Die juristische Presseschau vom 30. Juni 2015: Pa­ra­graf 211 StGB n.F. - Ver­gleich für Maschmey­er - Warnung vor Wi­der­rufs­jo­ker

30.06.2015

Recht in der Welt

Schweiz – Carsten Maschmeyer: Eine vom deutschen Investor Carsten Maschmeyer gegen die Schweizer Bank J. Safra Sarasin anhängig gemachte Schadensersatzklage ist durch einen Vergleich beendet worden. Wie die SZ (Klaus Ott) berichtet, hätten sich die Parteien bereits Ende April bei einer sogenannten Instruktionsverhandlung vor dem Bezirksgericht Zürich auf die Zahlung eines unbekannt gebliebenen Betrages geeinigt. Maschmeyer hatte von dem Geldhaus ursprünglich 18 Millionen Euro verlangt und behauptet, die Bank habe ihm verschwiegen, bei ihren Anlagen möglicherweise rechtswidrige Steuersparmodelle zu verwenden.

USA – Homo-Ehe: Das Urteil des US-amerikanischen Supreme Courts zugunsten der gleichgeschlechtlichen Ehe findet weiterhin Aufmerksamkeit. Der Beitrag der SZ (Andreas Zielcke) im Feuilleton des Blattes fasst fünf Grundsätze des Urteils zusammen und bedauert, dass "die Justiz angesichts eines ideologisch gefesselten Gesetzgebers die Kastanien aus dem Feuer holen und die Grundrechte durchsetzen" musste. Ein derartiger Ablauf sei auch in Deutschland zu erwarten.

Maximilian Steinbeis (verfassungsblog.de) stellt in seiner Kolumne die widersprüchlichen "Narrative" der gerichtlichen Mehrheits- und der Minderheitsmeinung gegenüber und arbeitet die in beiden zum Ausdruck kommenden Verfassungsverständnisse heraus.

USA – Todesstrafe: In einer weiteren Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA ist die Verabreichung eines bestimmten Beruhigungsmittels an zum Tode Verurteilte vor deren Hinrichtung als mit der Verfassung vereinbar bezeichnet worden. Wie die FAZ (Andreas Ross) schreibt, hätten die Kläger, Todeskandidaten aus dem Bundesstaat Oklahoma, es nicht vermocht, darzulegen, dass das Mittel ungeeignet sei, Verurteilten Schmerzen zu ersparen. spiegel.de berichtet ebenfalls.

Sonstiges

Widerufsjoker: Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat vor übereilten Anwendungen des sogenannten Widerrufsjokers zur Umwandlung hochzinsiger Immobilienkredite gewarnt. Nach Bericht der FAZ (Joachim Jahn) sei eine solche Berufung auf Formfehler in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zahlreicher Kreditverträge durch Anlegeranwälte popularisiert worden. Ein geplantes Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs entfiel jedoch wegen Rücknahme der Klage, sodass sich widerrufswillige Verbraucher erheblichen finanziellen Risiken ausgesetzt sähen. Dagegen seien nach einer im Handelsblatt (Jens Hagen) wiedergegebenen Einschätzung der Verbraucherzentrale sieben von zehn der von ihr untersuchten Verträge angreifbar. Mögliche Strategien für Kreditnehmer in vorprozessualen Auseinandersetzungen mit Banken stellt ein weiterer Beitrag des Handelsblatts (Reiner Reichel) vor.

In einem Kommentar begrüßt Joachim Jahn (FAZ) die von ihm ausgemachte Entwicklung. Es sei zwar nicht auszuschließen gewesen, dass der Bundesgerichtshof die fraglichen Standardbelehrungen "gekippt" hätte, andererseits wäre eine solche Entscheidung "auch nicht ganz fair". In jedem Fall erscheine es sachgerecht, dass die EU ein "ewiges Widerrufsrecht" zumindest für die Zukunft deckeln wolle.

Grexit: Die FAZ (Phlipp Krohn) berichtet in ihrem Unternehmens-Teil über einen Auftritt des ehemaligen Verfassungsrichters Paul Kirchhof auf einer Diskussionsveranstaltung in Frankfurt/M. Der drohende Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone mache in den Worten Kirchhofs eine Rückkehr zur Rechtstreue nötig. Der Austritt sei zudem auch unter Wahrung der europäischen Verträge möglich, weil die Einigung von Maastricht die Römischen Verträge von 1957 nur unter der Voraussetzung ergänzt hätten, "dass eine Mitgliedschaft keine Zwangsjacke sei".

Datenschützerin: Der Datenschutzaktivistin Rena Tangens ist der von der Deutschen Stiftung Verbraucherschutz vergebene Bundespreis Verbraucherschutz verliehen worden. Sie gelte als Schöpferin des Begriffs "Datenkrake", schreibt zeit.de (Patrick Beuth). Außerdem erwäge sie eine Verfassungsbeschwerde gegen die geplante Vorratsdatenspeicherung. Als Schirmherr der Veranstaltung fungierte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), er musste der Veranstaltung jedoch wegen einer kurzfristigen Verhinderung fernbleiben.

Atombeihilfe: Die EU-Kommission hat in einer jüngst veröffentlichten Entscheidung britische Beihilfen für den Bau eines Atomkraftwerks genehmigt. In einem Gastkommentar für das Handelsblatt sprechen sich Severin Fischer und Oliver Geden, Experten für EU-Energiepolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, gegen eine Beteiligung Deutschlands an einer Klage gegen diese Entscheidung vor dem Europäischen Gerichtshof aus. Denn sprächen hierfür allenfalls symbolische Gründe der prinzipiellen Gegnerschaft zur Atomkraft. Außerdem würde die Kommission in Zukunft "kritischer auf das deutsche EEG blicken".

Das Letzte zum Schluss

Schatzfund: Die Legaldefinition eines Schatzes in § 984 gehört wohl zu den stilistischen Meisterleistungen des Bürgerlichen Gesetzbuches. Wie die SZ (Hans Kratzer) berichtet, könnte die Norm daneben auch in einem in Passau angesiedelten Fall als Anspruchsgrundlage in Frage kommen. Bei Erdarbeiten auf einem Privatgrundstück entdeckte ein Baggerfahrer mehrere Barren Gold, weitere Arbeiten förderten weiteres Gold zutage. Die Sammlung im Wert eines "größeren sechsstelligen Betrags" befindet sich derzeit beim Passauer Fundamt.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/mpi

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 30. Juni 2015: Paragraf 211 StGB n.F. - Vergleich für Maschmeyer - Warnung vor Widerrufsjoker . In: Legal Tribune Online, 30.06.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16031/ (abgerufen am: 29.04.2024 )

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