Die juristische Presseschau vom 24. November 2016: Kein Asyl für syri­sche Flücht­linge? / Wahl­fach Legal Tech? / Straf­tat­be­stand gegen Scharia-"Polizei"?

24.11.2016

Recht in der Welt

Großbritannien – Mord an Jo Cox: Ein Londoner Strafgericht hat Thomas M. wegen Mordes an der britischen Labour-Abgeordneten Jo Cox zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, melden unter anderem spiegel.de und focus.de. Er hatte die EU-Befürworterin eine Woche vor dem Brexit-Referendum auf offener Straße erschossen und soll aus politischen Gründen gehandelt haben.

Karenzzeit für EU-Kommissare: EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will die Karenzzeit für ehemalige Mitglieder der EU-Kommission auf zwei Jahre erhöhen. In diesem Zeitraum sollen sie dazu verpflichtet sein, der Behörde die Annahme einer neuen Stelle mitzuteilen, so SZ (AM) und spiegel.de.

Kambodscha – Rote Khmer: Ein Sondertribunal zu den Verbrechen der Roten Khmer hat die Berufung zweier Verantwortlicher abgelehnt und damit die lebenslange Haft bestätigt. Der Stellvertreter des Regimeführers Pol Pot und der Staatspräsident der Roten Khmer wurden im August 2014 wegen Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in mehreren Fällen verurteilt, melden zeit.de und FAZ (Till Fähnders).

Ukraine – Maidanopfer: Die SZ (Cathrin Kahlweit) befasst sich mit den Strafverfahren gegen fünf Männer, die unter dem Verdacht stehen, den Tod von 48 Menschen und die Verletzung 80 weiterer Menschen bei dem Maidan-Aufstand 2014 zu verantworten. Vier von ihnen gehörten einer polizeilichen Sondereinheit an, der fünfte arbeitete für einen Sicherheitsdienst. 21 weitere Angeklagte hätten sich, wie auch viele Verdächtige, abgesetzt. Das Swjatoschenskij-Gericht in Kiew ist eines von mehreren, das derzeit die "vielleicht wichtigsten Strafverfahren des Landes" verhandelt.

Juristische Ausbildung

Wahlfach Legal Tech: Wie könnte ein Wahlfach Legal Tech aussehen? Dies veranschaulicht der Promotionsstudent Daniel Mattig in einem juwiss.de-Beitrag. Vorher führt er in die Thematik Legal Tech ein und erläutert, warum Juristen nicht an der "'Revolution' unseres Rechtssystems" vorbeikämen.

Sonstiges

Reichsbürger unter Beobachtung: Wolfgang Janisch (SZ) begrüßt die Entscheidung von Landes- und Bundesverfassungsschutz, Reichsbürger, "Fundamentalisten der Staatsverneinung", zu beobachten. Er schildert allerdings, warum die Heterogenität der Bewegungen und Gruppierungen den Umgang der Behörde mit dem "rechten Rand" erschwere und warnt davor, allzu schnell eine Beobachtung zu veranlassen. Die AfD sei jedenfalls bisher kein Fall für den Verfassungsschutz. In Sachen AfD gelte es, die Verfassung durch öffentlichen Diskurs zu schützen.

Auch Gabriela Keller (taz) befürwortet, dass Reichsbürger nun unter Beobachtung stehen. Die Sorge, dass sich aus diesem Milieu Terrorzellen bildeten, sei berechtigt, nachdem manche den deutschen Staat destabilisieren wollten, um das Deutsche Reich neu entstehen zu lassen. Sie unterstreicht, dass es wichtig wäre, eine Ausstiegshilfe für "weniger gefestigte Anhänger" zu schaffen.

Gekaufte Politikergespräche: Dem Tsp (Jost Müller-Neuhof) liegt das Rechtsgutachten vor, das der Göttinger Rechtswissenschaftler Hans Michael Heinig für die SPD in Sachen bezahlter Politikergespräche erstellt hat. Anlass für das Gutachten war allerdings Kritik der SPD an der Vermarktung von CDU-Politikern im Jahr 2010. Das Gutachten warnt ausdrücklich: "Es verstößt daher per se gegen das Prinzip demokratischer Willensbildung, wenn eine Partei Dritten gegen Bezahlung Rechtsansprüche auf Gespräche mit Abgeordneten und Regierungsmitgliedern einräumt."

"Religionsfreiheit neu denken": In einem Gastbeitrag für die FAZ formuliert der bayerische Justizminister Bausback (CSU) seine Befürchtung, eine zu weite Auslegung der Religionsfreiheit könne eine zu weite Einschränkung anderer Grundrechte bedingen. Anlass dafür sieht er in den verfassungsrechtlichen Fragen rund um Vollverschleierung und politischen Islam. Um die Allgemeinheit vor beeinträchtigender islamischer Religionsausübung zu schützen, rät er, "offene Kommunikation" zum Verfassungsgut zu erklären und ihr in fraglichen Fällen Vorrang zu gewähren.

Interview mit Ex-BND-Chef: Im Interview mit der BerlZ (Markus Decker) spricht der ehemalige Chef des Bundesnachrichtendienstes Gerhard Schindler unter anderem über NSA- und BND-Skandal, Massenüberwachung, Snowden, Sicherheitspolitik und seine Arbeit beim Geheimdienst.

Unternehmensskandale: Fachanwalt für Medienrecht Ansgar Koreng lotet auf lto.de die Möglichkeiten aus, mit denen Unternehmen gegen negative Berichterstattung vorgehen können. Das Presserecht gebe den Juristen "einen gut gefüllten Werkzeugkoffer an die Hand". Koreng kennt jedoch weitere Taktiken, die vor einer rechtlichen Auseinandersetzung ratsam sein können.

Fachleutekommission al-Bakr: Die FAZ (Stefan Locke/Reinhard Müller) erläutert die Besetzung, den bisherigen Stand und mögliche Konsequenzen der Ermittlungen der Fachleutekommission zum Fall al-Bakr. Ihr Auftrag ist es, den Fall al-Bakr von der Fahndung, über die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden und das gesamte Strafverfahren bis zu den Standards der Suizidprävention zu untersuchen. Es zeichne sich bereits ab, dass die Pauschalkritik an den sächsischen Behörden übertrieben war.

Bonirückforderungen: Anlässlich der Rückforderung von Manager-Boni durch die Deutsche Bank beleuchtet die Fachanwältin für Arbeitsrecht Daniela Hangarter auf lto.de die entsprechenden rechtlichen Möglichkeiten. Sie erklärt insbesondere, wie geplante "Claw-Back-Regelungen" bereits gezahlte Boni zurückholen können. Ackermann, Jain und Fitschen werden demnach – so ihre Einschätzung – die ausgezahlten Beträge behalten können.

Das Letzte zum Schluss

Ein Hoch auf die Ehrlichkeit: Wie würden Sie handeln, wenn Sie 30.000 Euro auf Ihrem Weg zu Arbeit fänden? Völlig klar, oder? Sie würden wie sechs Schüler aus Gundelfingen (Nähe Freiburg) das Geld sofort zur Polizei bringen. Die 12- und 13-Jährigen fanden auf ihrem Schulweg bündelweise Bargeld und machten, ohne lange zu überlegen, einen Umweg zur nächsten Polizeistation. Der Beamte hatte nicht nur großes Lob für die Jugendlichen übrig, sondern schrieb ihnen auch eine Entschuldigung – ein Zuspätkommen wegen Ehrlichkeit sollte ihnen ja keinen Ärger mit den Lehrern einbringen, meldet spiegel.de

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/vb

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 24. November 2016: Kein Asyl für syrische Flüchtlinge? / Wahlfach Legal Tech? / Straftatbestand gegen Scharia-"Polizei"? . In: Legal Tribune Online, 24.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21286/ (abgerufen am: 08.05.2024 )

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