Die juristische Presseschau vom 22. Februar 2017: Bau­spar­kassen dürfen kün­digen / DRK-Schwes­tern sind Leih­ar­bei­te­rinnen / Erdoğan in Deut­sch­land

22.02.2017

Justiz

EuG zu TTIP-Dokumenten: Das Europäische Gericht hat eine Klage deutscher Bundestagsabgeordneter als unzulässig abgewiesen, mit der diese sich dagegen wehrten, dass ihre Mitarbeiter TTIP-Dokumente nicht einsehen durften. Da die Zugangsregelungen von der Kommission bei einem Mittagessen mit dem amerikanischen Verhandlungspartner besprochen worden seien, fehle es an einem tauglichen Klagegegenstand. Der wissenschaftliche Mitarbeiter Alexander Melzer fasst auf juwiss.de die Entscheidung zusammen und erläutert, warum eine Klage gegen die Bundestagsverwaltung vor dem Verwaltungsgericht erfolgversprechender ist.

BVerwG – Abschiebung von Islamisten: Weil sich der Verdacht auf eine Straftat gegen zwei Islamisten aus Göttingen nicht bestätigt hat, wurde kein Haftbefehl erlassen. Stattdessen hat das Land Niedersachsen die beiden Männer in Abschiebehaft genommen. Es stützt sich dabei zum bundesweit ersten Mal auf § 58a Aufenthaltsgesetz, nach dem zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik auch ohne Vorwarnung die Abschiebung angeordnet werden kann. Einer der Inhaftierten hat inzwischen das Bundesverwaltungsgericht angerufen, das insbesondere darüber entscheiden muss, ob die Abschiebung des Mannes, der seit vielen Jahren in Deutschland lebt, verhältnismäßig ist. Den Fall schildern die FAZ (Reinhard Bingener) und spiegel.de.

OVG NRW zu Asyl für Syrer: Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat nach Meldungen von FAZ (Reiner Burger) und zeit.de (Sasan Abdi-Herrle) entschieden, dass ein Syrer, der in Deutschland Asyl beantragt hat, nur unter den subsidiären Schutz fällt und nicht als Flüchtling anzuerkennen sei. Das ist vor allem für den Familiennachzug relevant, der für Menschen mit subsidiärem Schutzstatus ausgesetzt ist.

VGH Bayern zu Auskunftsanspruch: internet-law.de (Thomas Stadler) weist auf ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hin, demzufolge ein Blog, auf dem Beiträge mit publizistischer Zielrichtung erscheinen, nach dem Rundfunkstaatsvertrag einen Auskunftsanspruch gegen Behörden hat.

VG Köln zu sichergestellten Autos: Weil ein 18-Jähriger immer wieder ohne Führerschein fuhr und auf der Flucht vor der Polizei gefährliche Situationen verursachte, wurden seine beiden Autos sichergestellt. lawblog.de (Udo Vetter) macht auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln aufmerksam, das die Sicherstellung unter Hinweis auf die Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer bestätigt.

BAG zu DRK-Schwestern: Rotkreuz-Schwestern, die in einem von Dritten betriebenen Krankenhaus eingesetzt werden, gelten als Leiharbeiterinnen. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, nachdem der Europäische Gerichtshof eine entsprechende Vorlagefrage beantwortet hatte. Weil damit auch die Befristung auf 18 Monate gilt, hat Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles bereits eine Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes versprochen. Das Urteil und seine Konsequenzen behandeln die FAZ (Marcus Jung), die SZ (Kim Björn Becker) und lto.de.

ArbG Heilbronn – Abgas-Affäre bei Audi: Ein inzwischen gekündigter Audi-Ingenieur hat in einer Gerichtsverhandlung vor dem Arbeitsgericht Heilbronn schwere Vorwürfe gegen Audi-Chef Rupert Stadler erhoben. Die Anwälte von Audi verhinderten die öffentliche Verlesung von Dokumenten, die eine frühzeitige Kenntnis des Vorstandsvorsitzenden von der Schummelsoftware belegen sollen. Das schreiben das Hbl (Jan Keuchel/Markus Fasse) und die SZ (Stefan Mayr).

OLG München – NSU-Prozess: Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl hat im NSU-Prozess überraschend bekannt gegeben, dass eine Abteilungsleiterin der Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim als Zeugin geladen sei. Damit ist er einem Antrag der Verteidiger von Beate Zschäpe zuvorgekommen, die sich von der Vernehmung eine Entlastung ihrer Mandantin versprechen, so spiegel.de (Björn Hengst).

LG Kiel zu aggressivem Landwirt: Das Landgericht Kiel hat einen Landwirt freigesprochen, dem vorgeworfen wurde, mehrere Polizei- und Zivilfahrzeuge demoliert zu haben, als seine Rinder untersucht werden sollten. Das Gericht befand, dass der 53-Jährige im Zustand der Schuldunfähigkeit handelte, ordnete aber die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik an. spiegel.de (Benjamin Schulz) berichtet.

LG Heilbronn – Getötete Seniorin: Die Welt (Gisela Friedrichsen) berichtet vom Prozess gegen einen Asylbewerber, dem vorgeworfen wird, eine Rentnerin erdrosselt und arabische Schriftzeichen hinterlassen zu haben. Während die Staatsanwaltschaft auf Mord plädierte, zweifelte die Verteidigung an einer religiösen Motivation.

Beratungsgeheimnis: In seiner wöchentlich erscheinenden Kolumne auf zeit.de befasst sich Bundesrichter Thomas Fischer diesmal mit dem Beratungsgeheimnis in der Justiz. Er erläutert dessen Inhalt und die Folgen von Verstößen sowie die Auswirkungen für die Aufklärung von Rechtsbeugung. Schließlich spricht sich Fischer für die Möglichkeit von "dissenting opinions" auch in der Fachgerichtsbarkeit aus.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 22. Februar 2017: Bausparkassen dürfen kündigen / DRK-Schwestern sind Leiharbeiterinnen / Erdoğan in Deutschland . In: Legal Tribune Online, 22.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22171/ (abgerufen am: 02.05.2024 )

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