Die juristische Presseschau vom 8. Mai 2013: KZ-Wachmann in U-Haft – Ultimatum aus Karlsruhe – Gefängnisstrafe für Lauryn Hill

08.05.2013

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NSU-Verfahren – Prozessauftakt: Die Zeit (Özlem Topçu) schildert den Prozessauftakt im NSU-Verfahren aus der Perspektive der Hinterbliebenen der Opfer des NSU. Deren Wunsch nach Aufklärung und Gerechtigkeit träfe nun auf den deutschen Rechtsstaat in seiner formalen Korrektheit, seiner Umständlichkeit und seiner sachlichen Langsamkeit. Die SZ (Annette Ramelsberger, Tanjev Schultz) befasst sich mit den Reaktionen auf die Verfahrensverzögerung aufgrund der Entscheidung über die Befangenheitsanträge. Für den Nebenklage-Anwalt Sebastian Scharmer dränge sich der Eindruck auf, es gehe dem Gericht mit der langen Unterbrechung darum, mehr Platz im Saal zu schaffen. zeit.de (Tom Sundermann) schildert die praktischen Schwierigkeiten, mit denen die Hinterbliebenen aufgrund der Verzögerung des Prozesses konfrontiert sind.

Annette Ramelsberger (SZ) meint, auch wenn es für die Angehörigen beschwerlich sei, so sei es normal, dass zu Prozessbeginn Befangenheitsanträge gegen Richter gestellt werden, und dass diese sich für das Nachdenken über diese Anträge eine Woche Zeit nehmen.

NSU-Verfahren – mediale Berichterstattung: Laut spiegel.de hat Beate Zschäpes Anwältin Anja Sturm die Kritik am Auftreten ihrer Mandantin zurückgewiesen. Die medialen Beurteilungen Zschäpes "von gelöst-freundlich bis genervt, von eiskalt bis arrogant" seien Projektionen der Berichterstatter, und damit reine Spekulationen. Die FAZ (Karen Krüger) gibt einen Überblick über die Resonanz des Prozessauftakts in der Berichterstattung der türkischen Medien. Auch die FR (Frank Nordhausen, Daniel Haufler) stellt die Einschätzungen türkischer und weiterer internationaler Medien zusammen.

NSU-Verfahren - Regeln für Journalisten: Die FAZ (Karin Truscheit) schildert die Regeln, die für die Medienvertreter beim NSU-Prozess gelten. Verließen diese ihren reservierten Sitzplatz außerhalb der Sitzungspausen, wird er laut Sicherheitsverfügung des Gerichts an wartende Journalisten ohne Reservierung weitergegeben. Gleiches gelte, wenn man sich aus dem Aufenthaltsbereich hinter dem Zuschauerrang entferne, so dass es Journalisten – anders als sonst üblich – kaum möglich sei, in den Verhandlungspausen mit Verfahrensbeteiligten zu sprechen.

NSU-Verfahren – Zschäpes Anwälte: Der Schriftsteller und Jurist Georg M. Oswald geht im Feuilleton der Welt der Frage nach, ob Beate Zschäpe sich ihre Anwälte etwa wegen deren Namen – Stahl, Heer, Sturm – zusammengestellt habe.

BGH zu Bußgeldberechnung in Kartellverfahren: Rechtanwalt Hans Jürgen Meyer-Lindemann bespricht auf der Recht & Steuern-Seite der FAZ ein Urteil des Bundesgerichtshofs, wonach die an einem Zementkartell beteiligten Unternehmen ein Rekordbußgeld von 360 Millionen Euro zahlen müssen. Aufgrund des Urteils werde das Bundeskartellamt seine Berechnungspraxis für Bußgelder fundamental neu ausrichten müssen. So stelle die Begrenzung des Bußgelds auf zehn Prozent des weltweiten Jahresumsatzes eines Unternehmens nur eine absolute Obergrenze in besonders schwerwiegenden Fällen dar. Als eine starre Kappungsgrenze für den Bußgeldrahmen, wie es das Bundeskartellamt angenommen hatte, sei sie dagegen nicht zu verstehen, da sonst keine erschwerenden oder mildernden Umstände mehr berücksichtigt werden könnten.

BGH zur Haftung von Vorständen: "Verschärft der Bundesgerichtshof die Rechtsprechung zur Haftung von Vorständen?", fragt Rechtsanwalt Achim Glade auf der Recht & Steuern-Seite der FAZ. Anlass ist ein jüngeres Urteil des Gerichtshofs, in dem er der Vorinstanz beschieden hatte, die Regeln der persönlichen Haftung von Vorstandsmitgliedern zu lax angewandt zu haben. Bei genauerer Betrachtung habe der Bundesgerichtshof die bisher geltenden Grundsätze aber lediglich präzisiert. Dem "Zeitgeist, alle Schuld beim Vorstand zu suchen", wirke das Urteil damit korrigierend entgegen.

KG Berlin zu Selbstleseverfahren: Das Kammergericht Berlin hat entschieden, dass das Studium von Urkunden im sogenannten Selbstleseverfahren im Strafprozess nicht gebührenerhöhend zu berücksichtigen sei. Rechtsanwalt Hans-Jochem Mayer skizziert auf blog.beck.de die Entscheidung.

LG Potsdam zu Mord in Ludwigsfelde: Das Landgericht Potsdam hat den ehemaligen Bürgermeister von Ludwigsfelde, Heinrich Scholl, wegen Mordes an seiner Ehefrau zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt, wie die FAZ (Mechthild Küpper) berichtet. Während des Prozesses sei das Bild einer entsetzlichen Ehe entstanden, in der Scholl von seiner Frau systematisch gedemütigt worden war. Dagegen befand das Gericht laut SZ (Hans Holzhaider), dass das Opfer zwar bestimmend, aber kein "Hausdrache" gewesen sei. "Es gab keine Zeugen, kein Geständnis, keine Beweise - nur Indizien", so spiegel.de (Julia Jüttner).

LG Berlin zu Vertragsbedingungen von Apple: Das Landgericht Berlin hat nach Meldung von lto.de und der FAZ (Joachim Jahn)  eine Reihe von Vertragsbedingungen des Computerkonzerns Apple Inc. gekippt. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hatte gegen 15 Klauseln geklagt; nachdem sich Apple im Vorfeld verpflichtet hatte, siebend der Klauseln nicht mehr zu verwenden, kippte das Gericht nun die übrigen acht. Dass Apple sich in den Vertragsklauseln etwa vorbehalten habe, Daten wie Name, Anschrift, E-Mail und Telefonnummer von Kontakten ihrer Kunden zu erheben, sei eine ungesetzliche "Einwilligung zulasten Dritter". Apple werde die Entscheidung wohl nicht rechtskräftig werden lassen, vermutet Thomas Stadler (internet-law.de).

LG Stuttgart – Prozess gegen Porsche-Manager: Die Staatsanwaltschaft hat im Prozess gegen den ehemaligen Porsche-Finanzvorstand Holger Härter in ihrem Schlussvortrag eine Bewährungsstrafe von einem Jahr wegen Kreditbetrugs gefordert. Härter wird vorgeworfen, Anfang 2009 bei Verhandlungen mit der Bank BNP Paribas um ein Darlehen zur Finanzierung der VW-Übernahme geschwindelt zu haben. Laut SZ (Max Hägler) wertete die Staatsanwaltschaft bei ihrem Antrag strafmildernd, dass Härter "sozial hervorragend eingegliedert" sei.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 8. Mai 2013: KZ-Wachmann in U-Haft – Ultimatum aus Karlsruhe – Gefängnisstrafe für Lauryn Hill . In: Legal Tribune Online, 08.05.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8689/ (abgerufen am: 29.04.2024 )

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