Female college students in classroom
Englisch in Juristenausbildung und -praxis

Das muss besser laufen

Gastbeitrag von Patrick Mustu2025 M05 21, Lesedauer: 5 Minuten

Englischanteile in der Juristenausbildung finden sich an jeder Universität. Auch während des Referendariats und nach dem Berufseinstieg werden sie von vielen Kanzleien angeboten. Doch selten taugen sie etwas, meint Patrick Mustu.

Englisch ist unbestritten die Lingua Franca des Wirtschaftslebens. Es wird erklärt und informiert, verhandelt und abgeschlossen, gestritten und verglichen. Verträge werden zweisprachig oder gleich auf Englisch entworfen, Anwälte legen "Due Diligence Reports" vor, fertigen "Legal Opinions" und bieten "Dispute Resolution" an. Wunderbar.

Nur: Wie ist es um die fremdsprachliche Kompetenz der Protagonisten bestellt? Ist sie da? Und wenn sie nicht da ist: Wie kriege ich sie da hin?

Sicherlich hat sich im Vergeich zu früher einiges getan: es gibt universitäre Englischprogramme, immer mehr Studierende verbringen ein Semester, machen ein Praktikum oder einen LL.M. im Ausland und auch im Referendariat wird die Wahlstation manchmal zur Auslandsstation. Im Arbeitsleben angekommen, halten auch Kanzleien Englischkurse im Rahmen ihrer Fortbildungsprogramme vor. Spätestens hier stellt sich aber die Frage: Wie viel und welches Englisch brauchen Juristen? Und was davon bringen sie mit?

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Viele Schlagworte, wenig Substanz

Stellenausschreibungen strotzen vor "sehr guten", "fließenden" und "verhandlungssicheren" Englischkenntnissen, die Arbeitgeber darin fordern. Gerne wird auch auf einen im Ausland erworbenen LL.M. als gern gesehene Qualifikation verwiesen. Die Karrierewege mancher Kanzleien sehen auch vor, dass Associates einige Zeit in einem ausländischen Büro der eigenen oder einer befreundeten Kanzlei verbringen (das wird dann auch schon mal als "Secondment" bezeichnet). Obendrauf gibt’s noch die bunten "Akademieprogramme", die von Bilanzanalyse bis zu Soft Skills vieles abdecken. Zu letzterem zählen dann auch Kommunikation, Rhetorik und Englisch.

Das Jurastudium war lange eine sehr "deutsche" Angelegenheit. Mit der Europäisierung und Globalisierung kamen sie dann mehr und mehr: die Erasmussemester, die englischsprachigen Vorlesungen, die Moot Courts und die "FFA" (fachspezifische Fremdsprachenausbildung). Integraler Bestandteil des Jurastudiums ist davon aber so gut wie nichts. Verpflichtend ist lediglich der Besuch einer fremdsprachigen rechtswissenschaftlichen Veranstaltung (§ 5a Abs. 2 S. 2 Deutsches Richtergesetz (DRiG)). Heißt im Klartext: eine Vorlesung in einem Semester, zwei Semesterwochenstunden, fertig. Häufig übernimmt das ein "Visiting Professor", der etwas über das Common Law erzählt, also das Rechtssystem angelsächsischer Länder.

Der Fehler im Jurastudium: die ignorierte Realität

Wie in einem früheren LTO-Artikel treffend bemerkt, handelt es sich beim Begriff FFA um eine Fehlbezeichnung. Es geht dort zwar ausführlicher zur Sache als bei der einsemestrigen Pflichtvorlesung und kann schon mal vier Semester in Anspruch nehmen. Inhaltlich speisen sich diese Programme zum einen aus "Business English", also dem, was man gewöhnlich in einem Sprachkurs unter Berücksichtigung der vier Grundfertigkeiten Sprechen, Schreiben, Lese- und Hörverständnis lernt. Zum anderen geht es "fachspezifisch" in der Regel um ausländische Rechtsordnungen, im Falle von Englisch also um Prinzipien des Common Law und einem Studium von prägenden Präzedenzfällen.

Genau hier liegt das Problem: Die Studierenden beraten später gerade nicht im englischen oder amerikanischen Recht. Vielmehr müssen Sie deutsches Recht auf Englisch erklären. In ihrem Beruf als Rechtsanwalt oder Unternehmensjurist geht es nicht darum, was Lord Denning über Cricketbälle oder der US Supreme Court über Abtreibungen gesagt hat. Es geht darum, wie Verfahren in Deutschland ablaufen, was bei einer Gesellschaftsgründung zu beachten ist und wie Verträge gestaltet werden. Dies in der Fremdsprache zu vermitteln, ist die Herausforderung, um die es geht.

