Langdell Hall / Harvard Law School Library
Promotion im Ausland

Viel Auf­wand für wenig Nutzen?

von Sabine Olschner2025 M06 3, Lesedauer: 4 Minuten

Mit "Dr. jur" kann man im Ausland wenig anfangen. Möchte man stattdessen einen ausländischen Doktortitel erwerben, wird es aber kompliziert. Wie das geht, ob sich der Aufwand lohnt und ob Arbeitgeber überhaupt Wert darauflegen.

Mit den Bezeichnungen "Dr. iur." oder "Dr. jur." kann im Ausland kaum jemand etwas anfangen. Wer jenseits der deutschen Grenzen eine Doktorarbeit verfasst hat, erhält je nach Land ganz unterschiedliche Titel: zum Beispiel Ph.D. (Doctor of Philosophy),  LL.D. (Legum Doctor), J.S.D. oder S.J.D. (Doctor of the Science of Law). Diese sind wiederum in Deutschland weitgehend unbekannt. Bringt es trotzdem etwas, die drei fremden Buchstaben im Namen zu führen? "Die Herausforderungen sind bei einer Promotion im Ausland groß", sagt Dr. Stine von Förster, Referentin für Internationales an der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg. "Dass man gern eine Weile im Ausland leben will, sollte nicht die einzige Motivation für eine Promotion außerhalb von Deutschland sein."

Stine von Förster ist verantwortlich für die Joint Doctoral Candidates an der Fakultät für Rechtswissenschaft an der Universität Hamburg. Das Joint Doctoral Program ermöglicht den Erwerb eines Doktorgrades, der in der Regel von zwei – selten auch mehr – Universitäten aufgrund einer einzelnen wissenschaftlichen Leistung in verschiedenen Ländern verliehen wird. Der Promovend hat zwei Betreuer an zwei Universitäten, und erhält am Ende eine gemeinsame Urkunde. "Der Aufwand, die Promotionsanforderungen aller beteiligten Universitäten zu erfüllen, ist hoch", gibt die Referentin für Internationales zu bedenken. Oft müssen Kandidaten zusätzliche Kurse belegen, weil die Inhalte aus dem deutschen Jurastudium nicht ausreichen. Das Forschungsthema muss gleich mit zwei Betreuern abgestimmt werden. Und auch die Regularien für den Ablauf der Promotion sind bei zwei Universitäten nicht immer leicht in Einklang zu bringen und lassen sich oft erst im Laufe der Zeit klären. Das kann je nach Situation bei den Doktoranden zur Unsicherheit führen, ob sie ihre Doktorarbeit überhaupt im Land abschließen können. "Wer an einem Joint Doctoral Program teilnimmt statt seine Promotion im Ausland selber zu organisieren, kann den regulatorischen Aufwand unter Umständen verkürzen", sagt Stine von Förster. "So einfach wie eine Promotion im Inland ist es aber immer noch nicht."

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"Anstellung an der Universität oft zwingend"

Eine weitere Hürde: Die Kapazitäten für Doktorandenstellen im Ausland sind oft gering. "Während man in Deutschland nicht unbedingt eine Anstellung an der Universität braucht, um zu promovieren, ist dies im Ausland oft zwingende Voraussetzung", erklärt Prof. Dr. Christoph Kern, Direktor des Instituts für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht an der Universität Heidelberg. "Um diese wenigen Doktorandenstellen konkurrieren deutsche Bewerber mit einheimischen Promovenden. Es ist als Deutscher also viel schwieriger, überhaupt in das Universitätssystem hineinzukommen." Hinzu kommt die Wahl des Forschungsthemas. Nationale Themen etwa aus dem Arbeitsrecht eignen sich kaum für eine Promotion im Ausland. "Bei Themen aus dem Europarecht, der Rechtstheorie oder Rechtsvergleichungen wird es wahrscheinlich etwas einfacher", sagt Christoph Kern. Aus seiner Erfahrung gehen Promovenden, die sich mit internationalen Themen beschäftigen, häufig eher im Rahmen eines Forschungsaufenthalts für eine begrenzte Zeit ins Ausland – von zwei Wochen bis zu einem Jahr ist alles möglich. Für Forschungsaufenthalte können Wissenschaftler eine Förderung beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) beantragen. Vollpromotionen im Ausland werden hingegen nicht mehr vom DAAD gefördert.  

"Zeit und Energie sollten lieber anderweitig genutzt werden"

Gründe für einen Forschungsaufenthalt können laut Christoph Kern zum Beispiel Gespräche mit Doktoranden oder Professoren aus dem Ausland sein, um Input für seine Thesen zu bekommen. Manchmal gibt es auch spezielle Datenbanken, die nur vor Ort genutzt werden können. "Mittlerweile sind viele Bibliothekszugänge jedoch auch digital erreichbar, was Reisen ins Ausland häufig überflüssig macht", sagt der Professor. Darüber hinaus kann ein Forschungsaufenthalt helfen, den (wissenschaftlichen) Alltag in einem Land kennenzulernen und Netzwerke aufzubauen.

Tiefer in das Leben einer ausländischen Universität steigt man natürlich ein, wenn man die gesamte Promotionszeit im Ausland verbringt. "In einem Joint Doctoral Program lernen Teilnehmer, sich in zwei Wissenschaftssystemen zu bewegen", erläutert Stine von Förster. "Das ist sinnvoll für alle, die später an einer ausländischen Universität arbeiten oder in Deutschland internationale Forschungskooperationen leiten wollen." Arbeitgeber aus der Wirtschaft wissen den Aufwand, den man für eine Auslandspromotion erbringen muss, selten zu schätzen, so ihre Erfahrung. Dies bestätigt auch Ina Steidl, Senior Partnerin von Schollmeyer & Steidl, einer auf den juristischen Markt spezialisierten Personalberatung. "Ich habe im Laufe meiner Tätigkeit als Personalberaterin noch keine deutsche Juristin oder einen Juristen getroffen, die oder der seine Promotion komplett im Ausland absolviert hat." Es gebe ohnehin nur noch wenige Kanzleien, die für eine angehende Partnerschaft den Doktortitel erwarten. Und für die Arbeit im internationalen Kontext reicht ihrer Erfahrung nach Auslandserfahrung aus, die man in anderen Zusammenhängen gesammelt hat: etwa während eines Auslandssemesters, über einen LL.M. oder in der Wahlstation im Ausland. Den Aufwand für eine Promotion im Ausland hält Ina Steidl für die Arbeit in einer Kanzlei für nicht angemessen. "Die Zeit und Energie sollten lieber anderweitig genutzt werden."

Wer trotzdem davon träumt, sich für längere Zeit im Ausland mit einem juristischen Thema zu beschäftigen, sollte sich von seinen Träumen nicht abbringen lassen: Möglich ist eine Promotion im Ausland auf jeden Fall. "Wenn die Promotion inhaltlich passt, man den Aufwand nicht scheut und man eine wissenschaftliche Kariere anstrebt, kann die Promotion im Ausland sehr bereichernd sein", ist Stine von Förster überzeugt. 

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