Die juristische Presseschau vom 13. Januar 2016: Aus­wei­sung Straf­fäl­liger / EGMR zügelt Über­wa­chung / opt-out bei Coo­kies

13.01.2016

Justiz

EGMR zu Überwachung: Mit zwei Entscheidungen ("Sacharow v. Russland" vor wenigen Wochen und "Szabó v. Ungarn" vom gestrigen Dienstag) äußert sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zu ausufernden Überwachungsrechten des Staates. Klagebefugt sei "buchstäblich jeder", wenn nach dem Gesetz "buchstäblich jeder" überwacht werden könne, schreibt verfassungsblog.de (Maximilian Steinbeis). Ein rechtmäßiges Gesetz bedürfe jedoch eines "individuellen Verdachts" als Anknüpfungspunkt. Außerdem weist der Beitrag auf die Probleme des EGMR hin, wenn seine Urteile – wie etwa von Russland – nur noch nach staatlichem Gutdünken befolgt werden. Auch lto.de schreibt zur gestrigen Entscheidung.

BVerfG – Oppositionsrechte: Was passiert, wenn die Opposition so klein ist, dass sie die Quoren zur Wahrnehmung ihrer Rechte nicht erreicht? In der derzeitigen 18. Wahlperiode – mit einer Opposition von nur etwa 20 Prozent der Mandate – wurde diese Frage praktisch relevant. Die Sonderregelung in § 126a Geschäftsordnung des Bundestages sollte dem Problem begegnen, sie geht der Fraktion Die Linke jedoch nicht weit genug. Ihre Klage verhandelt das Bundesverfassungsgericht am heutigen Mittwoch. Dazu schreibt die Jurastudentin Melina Lehrian auf verfassungsblog.de.

OLG Frankfurt zu Erlaubnis für Cookies: Die nach Unionsrecht erforderliche Erlaubnis des Nutzers, Cookies auf seinem Rechner zu platzieren, darf auch als opt-out-Lösung gefasst sein. Es stehe im Einklang mit dem Bundesdatenschutz- und dem Telemediengesetz, wenn der Nutzer die voreingestellte Erlaubnis wegklicken müsse, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt laut FAZ (Joachim Jahn).

OLG München – NSU-Prozess: Die für den gestrigen Dienstag erwarteten Antworten Beate Zschäpes auf Fragen des Gerichts werden wohl erst nächste Woche kommen. Bis dahin macht das Oberlandesgericht München mit der Befragung des Mitangeklagten Ralf Wohlleben weiter, meldet die taz. zeit.de (Tom Sundermann) befasst sich mit dem wichtigen V-Mann "Tarif", den nun auch das Gericht nicht hören will.

FG Bln-Bbrg zu Reichsbürgern: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat sich geweigert, sich bei der Klage eines sogenannten Reichsbürgers langwierig mit den einzelnen Argumenten auseinander zu setzen. Die Entscheidung für eine weitgehende Unzulässigkeit der Klage begründete es damit, dass es sich um "absurde rechtspolitische Ausführungen" handele, meldet die FAZ (Joachim Jahn).

LG Karlsruhe – Mord ohne Leiche? Vor dem Landgericht Karlsruhe muss sich ein Mann verantworten, dem vorgeworfen wird, seine Frau getötet zu haben, deren Leiche jedoch bisher nicht gefunden wurde. Die SZ (Hans Holzhaider) zeigt an Beispielen auf, dass Verurteilungen ohne Leiche zwar möglich, aber gerade Mordmerkmale schwer nachzuweisen sind.

LG Bonn – Teldafax: Im Strafprozess um den Bankrott von Teldafax wegen Insolvenzverschleppung hat sich die im Ermittlungsverfahren lückenlose Beweiskette der Staatsanwaltschaft vor Gericht nicht aufrecht erhalten lassen. Experten, die seinerzeit noch die Bankrottreife des Unternehmens bescheinigten, blieben nicht bei ihrer Einschätzung. Die Staatsanwaltschaft zeige Zustimmungsbereitschaft zum gerichtlichen Angebot von Bewährungsstrafen, die Angeklagten setzen nun jedoch auf Freispruch, berichtet das Hbl (J. Flaugner/S. Iwersen/V. Votsmeier).

LG München I – Deutsche-Bank Prozess: Im Prozess gegen (ehemalige) Manager der Deutschen Bank wegen versuchten Prozessbetrugs im Schadensersatzstreit um die Kirch-Pleite ist das Urteil erneut verschoben. Aufgrund weiterer Beweisanträge der Staatsanwaltschaft ist das Ende wohl erst Mitte März zu erwarten. Die Ausrichtung des Gerichts nur auf mögliche Unwahrheiten zu dem Zeitungsinterview, mit dem möglicherweise Druck auf Kirch ausgeübt werden sollte, hält die Staatsanwaltschaft für zu eng. Es sei zu klären, ob "wozu auch immer" falsch ausgesagt worden sei, berichtet die SZ (Stephan Radomsky).

ArbG Frankfurt zu Commerzbank: Weil es die New Yorker Bankenaufsicht in der Einigung mit der Commerzbank im Streit um zu laxe Geldwäschekontrollen so verlangte, kündigte die Bank denjenigen Angestellten, die dabei eine zentrale Rolle spielten. Das Arbeitsgericht Frankfurt entschied nun, dass eine echte Druckkündigung vorliege, deren Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt seien, berichtet das HBl (Yasmin Osman).

AG Köln zu illegalem Autorennen: Wegen eines spontan entstandenes Autorennens, bei dem der Fahrgast eines gerammten Taxis getötet und vier Passanten verletzt wurden, verurteilte das Amtsgericht Köln zwei 20-Jährige unter anderem wegen fahrlässiger Tötung nach Jugendstrafrecht zu Bewährungsstrafen. Es habe sich um eine "absolut jugendtypische Tat" gehandelt, zitiert die SZ das Gericht. Die Verurteilten hätten über die Folgen nicht nachgedacht.

StA Halle – Höcke: Die Staatsanwaltschaft Halle hat das Verfahren gegen Björn Höcke wegen dessen Äußerungen zum Reproduktionsverhalten von Afrikanern eingestellt, da kein Anfangsverdacht der Volksverhetzung gegeben sein. Ein Verfahren wegen mutmaßlicher Abrechnung von Scheingehältern für Mitarbeiter sei jedoch noch nicht abgeschlossen, melden FAZ und spiegel.de.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 13. Januar 2016: Ausweisung Straffälliger / EGMR zügelt Überwachung / opt-out bei Cookies . In: Legal Tribune Online, 13.01.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18121/ (abgerufen am: 03.05.2024 )

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