Die juristische Presseschau vom 30. Juni 2015: Pa­ra­graf 211 StGB n.F. - Ver­gleich für Maschmey­er - Warnung vor Wi­der­rufs­jo­ker

30.06.2015

Die Expertenkommission zur Reform des Mordparagrafen stellt ihre Arbeit vor. Außerdem in der Presseschau: Maschmeyer-Vergleich mit Bank, Supreme Court billigt Hinrichtungen, Widerrufsjoker gegen Kreditverträge und Schatzfund in Passau.

Thema des Tages

Reform des Mordparagrafen: Seit einem guten Jahr arbeitete eine von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) eingesetzte Expertenkommission am Entwurf einer Reform des § 211 Strafgesetzbuch. Nun stellte sie ihre Erkenntnisse vor. Ein großer Wurf blieb aus: Zwar sollen aus der Gesetzesformulierung NS-belastete Terminologie zum sogenannten Tätertypus entfernt werden, an der grundsätzlichen Unterscheidung von Mord und Totschlag und der absoluten Strafdrohung für ersteres Delikt will die Kommission jedoch nichts ändern. Dagegen sollen Richter durch entsprechende gesetzliche Formulierungen die Möglichkeit bekommen, von der zwingenden Verhängung einer lebenslänglichen Strafe in Einzelfällen abzusehen. Die vom Bundesgerichtshof entwickelte Rechtsfolgenlösung bekäme damit Gesetzesrang. Die aktuellen Mordmerkmale sollen beibehalten, z.T. aber ebenfalls neu formuliert werden. Zu den Vorschlägen berichten u.a. SZ (Wolfgang Janisch), Badische Zeitung (Christian Rath), Welt (Thorsten Jungholt) und Tagesspiegel (Jost Müller-Neuhof).

Rechtsprofessor Wolfgang Mitsch liefert für lto.de eine Analyse und hält den gemachten Vorschlägen zugute, dass "für die Lösung der drängendsten Probleme konstruktive Anstöße gegeben" seien.

Ähnlich äußert sich Wolfgang Janisch (SZ) in seinem Kommentar. Mord sei eben "nicht gleich Mord", dies hätten Gerichte schon lange anerkannt. Es sei an "höchste Zeit, dies nun auch ins Gesetz zu schreiben." Dagegen verwundere das Festhalten an Mordmerkmalen, die durch moralische Kategorien geprägt seien. Jost Müller-Neuhof (Tagesspiegel) gibt zu bedenken, dass sich das Thema kaum für politischen "Reputationsgewinn" eigne, weil es "von der prinzipiellen Unmöglichkeit gerechten Strafens" handle. Zwar stellten Gerichte "Verrenkungen" an, um etwa einen Heimtückemord angemessen zu bestrafen, es sei aber "ein Gerücht", dass aufgrund der aktuellen Rechtslage "absurde Urteile" gefällt würden.

Rechtspolitik

Erbschaftsteuer: In einem Gastbeitrag für das Handelsblatt spricht sich Rechtsprofessorin Johanna Hey gegen den aktuellen Gesetzentwurf zur Umsetzung des Erbschaftsteuer-Urteils des Bundesverfassungsgerichts aus. Solange der Gesetzgeber "am Konzept hoher Steuersätze mit partieller Vollverschonung" festhalte und gleichzeitig versuche, den Vorgaben des Gerichts "minimalinvasiv" gerecht zu werden, seien Nachbesserungen nicht hilfreich. Ein diskutiertes Gegenmodell mit massiven Senkungen der bei Vererbung von Familienunternehmen anfallenden Steuern sei zwar überzeugend, politisch aber nicht durchsetzbar. Ein Ausweg sei dagegen die vorübergehende vollständige Abschaffung der Erbschaftsteuer. Auf diese Weise könne der Weg für einen Neuanfang freigemacht werden, so die Direktorin des Instituts für Steuerrecht an der Uni Köln.

Suizidhilfe: Anlässlich der in dieser Woche startenden Bundestagsdebatte zur gesetzlichen Regelung der Suizidhilfe setzt sich die FAZ (Stephan Sahm) kritisch mit Einzelheiten einiger der bisher vorgeschlagenen Entwürfe auseinander. Problematisch sei vor allem, dass den in einer Krisensituation befindlichen Betroffenen durch Ärzte ein "tödliches Angebot" gemacht werden dürfe.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 30. Juni 2015: Paragraf 211 StGB n.F. - Vergleich für Maschmeyer - Warnung vor Widerrufsjoker . In: Legal Tribune Online, 30.06.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16031/ (abgerufen am: 16.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen