Die juristische Presseschau vom 22. Juli 2014: Zschäpe-Verteidiger bleiben – Europäischer Grundrechtsschutz – NPD sucht Recht

22.07.2014

Justiz

EuGH: Mit der wachsenden Bedeutung des Europäischen Gerichtshofs befasst sich die SZ (Wolfgang Janisch) in einem längeren Beitrag. Über die Behandlung klassischer Verbraucherthemen habe sich das Gericht von einem "technokratisch anmutendem Wirtschaftsgericht" zum Hüter der europäischen Grundrechte aufgeschwungen, wie die kürzlich erfolgten Entscheidungen zur Vorratsdatenspeicherung und zu Google belegten. Die durch die EU-Grundrechtecharta von 2009 bewirkte Wandlung werde von nationalen Verfassungsgerichten, etwa dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, kritisch beäugt. Andererseits entwickle sich der europäische Grundrechtsschutz in Europa zu einem "übergreifenden Gemeinschaftsprojekt", bei dem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nach dem Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention ebenfalls beitragen werde.

BVerfG – Erbschaftsteuer: Vor dem Hintergrund des beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahrens zu Ausnahmen von der Erbschaftsteuer bei Unternehmensübertragungen veröffentlicht das Handelsblatt einen Gastbeitrag von Michael Sell, Leiter der Steuerabteilung im Bundesministerium der Finanzen. Das Karlsruher Gericht halte das gegenwärtige Ausmaß an Verschonung von Steuerpflichtigen für bedenklich, gleichwohl sei diesbezüglich allein der Gesetzgeber entscheidungsbefugt. Er könne sich hierbei aber auf konkrete Hinweise des Gerichts in dem anstehenden Urteil einrichten.

BVerfG – NPD: Am heutigen Dienstag verhandelt das Bundesverfassungsgericht zu einer von der NPD erhobenen Organklage gegen Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD), der eine Verletzung ihrer Neutralitätspflicht in einem Wahlkampf-Interview vorgeworfen wird. Nach Darstellung der taz (Christian Rath) könne sich die Ministerin zwar nicht auf das Urteil zu den Äußerungsbefugnissen des Bundespräsidenten berufen, Entscheidungen der Verfassungsgerichtshöfe der Länder Rheinland-Pfalz und Saarland hätten in vergleichbaren Fällen jedoch das Recht von Politikern bekräftigt, vor vermeintlichen oder tatsächlichen Gefahren zu warnen. Die offensichtliche Klagefreude der NPD sei demgegenüber vor allem taktischen Erwägungen geschuldet.

BGH zu Suhrkamp: Nach einer Meldung von fr-online.de hat der Bundesgerichtshof im Gesellschafterstreit beim Suhrkamp-Verlag zwei Beschlüsse des Landgerichts (LG) Berlin aufgehoben, in denen Beschwerden des Minderheitsgesellschafters Hans Barlach gegen den Insolvenzplan des Verlages abgewiesen wurden. Das LG müsse nunmehr umfassend über Zulässigkeit und Begründetheit dieser Beschwerden befinden.

OLG Koblenz zu Spionage: Wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit hat das Oberlandesgericht Koblenz einen Inder zu einer neunmonatigen Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte Informationen über Landsleute und indischstämmige Deutsche gesammelt und an einen Konsulatsmitarbeiter weitergegeben habe, meldet lto.de. Seine Einlassung zu einem Nötigungsnotstand habe demgegenüber nicht belegt werden können.

AG München zu Behandlungskosten: Nach einer Entscheidung des Amtsgerichts München muss ein Autofahrer, der einen angeleinten Hund an einer Tankstelle anfuhr, für einen Großteil der Behandlungskosten des Tieres aufkommen. Wie die SZ (Ekkehard Müller-Jentsch) im Bayern-Teil berichtet, sei der Einwand des Beklagten, die geforderte Summe übersteige den vor Jahren gezahlten Preis für den Vierbeiner um ein Vielfaches, vom Gericht nicht berücksichtigt worden. Zwar gelte bei Tieren eine Obergrenze, jenseits derer Heilungskosten unverhältnismäßig seien, wegen guter Erfolgsaussichten der Heilbehandlung sei diese im Fall jedoch nicht erreicht worden.

Schmerzensgeld: Eine Übersicht zu besonderen Schmerzensgeld-Urteilen bringt focus.de (Sascha-Pascal Schimmel). Neben bizarr anmutenden Entscheidungen aus den USA werden auch Fälle aus Deutschland vorgestellt, so z.B. ein vom Kammergericht Berlin zuerkanntes Schmerzensgeld von 650.000 Euro wegen eines Behandlungsfehlers. Die Diskrepanz der ausgeurteilten Summen erkläre sich mit der Bestrafungsfunktion, die im anglo-amerikanischen Recht auch im Zivilrecht existiere.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 22. Juli 2014: Zschäpe-Verteidiger bleiben – Europäischer Grundrechtsschutz – NPD sucht Recht . In: Legal Tribune Online, 22.07.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12636/ (abgerufen am: 05.05.2024 )

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