Die juristische Presseschau vom 22. Dezember 2016: Vor­rats­da­ten­spei­che­rung /
Befan­gen­heit­s­an­trag von Zschäpe /
Reli­gion und Ver­fas­

22.12.2016

Justiz

EuGH zu kommunaler Abfallentsorgung: Im Jahre 2001 hatten Stadt und Landkreis Hannover die regionale Abfallentsorgung neu organisiert und hierzu einen hundertprozentigen öffentlich-rechtlichen Zweckverband gegründet. Die Recycling-Firma Remondis sah hierin einen Verstoß gegen das europäische Vergaberecht. Der Europäische Gerichtshof entschied nun, dass die Gründung eines öffentlich-rechtlichen Zweckverbandes und die damit verbundene Umgehung des Vergaberechts rechtmäßig sei. Über die genauen Hintergründe des Rechtsstreits, die europarechtlichen Grundlagen und weshalb das Urteil europarechtskonform ist, informieren die Rechtsanwälte Jakob Stasik und Stephan Schäfer auf lto.de.

BGH – Snowden: Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat die Vollziehung des Beschlusses einer BGH-Ermittlungsrichterin ausgesetzt, bis über die Beschwerde des NSA-Untersuchungsausschusses gegen diesen Beschluss entschieden ist, so lto.de (Marcel Schneider). Die Ermittlungsrichterin hatte zuvor entschieden, dass der NSA-Untersuchungsausschuss nicht nur erneut über die Vernehmung Edward Snowdens abstimmen, sondern dieser auch zustimmen müsse, falls weiterhin mehr als ein Viertel des Ausschusses den Vorschlag unterstütze.

EuGH – Freihandelsabkommen: Die Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof Eleanor Sharpston vertritt in ihrem Schlussantrag die Auffassung, bei dem Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Singapur handele es sich um ein "gemischtes Abkommen". Diese Art von Abkommen wird vom Europäischen Parlament und vom EU-Ministerrat beschlossen und anschließend von allen 28 nationalen Parlamenten ratifiziert. Die EU-Kommission hielt die Europäische Union allerdings für allein zuständig. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs wird für April oder Mai nächsten Jahres erwartet. Es berichten die SZ (Thomas Kirchner) und die taz (Christian Rath). Rechtsprofessor Andreas Fischer-Lescano und der wissenschaftliche Mitarbeiter Johan Horst unterziehen auf lto.de die Auffassung der Generalanwältin einer eingehenderen Analyse, insbesondere im Hinblick auf die Bedeutung für die Freihandelsabkommen TTIP und CETA.

BVerwG – Elbvertiefung: Nach der dreitägigen mündlichen Verhandlung zur Erweiterung der Fahrrinne in der Elbe haben die Richter am Bundesverwaltungsgericht eine Entscheidung für den 9. Februar 2017 angekündigt, wie die SZ (Thomas Hahn) und die FAZ (Carsten Germis) schreiben. Ein ausführlicher Bericht findet sich auch auf taz-nord (Florian Marten).

OLG München – NSU-Prozess: Die fünf Verteidiger von Beate Zschäpe haben einen Befangenheitsantrag gegen das Gericht gestellt, wie die SZ (Annette Rammelsberger), die taz (Konrad Litschko) und die Welt (Gisela Friedrichsen) berichten. Zuvor hatte das Gericht die Anträge der Verteidigung, mit welchen sie dem psychiatrischen Gutachter Henning Saß die fachliche Eignung absprachen und das Gericht verpflichten wollten, einen anderen Gutachter zu beauftragen, zurückgewiesen. Die Verteidigung sah die Begründung des Gerichts, nach der das bevorstehende mündliche Gutachten entscheidend sei, als "abwegig" an und warf dem Gericht vor, die Verteidigung "bewusst zu behindern". Der Gutachter Saß war zu dem Ergebnis gekommen, dass Zschäpe voll schuldfähig sei und hielt auch eine Sicherungsverwahrung für angemessen, so die FAZ (Helene Bubrowski).

LG Bochum – Schienenkartell: Der Prozess, in dem sich zwei frühere Manager von Thyssen-Krupp wegen illegaler Preisabsprachen verantworten mussten, wird gegen Geldzahlung eingestellt, wie das Hbl (Martin Murphy) meldet.

VG Stuttgart – S 21: An diesem Freitag will die Bahn AG beim Verwaltungsgericht Stuttgart ihre Klageschrift gegen Stadt und Land auf Übernahme von Mehrkosten beim Bahnprojekt Stuttgart 21 einreichen. Die FAZ (Rüdiger Soldt) skizziert die Argumentation der Bahn zur "Sprechklausel" der Verträge: "Sprechen kann nach unserer Auffassung nur Bezahlen bedeuten." Schließlich seien Stadt und Land die ursprünglichen Treiber des Projekts gewesen.

VW-Abgasmanipulationen: Die SZ (Markus Balser/Klaus Ott) schildert, wie VW durch Vergleiche mit klagenden VW-Käufern versucht, möglichst lange eine OLG-Entscheidung hinauszuzögern. Falls der BGH erst 2018 den Streit um die Rückgabe manipulierter Fahrzeuge entscheide, seien viele Fälle verjährt. Seit September hätten bundesweit zehn Landgerichte geurteilt, VW müsse die Fahrzeuge zurücknehmen.

GBA – Anschlag in Berlin: Der Generalbundesanwalt hat im Fall des Anschlags auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin einen neuen Tatverdächtigen öffentlich zur Fahndung ausgeschrieben, wie die FAZ (Eckart Lohse/Timo Steppat) und zeit.de (Kai Biermann u.a.) berichten. Der nun verdächtigte Anis Amri war den Sicherheitsbehörden schon als "Gefährder" bekannt. Die SZ (Ronen Steinke u.a.) beleuchtet den Fall des Anis Amri auf Seite 3 eingehend und geht der Frage nach, wie Sicherheitsapparate mit "Gefährdern" umgehen können. 

Im Zusammenhang mit dem Anschlag und der Fahndung porträtiert das Hbl (Alexander Demling) den Generalbundesanwalt Peter Frank.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 22. Dezember 2016: Vorratsdatenspeicherung /
Befangenheitsantrag von Zschäpe /
Religion und Verfas­ . In: Legal Tribune Online, 22.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21567/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

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