Natürlich ist es interessant, über den Tellerrand zu blicken und etwas über fremde Rechtsordnungen zu lernen. Es hat auch einen gewissen Nutzen, hilft es doch bei einer rechtsvergleichenden Betrachtung und terminologischen Durchdringung. Gegen eine solche Beilage ist nichts einzuwenden. Sie jedoch als Hauptgericht zu servieren, geht an der Beratungswirklichkeit der Absolventen vorbei. Es mag akademisch inspirierend sein, dem Praktiker hilft es jedoch nicht. Wenn ich englische Rechtsgeschichte und Rechtsprechung rezitieren kann, aber nicht in der Lage bin, einem Mandanten zu erklären, wie die Dinge vor Ort laufen, stimmt etwas nicht.

Auch Kanzleiangebote sind häufig nicht besser

Als frischgebackener Jurist geht es dann los: Die wahre Rechtsberatung beginnt. Mit ihr gehen häufig eine Menge Schulungen einher. Spätestens hier müsste man aber ganz klar die Praxis in den Mittelpunkt rücken und ein Englischtraining organisieren, das adressiert, was gebraucht wird. Das ist aber häufig nicht der Fall, selbst wenn Kurse als "Legal English" oder "Legal Communication Skills" bezeichnet werden und die Personaler, die diese Kurse auf die Beine stellen, Titel wie "HR Specialist" oder "HR Legal" führen – vom Jura-Fach sind sie nämlich selten. Und so wählen Sie aus dem großen Angebot allgemein aufgestellter Sprachschulen.

Das Problem dabei: diese Anbieter bedienen den breiten Markt und sind selten spezialisiert. Noch seltener verfügen sie über geeignetes Personal. Die Stiftung Warentest ist in Untersuchungen zu ernüchternden Ergebnissen gekommen, was die Qualität derartiger Angebote anbelangt.

Was sich tun muss

Mehr Lehre auf Englisch kann eine Forderung sein. Wichtig ist in jedem Fall die Praxisorientierung, ob es sich nun um universitäre Fremdsprachenprogramme oder um Kurse handelt, die Kanzleien ihren Praktikanten, Referendaren und Associates angedeihen lassen. Der Gesetzgeber erlaubt mittlerweile die Errichtung von Commercial Courts, vor denen auf Englisch prozessiert werden kann. Was vor 15 Jahren als Pilotprojekt an einigen Standorten begann, ist gewachsen: zunächst konnte nur die mündliche Verhandlung auf Englisch geführt werden; alles andere (Schriftsätze, Protokolle, Urteile) musste weiterhin auf Deutsch angefertigt werden. Jetzt sind "Vollprozesse" auf Englisch möglich. Das Einheitliche Patentgericht ist bereits seit seiner Errichtung dreisprachig, samt eigener Verfahrensordnung, und etwa die Hälfte der dortigen Verfahren wird auf Englisch geführt.

Die Schlussfolgerungen, die für die Aus- und Fortbildung gezogen werden müssen, sind klar. Betroffene müssen befähigt werden, deutsche Gegebenheiten auf Englisch zu erklären. Was spricht also dagegen, in FFA-Programmen auch mal einen BGH-Fall zu besprechen? Oder deutsches Kaufrecht zu erörtern? Oder den Gang eines Gerichtsverfahrens darzustellen?

Zu den kanzleiinternen Fortbildungen gehören neben der Fachterminologie einzelner Rechtsgebiete tätigkeitsorientierte kommunikative Fertigkeiten: die Teilnahme an Besprechungen, Videokonferenzen und Verhandlungen; das Entwerfen von Mandantenschreiben, Stellungnahmen und Gutachten; das Halten von Seminaren und Vorträgen. Und auch das "Pitching", also das Vorstellen von Kanzlei und Kompetenz, um Mandate zu gewinnen, findet schon mal auf Englisch statt.

Wer auch immer in diesem Bereich der Personalentwicklung Verantwortung trägt, sollte stets die Praxis im Blick haben und darauf achten, dass diejenigen, in deren Hände Mitarbeiterschulungen gelegt werden, Ahnung von der Materie haben und die erforderliche Sprachkompetenz tatsächlich vermitteln können. Das Label "Muttersprachler", auf das dabei oft abgestellt wird, ist kein geeignetes Alleinstellungsmerkmal hierfür.

Patrick Mustu, Rechtsanwalt, Dolmetscher und Übersetzer, hat in Münster und Johannesburg studiert und in London und New York gearbeitet. Er ist Autor von "Kanzleienglisch" (Deutscher Anwalt Verlag) und "English for Tax Professionals" (Cornelsen Verlag), und seit über 20 Jahren in der Erwachsenenbildung tätig.

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