterricht war sehr gut an meine individuellen Schwächen angepasst. Probleme wurden so lang erklärt, bis ich sie verstanden hatte. Überzeugt hat mich neben dem Mangel an Alternativen und der individuellen Ausrichtung außerdem das Versprechen, vertraulich mit meiner Nachhilfeanfrage umzugehen", kommentiert Eva Hoffmann, eine Schülerin von campushelfer, die hier nicht mit ihrem richtigen Namen erscheinen möchte. Und auch Simone Keller (Name ebenfalls von der Redaktion geändert), die bei jur:next Stunden nimmt, ist überzeugt. "Ich war von der mir gegenüber erbrachten Motivation und dem Engagement begeistert. Es wurde nicht nur vor- und nachgearbeitet seitens des Tutors, sondern auch Wert darauf gelegt, dass ich die besprochenen Themen wirklich verstanden habe, indem ich abgefragt wurde und mir Artikel mit Nebeninformationen an die Hand gegeben wurden."*

Arbeit als Tutor: Nebenverdienst für Referendare

Die Start-Ups möchten expandieren: Als Ziel nennt Stefan Glasmacher, an jeder deutschen juristischen Fakultät vertreten zu sein. Dazu bedarf es weiterer Tutoren. Nikolas Guggenberger sieht in der Nachhilfe auch ganz praktische Vorteile für die Dozenten: "Die Nachhilfe ist ideal für derzeitige oder künftige Referendare, die sich nach einem gut bezahlten Nebenverdienst umsehen, der es ihnen mit flexiblen Arbeitszeiten und ohne Verwaltungsaufwand ermöglicht, das materielle Recht im Hinblick auf das anstehende Zweite Staatsexamen zu wiederholen. Ich selbst habe zudem bei den Nachhilfestunden auch das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun."* Philipp Bender nennt einen seiner Motivationsgründe auch die Erfolgserlebnisse "seiner Leute". Inzwischen sind die campushelfer und jur:next an insgesamt 19 deutschen Standorten vertreten. Darüber hinaus kann man bei campushelfer auch die Online-Nachhilfe via Videotelefonie nutzen und damit grundsätzlich von jedem beliebigen Standort aus wahrnehmen. Ob sich das Angebot durchsetzt? Genug Studenten mit Nachholbedarf gibt es jedenfalls – in allen Semestern. *Anm. d. Red. v. 07.07.2014, 13:30 Uhr: Die Zitate haben wir nachträglich leicht verändert, da die ursprünglich veröffentlichten Zitate nicht der freigegebenen Version entsprochen haben.

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