Grenzüberschreitende Juristenausbildung

Deutsches Recht macht Schule

von Przemyslaw RoguskiLesedauer: 4 Minuten
Mit der wirtschaftlichen Verflechtung zwischen Deutschland und Polen nimmt auch der Bedarf an qualifizierter grenzüberschreitender juristischer Beratung zu. Und schon in der Ausbildung können Brücken zu den Nachbarn gebaut werden. Es gibt interessante Angebote sowohl für polnische als auch für deutsche Juristen – und die Bewerbungsfrist für das Sommersemester läuft.

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In den neunziger Jahren kam viel Bewegung in den wissenschaftlichen Austausch zwischen Deutschland und Polen. Die Transformation von einer kommunistischen hin zu einer marktwirtschaftlichen Rechtsordnung ließ in Polen das Interesse am Rechtssystem seines westlichen Nachbarlandes steigen. Dieses Interesse und persönliche Kontakte zwischen Wissenschaftlern beider Länder mündeten in zahlreichen Lehrangeboten für deutsches Recht. Bereits 1998 gründeten die Universitäten Mainz und Heidelberg an der ältesten Universität Polens, der Jagiellonen-Universität Krakau, eine "Schule des Deutschen Rechts". Ziel der Schule war es, polnischen Studenten Grundlagen des deutschen Rechtssystems zu vermitteln. Dafür reisten deutsche Professoren, gefördert vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), zu Kurzzeitdozenturen nach Krakau und hielten Vorlesungen im Zivilrecht, Öffentlichen Recht und Strafrecht.

Deutschsprachiger Studiengang für polnische Jurastudenten

Um die Chancen der teilnehmenden polnischen Studenten auf dem Arbeitsmarkt weiter zu verbessern, bieten die drei Partneruniversitäten seit Anfang 2010 auf Grundlage der Schule des Deutschen Rechts nun auch einen eigenen deutschsprachigen Studiengang an. Das Besondere an diesem Studiengang ist, dass er zum Erwerb des Titels eines Magister Legum (LL.M.) führt. Der Studiengang umfasst zwei Abschnitte. Den ersten verbringen die Studenten in Krakau, den zweiten in Heidelberg oder Mainz. Zunächst nehmen die Studierenden parallel zu ihrem polnischen Jurastudium an einem einsemestrigen Sprachkurs teil, in dem sie die deutsche juristische Fachsprache erlernen. Daran schließt sich im darauffolgenden Semester ein Rechtskurs an. Dieser besteht aus insgesamt zwölf achtstündigen Vorlesungen deutscher Professoren der Universitäten Heidelberg und Mainz und deckt schwerpunktmäßig vor allem das Zivilrecht und das Öffentliche Recht ab. Die Absolventen des Rechtskurses können dann nach Abschluss ihres polnischen Jurastudiums nach Deutschland kommen, um den zweiten Abschnitt des Studiengangs zu absolvieren. Hierzu nehmen sie ein Semester lang an Vorlesungen an ihrer deutschen Universität teil und fertigen anschließend ihre Magisterarbeit an. Die in Krakau gehörten Vorlesungen werden dabei auf das Studium in Deutschland angerechnet, so dass sich die Studienzeit in Deutschland auf lediglich ein Semester verkürzt. Die besten Studenten erhalten für den Aufenthalt in Deutschland zudem ein Stipendium des DAAD. Krakau lockt deutsche Juristen Der wissenschaftliche Austausch funktioniert aber in beide Richtungen. Nach dem Vorbild der Schule des Deutschen Rechts wurde in Krakau auch eine Schule des Polnischen Rechts gegründet. Sie vermittelt deutschen Studenten und Absolventen Grundkenntnisse des polnischen Wirtschaftsrechts. Die Teilnehmer, deutsche Studenten, Referendare oder Volljuristen, nehmen an Vorlesungen an der Krakauer Jagiellonen-Universität teil. Dabei muss niemand Angst vor der Sprachbarriere haben, denn die Vorlesungen werden auf Deutsch gehalten. Das Curriculum umfasst Vorlesungen und Arbeitsgemeinschaften im polnischen Zivil-, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie einen Intensivsprachkurs. Die Qualität der Lehre ist dabei hervorragend – die Jagiellonen-Universität ist die älteste Universität Polens und führt seit Jahren die Rankings für die beste juristische Ausbildung souverän an. Auch das außeruniversitäre Programm kommt nicht zu kurz. Die Studenten der Schule haben die Möglichkeit, an zahlreichen Ausflügen in Krakau und die Umgebung teilzunehmen. Es lohnt sich, denn Krakau ist die alte polnische Königsstadt und voller kultureller Perlen, die darauf warten, von deutschen Besuchern entdeckt zu werden. Dank seiner geschätzten hunderttausend Studenten ist Krakau zudem eine sehr lebendige Stadt, in deren zahlreichen Cafés und Klubs sich bei fast mediterranem Flair die junge polnische Elite trifft. Für die besten Bewerber wird der Aufenthalt in Krakau durch ein DAAD-Stipendium mitfinanziert. Wer zudem an das einsemestrige Studium ein weiteres Semester anhängen möchte, kann dies im Rahmen eines LL.M.-Studiengangs tun. Der Rechtskurs der Schule des Polnischen Rechts wird auf das LL.M.-Studium angerechnet.

Eine gelungene Zusammenarbeit: Wirtschaftspartner und Wissenschaftsstandort

Das Modell einer Rechtsschule hat sich bewährt und fand viele Nachahmer. Mittlerweile existieren deutsche Rechtsschulen an den meisten polnischen Universitäten und werden von einer Vielzahl deutscher und polnischer Stiftungen gefördert. Die beiden Schulen zeigen, dass die deutsch-polnische Juristenausbildung gut funktioniert und zudem keine Einbahnstraße darstellt. Polnische Studenten haben früh erkannt, dass eine Ausbildung im deutschen Recht ihre Karrierechancen steigert. Aber auch für deutsche Juristen stellt das Studium in Polen eine interessante Alternative dar. Denn Polen entwickelt sich rasant und wird als Wirtschaftspartner und Wissenschaftsstandort immer wichtiger. Wer sich weiter informieren möchte, kann dies auf den Webseiten der Schule des Deutschen Rechts und der Schule des Polnischen Rechts tun. Und wessen Interesse an einem Studium in Polen geweckt wurde, der sollte sich beeilen: Die Bewerbungsfrist für die Schule des Polnischen Rechts für das Sommersemester 2011 (März bis Juni) läuft bis Mitte Dezember. Der Autor Przemyslaw Nick Roguski, Mag. Iur. ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht, Internationales Wirtschaftsrecht an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Geschäftsführer der Schule des Deutschen Rechts.

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