Die juristische Presseschau vom 20. November 2015: Unge­schützte Whist­le­b­lower / Nach­ge­machte Pippi / Ver­län­gerter Not­stand

20.11.2015

Recht in der Welt

Frankreich – Krieg gegen IS: Stefan Ulrich (SZ) meint, der französische Staatspräsident Hollande habe den "Islamischen Staat" juristisch falsch als Staat eingeordnet, was dieser angesichts ständiger Gebietsveränderungen nicht sei. Zwar würden im Völkerrecht auch so genannte De-facto-Regime wie Staaten behandelt, Voraussetzung dafür sei aber eine effektive Herrschaft mit Aussicht auf dauerhaftes Bestehen, woran es dem von der Staatengemeinschaft total abgelehnten IS fehle. Artikel 51 der UN-Charta und Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrags passten daher nicht. Frankreich könne sich jedoch auf Artikel 222 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU berufen, woraus sich ergebe, dass EU und Mitgliedstaaten Unterstützung leisten müssten, wenn ein anderer Mitgliedstaat von einem Terrorangriff betroffen sei. In einem HBl-Gastbeitrag beschreibt der Politikwissenschaftler Herfried Münkler wie das Völkerrecht im Kampf gegen Terrorgruppen seine Bindekraft verliert.

Frankreich – Notstand: Wie die taz (Rudolf Balmer) berichtet, hat die französiche Nationalversammlung der Verlängerung des Notstands um drei Monate zugestimmt. Außerdem sprachen sich die Abgeordneten für einen Gesetzentwurf aus, mit dem Sicherheitsgesetze verschärft werden sollen und das aus dem Jahr 1955 stammende Notstandsgesetz modernisiert werden soll. Im Wesentlichen plane die französische Regierung das Notstandsrecht in drei Punkten zu verschärfen. So sollen Personen vorsorglich striktem Hausarrest unterstellt werden können, Durchsuchungen sollen ohne richterliche Anordnung möglich sein und Terrorismus unterstützende oder bewerbende Gruppen sollen aufgelöst werden können. Nach einem Bericht von spiegel.de (Stefan Simons) wappnet sich die französische Regierung zudem gegen Chemie-Anschläge und hat die Herstellung des Gegengifts Atropin verordnet.

Belgien – Verschärfung der Sicherheitsgesetze: Auch Belgien plant eine massive Verschärfung seiner Sicherheitsgesetze. Ein von Premierminister Charles Michel vorgelegter 18-Punkte-Plan sieht vor, dass zurückgekehrte Syrien-Kämpfer künftig im Gefängnis landen und sogenannte Gefährder eine elektronische Fußfessel tragen sollen. Außerdem sollen Reisende in einem Passagierdatensystem registriert und die Internet- und Telefonüberwachung ausgeweitet werden, schreibt die taz (Eric Bonse).

Russland – Resolutionsentwurf: Russland hat in der Nacht auf Donnerstag überraschend einen Resolutionsentwurf zum Umgang mit dem Syrien-Konflikt in den UN-Sicherheitsrat eingebracht und ist damit einem französischen Entwurf zuvor gekommen, berichtet die SZ (Nienhuysen/Wernicke).

Sonstiges

Merkel IV?: Heribert Prantl (SZ) wirft die Frage auf, ob 2017 eine vierte Legislaturperiode mit Bundeskanzlerin Merkel folgen wird. Merkel verstehe es aus dem "Aber" der Kritiker ein "Und" zu machen und damit Widersprüche in der Union zu verkleistern. Ihre Macht sei daher noch lange nicht am Ende.

Klagen gegen VW: Wie das HBl (Jens Hagen/Christian Schnell) berichtet, bereitet die Düsseldorfer Kanzlei Baum, Reiter und Collegen in Partnerschaft mit der Berliner Kanzlei Gansel Rechtsanwälte eine Klagewelle geprellter Aktionäre und betroffener Autobesitzer gegen VW vor und setzt dabei auf juristische Konstruktionen, die für die Mandanten keine Kosten verursachen sollen. Verbraucherfreundliche Sammelverfahren seien in Deutschland jedoch nicht möglich.

Sezessionen: Auf verfassungsblog.de erläutert die Jurastudentin Valeria Nickel unter Bezugnahme auf einen Vortrag des Bundesverfassungsrichters Andreas Paulus vor dem Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages die völkerrechtliche Beurteilung von Sezessionsbestrebungen. Anknüpfungspunkt sei das Selbstbestimmungsrecht der Völker aus Artikel 1 der UN-Charta aus dem sich unter bestimmten Voraussetzungen ein Sezessionsrecht ergeben könne.

Das Letzte zum Schluss

Revolver im Handgepäck: Udo Lindenberg hat sich eine Anklage der Hamburger Staatsanwaltschaft wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz eingehandelt. Beim Durchleuchten seines Handgepäcks auf dem Flughafen der Hansestadt vor einem Jahr war ein Kleinkaliberrevolver entdeckt worden. Seiner Beteuerung: "Alles cool, keine Panik, war 'ne Waffe meines Bodygard-Teams, die beim Security 'ne Peepshow gemacht hat" wurde kein Glauben geschenkt, weiß spiegel.de zu berichten.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/ml

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 20. November 2015: Ungeschützte Whistleblower / Nachgemachte Pippi / Verlängerter Notstand . In: Legal Tribune Online, 20.11.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17605/ (abgerufen am: 29.04.2024 )

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