Die juristische Presseschau vom 22. Juli 2015: BVerfG kippt Be­treu­ungs­geld – ver­fas­sungs­wid­ri­ge Stimm­zet­tel – at­trak­ti­ve Bou­ti&

22.07.2015

Justiz

ThürVerfGH zu Stimmzetteln: Die Gestaltung der Stimmzettel zur Wahl des 6. Thüringischen Landtags im September 2014 verstieß gegen die Landesverfassung. Nach dem Thüringischen Verfassungsgerichtshof ist es nicht gerechtfertigt, nur die im Landtag vertretenen Parteien in der Reihenfolge des letzten Wahlergebnisses aufzuführen – und alle übrigen Parteien in alphabetischer Reihenfolge, so lto.de. Die Wahl bleibe wegen fehlender Auswirkungen auf das Ergebnis trotzdem gültig.

BGH – Gröning-Revision: Der "Buchhalter von Auschwitz", Oskar Gröning, hat Revision gegen seine Verurteilung durch das Landgericht Lüneburg eingelegt. Sollte der Bundesgerichtshof das Urteil bestätigen, würde das in den Augen von Werner Renz (zeit.de) "endgültig mit einer Rechtspraxis brechen, in der seit Jahrzehnten die Schuld von NS-Verbrechern mit zweierlei Maß gemessen wird."

Auch der BGH-Richter Thomas Fischer nimmt das Urteil als Anlass "zu ein paar Erinnerungen" im Rahmen seiner Rechts-Kolumne auf zeit.de.

"Richter Gründlich": Thomas Schulte-Kellinghaus ist Richter am Oberlandesgericht Karlsruhe und in den Medien besser als "Richter Gründlich" bekannt. Er klagte gegen eine Ermahnung seines Dienstvorstands, die er wegen einer angeblich zu geringen Anzahl erledigter Fälle erhalten hatte. Gegenüber lto.de (Constantin van Lijnden) äußert er sich nun erstmals persönlich zu der Sache.

OLG München – NSU-Prozess: Beate Zschäpe, die Hauptangeklagte im Münchner NSU-Prozess, hat einen erneuten Antrag gestellt, ihren Pflichtverteidiger Wolfgang Heer von seiner Aufgabe zu entbinden. Begründet habe ihr neuer Verteidiger Mathias Grasel den Antrag laut FAZ (Karin Truscheit) damit, dass Heer sich außerhalb der Verhandlung mit dem Vorsitzenden Richter über Zschäpes Aussagebereitschaft unterhalten haben soll. Aus diesem Grund habe es auch einen neuen Antrag zur Sitzordnung gegeben. Auch spiegel.de (Gisela Friedrichsen) berichtet.

Helene Bubrowski (FAZ) hält die Gefahr, dass der Prozess noch platzen könnte, für so groß wie nie zuvor. Das Gericht bewege sich "auf ganz dünnem Eis", wird ein erfahrener Strafverteidiger zitiert. zeit.de (Tom Sundermann) analysiert, dass die Berufung des vierten Pflichtverteidigers Mathias Grasel die Situation nicht beruhigt habe, sondern erst recht habe eskalieren lassen. Annette Ramelsberger (SZ) ist dagegen der Auffassung, dass sich Zschäpe geradewegs selbst entlarvt – als die "hochmanipulative, Strippen ziehende Führungspersönlichkeit", als die sie die Anklage auch darstellt.

LG München – Deutsche-Bank-Prozess: Laut SZ (Stephan Radomsky) nähert sich der Strafprozess gegen fünf ehemalige und amtierende Manager der Deutschen Bank wegen Prozessbetrugs im Zusammenhang mit der Kirch-Pleite "der Kernfrage" – nämlich der nach dem Vorsatz der Angeklagten. Die FAZ meldet, dass der Richter Zweifel am Vorsatz des Angeklagten Fitschen habe.

Das Handelsblatt (Kerstin Leitel) portraitiert den Journalisten Michael Storfner, dessen Interview vor 13 Jahren die Kirch-Prozesse auslöste und der nun als Zeuge vor Gericht aussagte.

LG Berlin – Schleuser-Prozess: Die taz berichtet vom Prozessbeginn gegen einen mutmaßlichen Schleuser syrischer Flüchtlinge vor dem Berliner Landgericht. Er soll als Teil einer internationalen Bande mehr als 300 Menschen von Italien Richtung Norden gebracht haben.

LG Frankfurt/Düsseldorf: Der Insolvenzverwalter des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor, Hans-Gerd Jauch, verklagt die Beratungsunternehmen KPMG und BDO vor den Landgerichten Frankfurt und Düsseldorf auf insgesamt fast 100 Millionen Euro, meldet spiegel.de. Diese hätten die drohende Insolvenz frühzeitig erkennen müssen.

LG Frankfurt – Messe-Streit: Der Streit zwischen dem Ausrichter der Werkzeugbauer-Messe "Euromold", Demat, und der Stadt sowie der Messe Frankfurt eskaliert und wird laut Handelsblatt (Jens Koenen) nun auch das Landgericht beschäftigen: Demat habe nach dem Erwirken einer einstweiligen Verfügung nun auch Klage eingereicht. Hintergrund sei eine Konkurrenz-Messe in Frankfurt, dem früheren Standort der Euromold, die jetzt in Düsseldorf stattfinde.

ArbG Berlin zu sexueller Belästigung: Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz rechtfertigt nicht stets eine fristlose Entlassung. Das hat laut blog.beck.de (Markus Stoffels) das Berliner Arbeitsgericht entschieden.

VG Osnabrück zu AStA-Mandat: In Osnabrück ist ein Jura-Student mit seiner Unterlassungsklage gegen die Studierendenvertretung (AStA) gescheitert. Wie lto.de berichtet, sah das Verwaltungsgericht in der großen Mehrzahl der Fälle keine allgemeinpolitische Betätigung des Gremiums, die der Student untersagt sehen wollte. Bezogen auf wenige Fälle habe das Gericht aber "die orangene Karte" gezeigt. Aufrufe z.B. zu NPD-Gegendemonstrationen seien nicht zulässig.

EuGH zu Patentklagen: Die FAZ beschäftigt sich auf ihrer "Recht und Steuern"-Seite mit dem Patent-Urteil des EuGH im Streit zwischen ZTE und Huawei. Die Rechtsanwälte Oliver Stegmann und Philipp Engelhoven erläutern das Urteil und seine Bedeutung für die Inhaber von Monopol-Patenten.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 22. Juli 2015: BVerfG kippt Betreuungsgeld – verfassungswidrige Stimmzettel – attraktive Bouti& . In: Legal Tribune Online, 22.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16317/ (abgerufen am: 04.05.2024 )

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