Die juristische Presseschau vom 2. November 2016: Eini­gung zwi­schen Gema und Youtube / Gericht mis­sachtet Mut­ter­schutz / Völ­ker­recht im Cyberwar

02.11.2016

Recht in der Welt

Schweiz – Autoelektronik als Beweismittel: Philipp Müller, der frühere Vorsitzende der schweizerischen FDP, ist von der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau für schuldig befunden worden, beim Autofahren in einen Sekundenschlaf gefallen zu sein und so einen Unfall mit einer 17 Jahre alten Rollerfahrerin verursacht zu haben. Dabei wurden die Aufzeichnungen der im Wagen angebrachten Dash-Cam berücksichtigt, die belegen, dass Müller vorher vom Bordcomputer auf seine Müdigkeit hingewiesen wurde. Laut SZ (Charlotte Theile) werden Aufzeichnungen durch die Autoelektronik in Zukunft immer häufiger die Gerichte beschäftigen, auch wenn es um den Fahrer selbst geht. Die Anschaffung von Überwachungstechnik müsse daher gut überlegt sein, wird ein Rechtsanwalt zitiert.

Großbritannien – Vertragsrecht nach dem Brexit: Der Rechtsanwalt Alexander Niethammer untersucht auf lto.de, welche Auswirkungen der Brexit auf bestehende Verträge mit britischen Unternehmen haben kann. Wenn es keine ausdrückliche Regelung im Vertrag gebe und auch eine ergänzende Vertragsauslegung nicht weiterhilft, käme eine Anwendung der Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht. Wann in Umbruchsituationen von einer Störung der Geschäftsgrundlage auszugehen ist, sei eine Frage des Einzelfalls. Beispiele finden sich in der Rechtsprechung zu den Folgen der deutschen Wiedervereinigung.

Nigeria – Bekenntnis zum IStGH: Nachdem mehrere afrikanische Staaten den Austritt aus dem Rom-Statut zum Internationalen Strafgerichtshof angekündigt haben, hat Nigeria sich zu dem Weltgericht bekannt. Das meldet die taz (Dominic Johnson).

Sonstiges

Cyberwar: Im Gespräch mit der SZ (Andreas Zielcke) erläutert der Völkerrechtler Robin Geiß die Herausforderungen, die sich aus der Kriegsführung im Cyberraum für das Völkerrecht ergeben. Eine Cyberattacke sei in der Regel kein militärischer Angriff und löse daher nicht das Selbstverteidigungsrecht aus. Unklarheiten, Zurechnungsprobleme und Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von zivilen und militärischen Zielen machten neue Regeln erforderlich. Ein Abkommen brauche jedoch Zeit.

Pflichten des VW-Aufsichtsrats: Der emeritierte Rechtsprofessor Marcus Lutter befasst sich in der FAZ mit der Aufarbeitung des VW-Abgasskandals im VW-Konzern. Nach seiner Ansicht ist der VW-Aufsichtsrat verpflichtet, Klagen gegen die Vorstandsmitglieder zu prüfen. Der Vorstand habe offenbar nicht in ausreichendem Maße Aufsicht über die Mitarbeiter des Konzerns geführt. Wenn der Aufsichtsrat nichts unternehme, mache er sich selbst schadensersatzpflichtig und verspiele Anlegervertrauen und Reputation.

Heilung im Umweltrecht: Der Rechtsanwalt Martin Dippel erläutert in der FAZ Heilungsvorschriften im Umweltrecht. Komplexe Planfeststellungsverfahren würden die Fehleranfälligkeit für Großprojekte erhöhen. Um diese dennoch zu retten, habe der Gesetzgeber Heilungsvorschriften geschaffen, die es ermöglichten, die erforderlichen Verfahren fehlerfrei nachzuholen. Daher bliebe das völlige Scheitern von Vorhaben bisher die Ausnahme.

Erbschaftsteuerreform: In einem Gastbeitrag für die FAZ erläutern die Rechtsanwälte Frank Hannes und Christian von Oertzen, wie nach der Erbschaftsteuerreform das sogenannte Erlassmodell bei Bedürftigkeit des Unternehmensnachfolgers bestmöglich genutzt werden kann.

Bankenaufseherin im Interview: Im Interview mit der SZ (Meike Schreiber/Markus Zydra) spricht die Juristin Sabine Lautenschläger über ihre Arbeit als Vizechefin der EZB-Bankenaufsicht, die Gefahr einer neuen Finanzkrise und die Ursachen und Folgen der niedrigen Zinsen.

Fischer zu Lücken und Emcke: In seiner Kolumne auf zeit.de befasst sich Bundesrichter Thomas Fischer dieses Mal unter anderem mit aus seiner Sicht konstruierten Strafbarkeitslücken und tatsächlich bestehenden Vollzugslücken sowie den Texten von Carolin Emcke, denen Fischer kein gutes Zeugnis ausstellt.

"Paragraphen und Prosecco": Tanja Podolski (lto.de) rezensiert den Roman "Paragraphen und Prosecco" der beiden Anwältinnen Janine Achilles und Katharina Mosel. Die Handlungen seien vorhersehbar, dem Schreibstil fehle "jeder Witz und Esprit" und die Darstellung greife "jedes noch so abgedroschene Vorurteil" auf.

Das Letzte zum Schluss

Gescheiterte Bewerbung: Eine 25-Jährige wollte sich bei der Polizei bewerben und fuhr nachts um 3.30 Uhr an der Wache in Göppingen vor. Die Beamten bemerkten eine Alkoholisierung und führten einen Alkoholtest durch. Den Führerschein ist die Frau los. Ob sie an der Bewerbung festhält, ist laut spiegel.de nicht bekannt.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/dw

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 2. November 2016: Einigung zwischen Gema und Youtube / Gericht missachtet Mutterschutz / Völkerrecht im Cyberwar . In: Legal Tribune Online, 02.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21026/ (abgerufen am: 19.05.2024 )

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