Als Jurist bei der Ruhrtriennale

Damit sich der Vor­hang hebt

von Constantin KörnerLesedauer: 4 Minuten
Wer sich als Jurist schon immer für die Welt von Theaterschauspielern, Regisseuren und Komparsen begeistert hat, für den bietet der Kulturbereich ein spannendes Betätigungsfeld. "Ich gehöre ins Theater", sagt deshalb auch Martin Reulecke, Justiziar bei der Kultur Ruhr GmbH, voller Überzeugung. Constantin Körner hat einen Einblick in seinen Berufsalltag unternommen. 

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Die Jahrhunderthalle in Bochum. Ein imposantes Ungetüm aus Stahlträgern. Mit diesem Industriedenkmal verbindet man von Kohlenstaub schwarzgefärbte Bergleute und schwitzende Arbeiter an Hochhöfen. Und doch ist die Jahrhunderthalle auch Arbeitsplatz für einen Juristen. Dr. Martin Reulecke (35) ist seit Februar als Justiziar und Referent der Geschäftsführung bei der Kultur Ruhr GmbH beschäftigt. Diese veranstaltet insbesondere die Ruhrtriennale, ein Festival der Künste von internationalem Rang, das an verschiedenen Spielstätten im Ruhrgebiet stattfindet. So auch in der Jahrhunderthalle. Die Kultur hatte es Reulecke schon früh angetan. Während der Schulzeit spielte er Klavier und Klarinette. Der Gesang sei aber sein "absolutes Steckenpferd". Als er einen Teil seines Jura-Studiums in Bayreuth absolvierte, besuchte er "natürlich" die Generalproben der Richard-Wagner-Festspiele. Noch gut erinnert er sich an den "spezifischen Orchesterklang". Dabei war er sich anfangs gar nicht sicher hinsichtlich seiner Studienwahl: "Ich schwankte zwischen Jura und Musikwissenschaften. Dann habe ich in die Vorlesung einer jungen, engagierten Jura-Professorin hineingeschnuppert und war begeistert. In Bayreuth habe ich aber auch ein paar Scheine in Theaterwissenschaften gemacht."

Festival der Künste: Ein ganzes Jahr auf wenige Wochen hinarbeiten

Heute sagt er von sich: "Ich gehöre ins Theater." Diese Überzeugung mit dem Juristenberuf zu vereinbaren, sei aber schwer: "Es handelt sich um einen absoluten Nischenbereich, in den man irgendwie den Fuß in die Tür bekommen muss, um den Einstieg zu schaffen." Sein Rat lautet deshalb: "Frühzeitig Institutionen von innen kennenlernen. Schon im Referendariat habe ich mich gezielt in den Kulturbereich orientiert." So absolvierte der Justiziar unter anderem Stationen bei der Kulturbehörde Hamburg und dem Deutschen Bühnenverein. Als erste Anstellung folgte für den Volljuristen eine Tätigkeit in der Verwaltung der Hamburgischen Staatsoper. Im Internet stieß er dann zufällig auf die Ausschreibung seiner heutigen Stelle: "Einerseits ist die Grundstruktur beim Festival wie bei der Oper. Aber ein Festival arbeitet in einem anderen Spannungsbogen. Bei der Oper oder im Theater allgemein schaut man, dass sich jeden Abend der Vorhang hebt. Dagegen arbeitet man bei der Ruhrtriennale ein ganzes Jahr auf etwas hin, das sich auf wenige Wochen konzentriert." Die Jobbeschreibung "Beratung der Geschäftsführung in allen juristischen Angelegenheiten" veranschaulicht Reulecke so: "Alleine für die Ruhrtriennale 2012 müssen 37 Produktionen vertraglich geregelt werden. Man darf schließlich nie vergessen, dass die Kultur Ruhr GmbH zunächst nur ein Büro in Gelsenkirchen ist. Alles andere muss angemietet werden. Und jede Spielstätte, wie etwa die Jahrhunderthalle, ist anfangs leer und muss erst mit Leben gefüllt werden. Mit Stühlen, Tribünen, Scheinwerfern und so weiter. Erst dann können an diesen ungewöhnlichen Orten für das Publikum Aufführungen gemacht werden."

Verträge für bis zu 900 Künstler aus 30 Nationen managen

Dies bringt noch eine weitere Besonderheit mit sich: "Bei der Staatsoper hatte ich einen Stamm von mehreren hundert festen Kollegen. Dagegen sind es bei der Ruhrtriennale anfangs nur ein paar Dutzend. Aber je näher die Spielzeit rückt, desto mehr werden es. In der Spitze bis zu 900 Künstler aus 30 Nationen." Als einziger Jurist im Team ist Reulecke entsprechend  in die damit verbundenen Vertragsverhandlungen eingebunden oder konzipiert Musterverträge. Daneben macht das Vergabewesen einen großen Teil seiner Tätigkeit aus: "Wir sind schließlich in öffentlicher Trägerschaft und gehen mit öffentlichen Geldern um." Insgesamt sagt er über sein juristisches Aufgabenspektrum: "Ich bin hier eindeutig ein Generalist." Bei der Abwicklung internationaler Koproduktionen und Gastspiele helfen ihm seine Englisch- und Französischkenntnisse: "Grundsätzlich ist Englisch ausreichend, muss dann aber wirklich sicher beherrscht werden." Immer mal wieder kommt ihm aber eine gänzlich unjuristische Aufgabe zu: der "Direktionsdienst". Erst kürzlich morgens um fünf Uhr, regelmäßig aber abends hat er Dienst an Spielstätten wie der Jahrhunderthalle, um bei der Vorstellung etwa eine Ansage zu machen, falls ein Künstler erkrankt ist. "Das ist eine herrliche Notwendigkeit meiner Tätigkeit hier. Ich bin stets per Funkgerät erreichbar und kann daher meistens schon in der Vorstellung sitzen. Dann darf ich hochkarätige Vorstellungen erleben, an deren Entstehung ich durch die Verträge mitgewirkt habe. Ein toller Moment",  sagt Reulecke abschließend. Wer die laufende Ruhrtriennale besuchen möchte, hat noch bis zum 30. September 2012 Gelegenheit.

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