Die juristische Presseschau vom 27. bis 29. Mai: Ver­öf­f­ent­li­chungs­an­spruch gegen Face­book? / Streit um Han­dy­daten von Flücht­lingen / Yücel vor EGMR

29.05.2017

Ein Anwalt droht Facebook mit Klage, wenn die Löschung eines Beitrags nicht rückgängig gemacht wird. Außerdem in der Presseschau: Die Auswertung der Handydaten von Flüchtlingen bleibt umstritten und der Fall Deniz Yücel vor dem EGMR.

Thema des Tages

Gelöschter Facebook-Beitrag: Der Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel hat im Namen des Fotografen und Bloggers Markus Hibbeler rechtliche Schritte gegen Facebook angekündigt, wenn ein gelöschter Beitrag seines Mandanten nicht wieder angezeigt wird. Facebook hatte einen islamkritischen Beitrag des Mandanten gelöscht. Kommt es zu einer Klage, müsste erstmals darüber entschieden werden, ob es einen Anspruch gegen Betreiber von sozialen Netzwerken gibt, dass Beiträge veröffentlicht werden. Würde die Klage abgewiesen, müsste der Gesetzgeber Konsequenzen ziehen, so die Montags-FAZ (Hendrik Wieduwilt).

Rechtspolitik

NetzDG: Im Interview mit dem Spiegel (Melanie Amann/Marcel Rosenbach, spiegel.de-Zusammenfassung) verteidigt Bundesjustizminister Heiko Maas das geplante Netzwerkdurchsetzungsgesetz, mit dem insbesondere Hasskriminalität im Netz bekämpft werden solle. Schon jetzt gebe es eine Löschpflicht für Betreiber von sozialen Netzwerken. Es sei auch nicht zu befürchten, dass die Betreiber zu viel löschten, da sie damit ihr Geschäftsmodell gefährdeten.

Marc Liesching (community.beck.de) kritisiert, dass für den Monitoring-Bericht von jugendschutz.net, der zur Begründung des Gesetzes herangezogen wird, überwiegend Rechtslaien für die Bewertung von Beiträgen im Internet eingesetzt wurden.

Wissenschaftsurheberrecht: Thomas Thiel (Samstags-FAZ) kritisiert die von Justizminister Heiko Maas geplante Reform des Wissenschaftsurheberrechts. Danach soll es Bibliotheken möglich sein, 15 Prozent eines Buchs einzuscannen und für die Lehre und Forschung zur Verfügung zu stellen. Auch Zeitungsartikel sollen der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden können. Der Autor sieht darin "großzügige Geschenke aus fremdem Eigentum" und fragt, ob der Justizminister die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes nicht kenne. Reinhard Müller (Montags-FAZ) nimmt Äußerungen des Bundespräsidenten zum Wert des Qualitätsjournalismus zum Anlass, vor den Folgen des Gesetzes für die Presse zu warnen: "Wie soll sich eigentlich der vom Bundespräsidenten geforderte Qualitätsjournalismus finanzieren?"

Handys von Asylbewerbern: Nach Informationen der Montags-taz (Christian Rath) plant das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, drei Auswertungsmethoden auf Grundlage der jüngst beschlossenen Befugnis zum Auslesen der Datenträger von Asylsuchenden. Ausgewertet werden sollen die benutzte Sprache, die Kontakte sowie die Metadaten von Fotos. Da letztere auch den Ort beinhalten, an dem das Foto gemacht wurde, würden auch Rückschlüsse auf den Reiseweg ermöglicht, was die SPD ursprünglich verhindern wollte.

CDU-Politikern gehen die beschlossenen Befugnisse unterdessen nicht weit genug. Innenpolitiker Ansgar Heveling fordert, dass die Auswertung auch von Beamten durchgeführt werden soll, die nicht Volljuristen sind. Zudem könnten die Daten genutzt werden, um die vom Asylbewerber angegebene Religion zu überprüfen, so der Bundestagsabgeordnete laut Montags-Welt (Marcel Leubecher).

Mietpreisbremse: Eine Studie im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion kommt zu dem Ergebnis, dass die in den meisten Bundesländern geltende Mietpreisbremse nicht richtig funktioniere. Auch die SPD fordert daher eine Nachbesserung. Die Eigentümervereinigung Haus & Grund lehnt hingegen die Mietpreisbremse generell ab. Die Studie arbeite mit falschen Zahlen. Würde erneut behauptet, dass Vermieter regelmäßig die Mietpreisbremse umgehen, wolle man rechtliche Schritte prüfen, erklärte der Geschäftsführer der Vereinigung, Alexander Wiech, gegenüber der Montags-FAZ (Hendrik Wieduwilt). Auch focus.de berichtet über die Studie.

In einem gesonderten Kommentar weist Hendrik Wieduwilt (Montags-FAZ) auf die Schwierigkeit hin, die die SPD dabei haben werde, das Thema im Wahlkampf für sich nutzbar zu machen. Sie müsse nicht nur darlegen, dass die Mietpreisbremse nicht funktioniere, sondern auch, dass dies am Widerstand der Union liege und sich durch Nachjustierungen beheben lasse. Die Union habe eine eingängigere Botschaft: "Die Bremse ist Murks – und Preise lassen sich nicht staatlich diktieren."

Mindestlohn bei Transitfahrten: Die Anwendung des deutschen Mindestlohngesetzes auf Kraftfahrer, die Deutschland lediglich durchqueren, ist europarechtlich zulässig. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten des Hamburger Rechtswissenschaftlers Peter Mankowski im Auftrag des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung und des Deutschen Gewerkschaftsbunds. Der Arbeitnehmerschutz sei ein anerkannter Rechtfertigungsgrund für Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit. Bisher gilt das Gesetz bereits formal für alle Kraftfahrer, jedoch sieht der Zoll für die Dauer des laufenden Vertragsverletzungsverfahrens von Kontrollen ab, so die Montags-FAZ (Dietrich Creutzburg).

Fahrverbot für Straftäter: In einem Kommentar äußert Wolfgang Janisch (Samstags-SZ) Zustimmung zu der geplanten Ausweitung von Fahrverboten auf Straftaten, die keinen Verkehrsbezug haben. Das Fahrverbot könne sich als "Chance erweisen, dem Strafrecht ein wenig von der abschreckenden Wirkung zurückzugeben, die es gerade bei kleinen Delikten eingebüßt hat". Entscheidend sei jedoch, dass die Richter den Einzelfall berücksichtigten. Ein Fahrverbot müsse wehtun, dürfe den Verurteilten aber nicht aus der Bahn werfen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 27. bis 29. Mai: Veröffentlichungsanspruch gegen Facebook? / Streit um Handydaten von Flüchtlingen / Yücel vor EGMR . In: Legal Tribune Online, 29.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23037/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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