Die juristische Presseschau vom 17. - 19. Januar 2015: Rauchen nach festen Zeiten – CIA-Folterbericht auf deutsch – keine Demo in Dresden

19.01.2015

Nach einem Grundsatzurteil des BGH sind Raucher auch auf dem eigenen Balkon nicht mehr frei, sich dem Qualmen unbeschränkt zu widmen. Außerdem in der Presseschau: verfassungswidrige Schiedsgerichtsklauseln, Whistleblower in der Schmuddelecke, Atommüll in Brunsbüttel jetzt ohne Genehmigung, Özdemir und die Cannabispflanze, Demonstrationsverbot in Dresden und ein Bankraub, der vielleicht doch Kunst war.

Thema des Tages

BGH zu Balkonrauchen: Der Bundesgerichtshof hat am Freitag entschieden, dass nicht jeder auf seinem Balkon rauchen darf so viel und wann er will. Die Kläger fühlten sich durch die unter ihnen auf dem Balkon rauchenden Nachbarn belästigt. In erster Instanz wies man sie ab, weil den Rauch von 12 bis 20 Zigaretten zu ertragen nicht unzumutbar sei. In zweiter Instanz hieß es, das Rauchen gehöre zum vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung. Der BGH jedoch forderte eine Abwägung der beiderseitigen Interessen und verwies auf das Gebot der Rücksichtnahme, der Mietvertrag regele nur das Verhältnis zum Vermieter. Im Einzelfall könne das Rauchen durchaus das zulässige Maß übersteigen, wenn ein "verständiger durchschnittlicher Mensch" es für eine "wesentliche Beeinträchtigung" halte. Feste Zeiten fürs Rauchen können laut BGH die beiderseitigen Interessen am besten in Einklang bringen. Welche Zeiten das in diesem Fall sein werden, muss nun das Landgericht Potsdam klären. Es berichten unter andem Samstags-FAZ (Helene Bubrowski), Badische Zeitung (Christian Rath), SZ am Wochenende (Wolfgang Janisch), Samstags-Welt (Norbert Schwalb) und Rechtsanwalt Dominik Schüller auf lto.de.

Rechtspolitik

Schiedsgerichtsklausel verfassungswidrig: Laut Bericht der Montags-SZ (Silvia Liebrich) hat der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht Siegfried Broß ein Gutachten zu den Schiedsgerichtsklauseln internationaler Abkommen wie Ceta und TTIP erstellt, welches diese Woche veröffentlicht wird. Danach gebe der Staat mit den Klauseln in einer Weise Souveränität ab, für die es in der Verfassung keine Legitimationsgrundlage gebe. Staatliche Schiedsgerichte hält Broß für eine gangbare Alternative.

Whistleblower: Über die rechtlichen und tatsächliche Situation von Whistleblowern in Unternehmen schreibt die Samstags-FAZ (Helene Bubrowski). Sie stünden in Deutschland bisher noch in der Schmuddelecke und müssten Konsequenzen fürchten. Lediglich etwa 40 Prozent der Unternehmen hätten Whistleblowing-Programme. Die Erkenntnis, dass frühzeitige interne Meldung dem Unternehmen nutze, werde letztlich den derzeitigen Missstand beenden, selbst wenn ein gesetzgeberischer Eingriff weiterhin nicht erfolge.

Der Spiegel (Martin Hesse/Michael Rosenbach) schreibt über die "Whistleblower-Richtlinie" der deutschen Bank, die eine umfassende Meldeverpflichtung unter Sanktionsandrohung statuiert und als zu einseitige Belastung der Mitarbeiter kritisiert wird.

Bekenntnisbeschimpfung: Auch die Samstags-taz (Christian Rath) gibt nun einen Überblick über die Geschichte des § 166 des Strafgesetzbuches – das "Blasphemieverbot", dass den öffentlichen Frieden schützt – und die ihn umgebenden rechtspolitischen Positionen. Markus Günther (FAS) befürwortet eine Abschaffung, ein Blick auf die eigenen Empfindlichkeiten könne jedoch zu freiwilliger Rücksichtnahme motivieren. Auch Heribert Prantl (Montags-SZ) meint, Respekt ließe sich nicht mit Strafnormen durchsetzen. Äußerung von Hass und Hetze würden als Volksverhetzung erfasst. Jürgen Kaube (FAZ) hält es für wichtig zu betonen, dass Menschen Respekt geschuldet ist, nicht aber Religionen oder Ansichten als solchen.

Staat und Religion: Christiane Hoffmann (Der Spiegel) meint, dass eine Weiterentwicklung des Verhältnisses von Staat und Religionen erforderlich sei. Der Islam gehöre zu Deutschland, deshalb müsse das säkulare System einer multikulturellen Gesellschaft angemessen gestaltet werden. Eine Entwicklung hin zum Laizismus entspreche den Deutschen nach ihren Überzeugungen und der historischen Tradition jedoch nicht.

Vorratsdatenspeicherung: Das Bundesverfassungsgericht habe im Urteil zur Vorratsdatenspeicherung Mindestvorgaben gemacht, die besser noch strenger erfüllt werden sollten, meint der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier laut Spiegel. Der Vize-Vorsitzende der FDP Wolfgang Kubicki spricht sich in der Montags-Welt für das Quick-Freeze-Verfahren – Einfrieren von Kommunikationsdaten nach einer Straftat – aus, sowie für mehr Personal bei den Sicherheitsbehörden. Die Welt (Thorsten Jungholt) weist darauf hin, dass im Spannungsfeld der juristischen Ansichten die Politik über "ob, wann und wie" nach ihren Maßstäben entscheiden werde.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 17. - 19. Januar 2015: Rauchen nach festen Zeiten – CIA-Folterbericht auf deutsch – keine Demo in Dresden . In: Legal Tribune Online, 19.01.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14407/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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