Die juristische Presseschau vom 22. bis 24. Oktober 2016: Ceta ohne Bel­gien? / BVerfG bil­ligt Rich­ter­wahlen / Not­wehr gegen Clowns

24.10.2016

Justiz

EuG: verfassungsblog.de dokumentiert die fulminante Abschiedsrede des belgischen Richters am Europäischen Gericht,  Franklin Dehousse. Er schildert seinen zwölfjährigen Kampf gegen Missmanagement und hierarchisches Denken am Gericht. Der Beitrag erschien in englischer Übersetzung.

BVerfG zu Richterwahlen: Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde einer OLG-Richterin abgelehnt, die bei der Wahl von BGH-Richtern im Richterwahlausschuss nicht berücksichtigt worden war. Der Wahlvorgang müsse sich zwar am Prinzip der Bestenauslese orientieren, sei aber nicht gerichtlich überprüfbar, so Karlsruhe. Der Bundesjustizminister müsse dem im Ausschuss gewählten Kandidaten in der Regel zustimmen. Damit haben Konkurrentenklagen künftig kaum noch Chancen. Es berichten taz.de (Christian Rath) und lto.de (Constantin van Lijnden).

BVerfG zu Heimunterricht: Martin Rath (lto.de) beschäftigt sich im lto-Feuilleton mit einem Beschluss des BVerfG aus dem Jahr 2006. Damals wurden die Klagen von christlich-fundamentalistischen Eltern abgelehnt, die ihre Kinder zu Hause unterrichteten und deshalb sanktioniert wurden. Die Aussage des Gerichts, dass es eine Pflicht gebe, "sich einem Dialog mit Andersdenkenden und -gläubigen nicht zu verschließen", gibt dem Autor Anlass zu Überlegungen über die "Bringschuld" und eine Lösung nach den §§ 294 ff BGB.

BVerwG zu Beamten: Das Bundesverwaltungsgericht entschied, dass Beamte keine Klagebefugnis haben, eine Höhergruppierung ihres Dienstposten zu erreichen. Geklagt hatte ein Referatsleiter im BND, der verlangt hatte, dass sein Dienstposten in die Besoldungsgruppe A16 statt A15 eingruppiert werden müsse. Der Anwalt Frank Wieland schildert auf lto.de die Entscheidung.

BGH zu Unschuldsvermutung: rechtslupe.de schildert ein Urteil des Bundesgerichtshofs von Anfang September. Danach waren Fernsehäußerungen eines Kommissars, der von Verdächtigen als "Täter" gesprochen hatte, kein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung. Außerdem sei in solchen Fällen eine Kompensation durch Strafreduzierung unzulässig.

BGH zu Amphetaminen: community.beck.de (Jörn Patzak) weist auf einen BGH-Beschluss vom Juni hin, wonach Amphetamine nicht ohne weiteres als ebenso gefährliche Drogen wie Heroin eingestuft werden können. Der Autor legt dar, welche Amphetamin-Sorte wie gefährlich ist.

BGH - Alkohol: blog.burhoff.de (Detlef Burhoff) schildert den Stand der Kontroverse zwischen den Strafsenaten des BGH in der Frage der Strafrahmenverschiebung bei verschuldeter/unverschuldeter Trunkenheit. Auf eine Anfrage des 3. Strafsenats haben inzwischen der 1., 4. und 5. Strafsenat ihre Position dargelegt. Burhoff geht davon aus, dass am Ende der Große Senat entscheiden müsse.

LG Hamburg zu Gruppenvergewaltigung: Die Publizistin Birgit Kelle kritisiert auf focus.de eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Hamburg, das drei jugendliche Mittäter einer Gruppenvergewaltigung nur zu Bewährungsstrafen verurteilte. Das Problem seien "Richter, die mit grausamen und kriminellen, jugendlichen Tätern umgehen, als hätten sie nur im Supermarkt einen Lutscher geklaut."

LG Mosbach zu Stuhlgangverweigerung: Das Landgericht Mosbach verurteilte zwei Polizisten wegen Körperverletzung im Amt, nachdem ein Bürger bei einer Polizeikontrolle die Kontrolle über seinen Schließmuskel verlor. Der Mann hatte davor gewarnt, doch die Polizisten sahen dies nur als Finte, berichtet bild.de.

LG Bonn - Mord ohne Leiche: Auch die WamS (Gisela Friedrichsen) berichtet nun ausführlich vom Mordprozess gegen den Koch Dirk. D., der seine Frau getötet und dies einer späteren Geliebten gestanden haben soll. Inzwischen wurde auch das Gutachten einer Rechtspsychologin über die Aussagen jener Geliebten (einer Hobby-Detektivin) in das Verfahren eingebracht.

AG Berlin-Neukölln zu Mietpreisbremse: Die Samstags-FAZ meldet, dass das Amtsgericht Anfang September in einem zweiten Fall die Mietpreisbremse angewandt hatte.

Gericht muss Ermittlungsfehler ausputzen: Die FAS (Raquel Erdtmann) schildert einen Prozess an einem namenlosen Gericht. Dort war ein dunkelhäutiger Paketbote wegen Fahrerflucht angeklagt. Der Anklage lag die - nur per E-Mail getätigte - Aussage eines Zeugen zugrunde. Vor Gericht stellte sich heraus, dass der Zeuge einen ganz anderen Paketdienst-LKW gesehen haben muss. Der Postbote wurde zwar freigesprochen, hatte wegen der mangelhaften Sachaufklärung zwischenzeitlich aber seine Arbeit verloren.

ArbGer Hannover zu ärztlichen Nebeneinnahmen: Einem Arzt der Medizinischen Hochschule Hannover war eine Obergrenze von 25.000 Euro für seine Nebeneinnahmen auferlegt worden. Das Arbeitsgericht Hannover hielt dies für rechtmäßig, meldet spiegel.de.

ArbGer Potsdam zu Betriebsrat: Ein Betriebsratsvorsitzender, der während einer Sitzung ein anderes Betriebsratsmitglied mit einem Klappmesser ins Bein sticht, kann vom Unternehmen seines Amtes enthoben werden. Einer Kündigung muss der Betriebsrat nicht zustimmen. Zwei entsprechende Entscheidungen des Landgerichts Potsdam aus diesem Sommer stellt der Anwalt Lars Christian Möller auf dem Handelsblatt-Rechtsboard vor.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 22. bis 24. Oktober 2016: Ceta ohne Belgien? / BVerfG billigt Richterwahlen / Notwehr gegen Clowns . In: Legal Tribune Online, 24.10.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20947/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen