Wenn sich Urlaubswünsche wie zwischen den Jahren ballen, kann es schon mal Ärger geben. Foto: luckybusiness - stockadobe.com
Wie geht Urlaub noch mal?
Weihnachten – das ist nicht nur die Zeit der Geschenke, sondern auch die Zeit, in der viele Arbeitnehmer bereits den Urlaub für das kommende Jahr planen. Aber nicht nur Reisen wollen frühzeitig gebucht werden. Der Arbeitgeber muss den benötigten Urlaub auch erteilen. Aber wovon hängt es ab, ob und wann der Urlaub genehmigt wird?
Ausgangspunkt ist die gesetzliche Regelung in § 7 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Der Arbeitgeber muss danach die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers, d.h. dessen zeitliche Festlegung, berücksichtigen, es sei denn, es stehen dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer entgegen, die unter "sozialen Gesichtspunkten" den Vorrang verdienen.
Es gilt also: Die zeitliche Lage des Urlaubs legt primär der Arbeitnehmer fest, über die sich der Arbeitgeber nur aus bestimmten Gründen hinwegsetzen kann.
Kein Grund: Personalknappzeit
Dass ein Urlaub vorübergehend zu verringerten personellen Kapazitäten führt, ist kein Grund für die Urlaubsversagung. Wer Arbeitnehmer anstellt, hat die Erfüllung der Urlaubsansprüche miteinzukalkulieren und durch entsprechende Personalmaßnahmen vorzusorgen, dass entsprechende Zeiten möglichst ohne negative Auswirkungen "aufgefangen" werden können.
Dringende entgegenstehende Gründe liegen nur dann vor, wenn es um Situationen geht, denen organisatorisch nicht vorgebeugt werden kann, etwa bei unvorhergesehenen ungewöhnlichen Umständen wie einer schweren Krankheitswelle. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Gründe im Einzelnen darzulegen und – im Fall eines Rechtsstreits – auch zu beweisen. Allerdings wird Arbeitgebern das Recht zugestanden, vorübergehend Urlaubssperren für abgrenzbare Zeiten zu verhängen, in denen saisonbedingt besonders viel Personal benötigt wird, etwa in der Logistik während des Weihnachtsgeschäfts.
Urlaubswünsche von Kollegen
Aber auch die Urlaubswünsche anderer Kollegen können dem Wunsch auf Urlaub einen Strich durch die Rechnung machen. Zunächst gilt der Grundsatz, dass mehrere Arbeitnehmer gleichzeitig in Urlaub fahren dürfen; nur wenn eine gleichzeitige Freistellung aus dringenden betrieblichen Gründen nicht möglich ist, darf eine Auswahl unter "sozialen Gesichtspunkten" überhaupt vom Arbeitgeber in Betracht gezogen werden.
Welche dies sind, sagt das Gesetz nicht. Dies können familiäre Verpflichtungen sein, etwa Kinder im schulpflichtigen Alter, eine besondere Erholungsbedürftigkeit, aber auch die Urlaubserteilung in den vorangegangenen Jahren.
Eilverfahren statt Selbstbeurlaubung
Nur in seltensten Fällen kann der Arbeitgeber den Urlaub versagen. Dennoch kommt es in der Praxis laufend vor, dass Urlaub nicht erteilt wird. In solchen Fällen ist es dem Arbeitnehmer nicht gestattet, den Urlaub eigenmächtig anzutreten; vielmehr muss er seinen Anspruch zunächst durchsetzen, notfalls gerichtlich.
Bis ein gerichtliches Hauptverfahren abgeschlossen ist, kann es für die angestrebte Reise allerdings schon zu spät sein. In solchen Fällen führt oft kein Weg am Eilverfahren vorbei.
Notwendigkeit von Betriebsferien
Mit der durch § 7 BUrlG eingeräumten Freiheit, seinen Urlaub nach eigenen Bedürfnissen zu planen, stehen arbeitgeberseitig verhängte Betriebsferien im Widerspruch. Sie sind nur dann zulässig, wenn sie betriebsnotwendig sind. Wird die Festlegung mit dem Betriebsrat vereinbart, geht die Rechtsprechung meist von einer Betriebsnotwendigkeit aus. Dabei muss den Arbeitnehmern wenigstens die Hälfte ihres Urlaubs noch zur freien Verfügung stehen.
Die Festlegung von Betriebsferien und Urlaubssperren sowie die Aufstellung von allgemeinen Urlaubsgrundsätzen ist mitbestimmungspflichtig. Bei Vorhandensein eines Betriebsrats muss der Arbeitgeber diesen einbinden. Auch ein Schlichtungsverfahren für streitige Einzelfälle kann im Rahmen einer Betriebsvereinbarung vorgesehen werden.
Kein Rückruf aus dem Urlaub
Sobald der Arbeitgeber die Freistellungserklärung abgegeben hat, ist er an diese Erklärung rechtlich gebunden. Ein Widerruf ist daher nicht mehr möglich. Dies gilt erst recht, wenn der Arbeitnehmer bereits im Urlaub weilt. Der Arbeitnehmer ist schon nicht verpflichtet, für die Dauer des Urlaubs erreichbar zu sein. Notebook und/oder Handy dürfen also direkt zuhause bleiben.
Übertragung ins Folgejahr
Der Anspruch auf Urlaub kann demnach vom Arbeitgeber nur im Ausnahmefall rechtswirksam versagt werden, so dass der Arbeitnehmer im Regelfall in der Lage sein dürfte, seinen Urlaub im Kalenderjahr auch zu nehmen. Deswegen war die Rechtsprechung früher recht streng gegenüber Arbeitnehmern und wies ihnen die Pflicht zu, die Gründe darzulegen, weshalb ihnen der Verbrauch des Urlaubs nicht möglich gewesen sei. Gelang ihnen dies nicht, verfiel offener Urlaub ohne Übertragung ins Folgejahr.
Der EuGH hat die Rechtsposition von Arbeitnehmern in diesem Bereich im Jahr 2019 deutlich gestärkt. In Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass ein Anspruch auf den bezahlten Jahresurlaub in der Regel nur dann am Ende eines Kalenderjahres erlischt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat (BAG, Urt. v. 19.02.2019, Az. 9 AZR 423/16).
Unterlässt der Arbeitgeber diese ihm obliegende Mitwirkung, tritt weder ein Verfall des Urlaubsanspruchs ein, noch wird die dreijährige Verjährungsfrist in Gang gesetzt (BAG, Urt. v. 20.12.2022, Az. 9 AZR 266/20).
Besonderheiten gelten für Arbeitnehmende im Mutterschutz oder in Elternzeit: Die spezialgesetzlichen Vorschriften in § 24 Satz 2 Mutterschutzgesetz (MuSchG) und § 17 Abs. 2 Bundeselterngeldgesetz (BEEG) verhindern den Verfall von Urlaub, der vor Beginn der Schutzfristen nicht genommen werden konnte.
Sonderfall: Langzeiterkrankungen
Bei langfristiger Arbeitsunfähigkeit unterscheidet das BAG zwischen zwei Konstellationen:
Ist der Arbeitnehmer seit Beginn des Urlaubsjahres durchgehend bis zum 31. März des Folgejahres arbeitsunfähig, verfällt der Urlaub unabhängig von einer Mitwirkung des Arbeitgebers (BAG, Urt. v. 31.01.2023, Az. 9 AZR 85/22). Anderenfalls erlischt der Urlaubsanspruch grundsätzlich nur bei zuvor erfüllten Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers (BAG, Urt. v. 20.12.2022, 9 AZR 245/19).
Eine Ausnahme besteht lediglich, wenn die Arbeitsunfähigkeit so früh eintritt, dass der Arbeitgeber seinen Obliegenheiten vor deren Beginn nicht nachkommen konnte; dann läuft die Verfallfrist auch ohne seine Mitwirkung an. Nach Ansicht des BAG gilt eine Frist von sechs Tagen ab Entstehung des Urlaubsanspruchs – üblicherweise zu Jahresbeginn – als ausreichend (BAG, Urt. v. 31.01.2023. Az. 9 AZR 107/20).
Kleine Klausel, großes Risiko
Aus Arbeitgeberperspektive ist es ratsam, bei der Formulierung von Klauseln zum Verfall von Urlaubsansprüchen sehr vorsichtig zu sein. Regelungen, wonach der gesetzliche Mindesturlaub bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit über den gesetzlichen Übergangszeitraum hinaus erhalten bleibt, schließen nach neuester Rechtsprechung dessen Verfall zugunsten des Arbeitnehmers wirksam aus (BAG, Urt. v. 15.07.2025, Az. 9 AZR 198/24). Für Arbeitgeber kann das teuer werden: Im zugrunde liegenden Fall musste der Arbeitgeber den gesetzlichen Mindesturlaub der Klägerin aus sechs Jahren mit rund 17.000 Euro abgelten.
Dr. Roland Klein ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, er ist Partner bei RSM Ebner Stolz, Bonn. Er berät sowohl gewerbliche als auch gemeinnützige Arbeitgeber und Non-Profit-Organisationen im Arbeitsrecht.
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