Die juristische Presseschau vom 19. bis 21. Juli 2014: Anwälte kassieren ab – NSU-Prozess soll weitergehen – Freispruch für Berlusconi

21.07.2014

Justiz

Strafverfahren gegen US-Agenten? Die Welt am Sonntag (Dirk Banse/Manuel Bewarder und andere) hält es für möglich, dass es zu einem Strafverfahren gegen mutmaßliche US-Agentenführer kommt. Die Spionage-Vorwürfe gegen einen Referenten im Verteidigungsministerium seien "offenbar schwerer als bislang angenommen". Zudem gebe es Hinweise, dass der amerikanische Politologe Andrew M. den Beamten führte. Bundesjustizminister Heiko Maas habe gegenüber der Zeitung betont, sollten sich Beweise für die Spionage ergeben, werde sich "das Ermittlungsverfahren auch auf eventuelle Auftraggeber erstrecken".

EuGH – Nachweis von Homosexualität: Wer wegen seiner Homosexualität verfolgt wird, erhält Asyl - aber wie sich die sexuelle Orientierung nachweisen lässt, ist bisher weitgehend ungeklärt. Nun hat die Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof, Eleanor Sharpston, in einem Vorabentscheidungsverfahren aus den Niederlanden ihre Schlussanträge vorgelegt. Sie erkläre vor allem "was nicht geht", so Maximilian Steinbeis (vefassungsblog.de): ärztliche Gutachten, Foto- oder Videobeweise, pseudo-medizinische Test, die die Reaktion auf Pornos messen und detaillierte Befragungen zu Sexualpraktiken. Es müsse wie bei anderen Asylgründen ausreichen, dass der Antragsteller seine Situation plausibel und widerspruchsfrei darstellt.

EuGH – Diskriminierung von Dicken: Verbietet das EU-Recht die Diskriminierung von übergewichtigen Arbeitnehmern? In einem Vorabentscheidungsverfahren aus Dänemark hat der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof, Niilo Jääskinen, seinen Schlussantrag vorgelegt. Demnach schützt das EU-Recht nicht grundsätzlich dicke Menschen, allerdings könne extreme Fettleibigkeit als Behinderung im Sinne der Richtlinie zur Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf gelten. Den Schlussantrag erläutert der Rechtsprofessor Markus Stoffel auf blog.beck.de.

BGH zu Banken-Provisionen: Der Rechtsanwalt Johannes Pitsch begrüßt auf lto.de das Urteil des Bundesgerichtshofs, wonach Banken über Provisionen aufklären müssen, wenn sie Kapitalanlagen vermitteln. Möglich sei, dass die Gerichte diese Rechtsprechung auch auf freie Anlageberater ausdehnen werden.

OLG Köln – Kohl-Tonbänder: Das Oberlandesgericht Köln will am 1. August entscheiden, ob die 135 Tonbänder mit Gesprächen dem Altkanzler Helmut Kohl oder dem Journalisten Heribert Schwan zustehen. Laut Samstags-SZ (Wolfgang Janisch) werde Kohl die Tonbänder wohl behalten dürfen, wahrscheinlich sei aber eine Revision zum Bundesgerichtshof. In einem Kommentar schreibt Wolfgang Janisch (Samstags-SZ), juristisch sei das zwar korrekt. Angesichts der historischen Bedeutung habe der Richter aber zu Recht angemahnt, die Tonbänder einem Archiv zur Verfügung zu stellen.

OLG München – Zschäpe zu Verteidigern: Laut spiegel.de hat Beate Zschäpe nur eine "knappe, wenig substantiierte" Stellungnahme vorgelegt, aber wohl keine ausreichende Begründung für ein zerrüttetes Verhältnis zu ihren Pflichtverteidigern. Der NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München dürfte damit am Dienstag fortgesetzt werden. Auch die Montags-SZ (Annette Ramelsberger/Tanjev Schultz) geht davon aus, dass Zschäpes Erklärung nicht ausreicht, um ihre Pflichtverteidiger loszuwerden. Außerdem gebe es keine Anzeichen dafür, dass Zschäpe ihr Schweigen brechen wolle.

LG München – Deal mit BayernLB? Die Samstags-SZ (Klaus Ott) schildert, wie ein Deal im Prozess um die BayernLB und die Milliardenverluste mit der österreichischen Hypo Alpe Adria aussehen könnte. Nach dem Willen der Staatsanwaltschaft am Landgericht München, sollten der ehemaligen BayernLB-Vorstandschef, Werner Schmidt, und sein Vize, Rudolf Harnisch, Bewährungsstrafen wegen Bestechung eines ausländischen Amtsträgers akzeptieren, während das Verfahren gegen die übrigen vier Angeklagten eingestellt werden würde. Gespräche sollen im Laufe dieser Woche stattfinden.

LG Regensburg – Gutachter im Mollath-Prozess: spiegel.de (Beate Lakotta) berichtet über den Prozess gegen Gustl Mollath vor dem Landgericht Regensburg. Am Freitag kommentierte der Rechtsmediziner Wolfgang Eisenmenger ein ärztliches Gutachten, das die Verletzungen von Mollaths Ex-Frau schildert.

LAG Frankfurt – Zinsmanipulationen: Wie die Samstag-SZ (Andrea Rexer) berichtet, könnte es in dem Verfahren um die Libor- und Euribor-Zinsmanipulationen bei der Deutschen Bank zu einem Vergleich kommen. Vor dem Landesarbeitsgericht Frankfurt geht es in zweiter Instanz um die Kündigung von vier Mitarbeitern, die offenbar an unzulässigen Absprachen beteiligt waren – sie wehren sich mit dem Argument, die Manipulationen seien von der Bank gefördert worden. Nun soll eine höhere Abfindung den Streit beilegen.

VG Köln – Cannabis-Anbau: Das Verwaltungsgericht Köln soll am Dienstag dieser Woche entscheiden, ob ein Schwerkranker in seiner Wohnung Cannabis für den Eigenbedarf anbauen darf. Der Spiegel (Dietmar Hipp und andere) berichtet über den Fall. Bisher kann das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte zwar eine Genehmigung für den Erwerb von Cannabis erteilen – Hanf aus der Apotheke ist jedoch teuer.

Psychiatrische Gutachten: Im Berliner Gefängnis Tegel hat sich ein Häftling erhängt. Laut einem Bericht des Spiegel (Gisela Friedrichsen) hielt der Anstaltspsychiater Karl Kreutzberg den wegen versuchten Mordes veruteilten Mann für krankhaft psychotisch. Dagegen habe der renommierte Sachverständige Hans-Ludwig Kröber den Täter im Strafverfahren als voll schuldfähig eingeschätzt. Sein Votum komme offenbar selbst am Bundesgerichtshof "einem Dogma" gleich, heißt es dazu kritisch.

Ermittlungen gegen Frauenärzte: Der Frauenarzt Matthias Bloechle kritisiert im Focus die Ermittlungen der Staatsanwaltschaften Augsburg und München gegen mehr als 100 Kollegen, die Patientinnen an eine Kinderwunsch-Klinik in Österreich vermitelt haben sollen – dort werden Methoden angewandt, die in Deutschland verboten sind. Es sei "grotesk", dass es hier keine einheitliche europäische Regelung gebe.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 19. bis 21. Juli 2014: Anwälte kassieren ab – NSU-Prozess soll weitergehen – Freispruch für Berlusconi . In: Legal Tribune Online, 21.07.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12620/ (abgerufen am: 03.05.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen