Die juristische Presseschau vom 3. Mai 2017: Neo­nazi-Pro­zess geplatzt / Sch­le­cker-Pro­ku­rist sagt aus / Neue Ver­fas­sung für Vene­zuela?

03.05.2017

Justiz

LG Stuttgart – Schlecker-Prozess: Im Schlecker-Prozess hat der ehemalige Prokurist des Unternehmens, Reinhold Freudenreich, ausgesagt, berichten SZ (Stefan Mayr) und faz.net. Die Staatsanwaltschaft wirft Anton Schlecker vor, über das nur scheinbar eigenständige Logistik-Unternehmen LDG Gewinne verbucht zu haben, um die Gelder den Gläubigern des bereits insolventen Unternehmens Schlecker vorzuenthalten. Freudenreich erklärte nun, Schlecker habe auch bei der LDG stets das letzte Wort gehabt. Indes habe er bis zuletzt an eine Rettung des Unternehmens Schlecker geglaubt. Martin Buchenau/Andreas Neuhaus (handelsblatt.com) bewerten die Aussage Freudenreichs als Punktsieg für die Verteidigung.

AG Bad Säckingen – Tödliche Irrfahrt: Ein 84-Jähriger muss sich vor dem Amtsgericht Bad Säckingen wegen fahrlässiger Tötung in zwei Fällen verantworten. Der Mann war in ein Café gerast, nachdem er wohl Gas- und Bremspedal verwechselt hatte. Zu Prozessbeginn gestand er die Tat und bat die Hinterbliebenen um Vergebung. Der Fall hatte 2016 eine Debatte über die Einführung von Fahrtests für Senioren entfacht. Es berichten die SZ (Moritz Geier), FAZ und spiegel.de.

OLG München – NSU/Zweites Zschäpe-Gutachten: Am heutigen Mittwoch soll der von Beate Zschäpes Wahlverteidigern Grasel und Borchert beauftragte Psychiater Joachim Bauer vor dem Oberlandesgericht München sein Gutachten über Beate Zschäpe vorstellen. Darin attestierte er der Angeklagten eine abhängige Persönlichkeitsstörung. Tom Sundermann (zeit.de) bezeichnet die Diagnose als "maßgeschneidert", da sie im Einklang mit Zschäpes schriftlichen Erklärungen im Prozess stehe. Indes stimme das Krankheitsbild einer schwachen Persönlichkeit mit einer Vielzahl anderer Zeugenaussagen nicht überein.

StA Essen – Unterlassene Hilfeleistung: Die Staatsanwaltschaft Essen hat Anklage wegen unterlassener Hilfeleistung gegen vier Personen erhoben, die im Herbst 2016 im Vorraum einer Essener Bank an einem zusammengebrochenen Rentner tatenlos vorbeigegangen waren. Die berichtet spiegel.de. Der 82-Jährige war wenig später verstorben. Der Vorfall hatte eine Diskussion über eine Verrohung der Gesellschaft ausgelöst.

BAW – Franco A.: Im Fall des terrorverdächtigen Soldaten Franco A. hat die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen aufgenommen, berichten focus.de, zeit.de und taz (Pascal Beucker). Es bestehe der Verdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat. Zudem werde geprüft, ob A. ein rechtsextremes Unterstützernetzwerk in der Truppe hatte. A. sitzt ebenso wie ein 24-jähriger mutmaßlicher Komplize in Untersuchungshaft.

BGH zu legendierten Polizeikontrollen: Rechtsprofessor Marco Mansdörfer kritisiert auf lto.de die Entscheidung des Bundesgerichtshofes aus der vergangenen Woche, die Ermittlungsergebnisse sogenannter legendierter Polizeikontrollen im Strafprozess verwerten zu dürfen. Derartige Maßnahmen dürften nicht auf das Gefahrenabwehrrecht gestützt werden, da so der strafprozessuale Richtervorbehalt unterlaufen werde. Die vom BGH richterrechtlich aufgestellten Schranken der Verwertbarkeit reichten für den Beschuldigtenschutz nicht aus.

LG Berlin – Böhmermann-T-Shirts: Der Satiriker Jan Böhmermann hat vor dem Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung gegen die Partei "Pro Deutschland" erwirkt, meldet lto.de. Diese hatte in Anspielung auf die sogenannte Böhmermann-Affäre T-Shirts mit dem Bild des Satirikers und dem Spruch: "Der ist lustig. Den töte ich zum Schluss" und einer vermeintlichen "Unterschrift" des türkischen Staatspräsidenten Erdoğan vertrieben. Böhmermann wollte nicht als "Werbegesicht" für die Partei dienen.

BGH zu Anwalts-GmbH: Rechtsanwalt Volker Römermann befasst sich auf lto.de mit einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom März, das die Gesellschafterfähigkeit für eine Anwalts-GmbH auf natürliche Personen und BGB-Gesellschaften beschränkt. Diese Restriktionen seien nicht zeitgemäß, das vom BGH heraufbeschworene Bild eines "Anwaltskonzerns" vielmehr ein Schreckensbild. Ein Vertrauensverhältnis zu Mandanten könne auch dann entstehen, wenn etwa eine Partnerschaft Gesellschafterin der GmbH sei.

BGH zu Preisvergleichsportalen: community.beck.de (Paetrick Sakowski) erläutert ein Urteil des Bundesgerichtshofs von Ende April zu Preisvergleichsportalen. Diese müssten künftig darauf hinweisen, wenn sie für die Aufnahme eines Unternehmens in den Preisvergleich eine Provision erhalten. Das Fehlen eines solchen Hinweises stelle das Verschweigen einer wesentlichen Information nach § 5a II UWG dar.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 3. Mai 2017: Neonazi-Prozess geplatzt / Schlecker-Prokurist sagt aus / Neue Verfassung für Venezuela? . In: Legal Tribune Online, 03.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22806/ (abgerufen am: 03.05.2024 )

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