Die juristische Presseschau vom 12. April 2016: Staats­af­färe Böh­m­er­mann / "Mit­ver­ge­wal­ti­gung" / Neues BAMF-Per­sonal

12.04.2016

Auch weiterhin nur wenig zu Lachen für Jan Böhmermann: Präsident Erdogan stellt einen Strafantrag. Außerdem in der Presseschau: Claudia Roth hat in Köln "mittelbar mitvergewaltigt" und das BAMF auf Personalsuche.

Thema des Tages

StA Mainz – Jan Böhmermann: Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat wegen des berüchtigten Schmähgedichts Jan Böhmermanns nun auch einen persönlichen Strafantrag gegen den Satiriker gestellt. Berufen werde sich dabei auf eine Beleidigung nach § 185 Strafgesetzbuch (StGB), schreibt spiegel.de (Hasnain Kazim). Die Staatsanwaltschaft Mainz habe den Vorgang bestätigt und prüfe nun den Antrag. Gleichzeitig werde von Böhmermann eine Unterlassungserklärung gefordert, in der er bekunde, "Verunglimpfungen und Beleidigungen nicht zu wiederholen". Ob nun auch die Bundesregierung ihrerseits die nach § 104a StGB erforderliche Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt, werde nach Aussage von Regierungssprecher Steffen Seibert derzeit geprüft, mit einer Entscheidung sei in einigen Tagen zu rechnen. Hierzu berichtet unter anderem die SZ (Stefan Braun/Hannes Vollmuth). Einen Überblick zu den Entwicklungen liefert der Tsp (Jost Müller-Neuhof u.a.). in Frage-und-Antwort-Form.

Heribert Prantl (SZ, erweiterte Online-Fassung) meint, dass die Bundesregierung "nicht mehr lang herumeiern", sondern der Justiz die ihr obliegende Entscheidung über eine etwaige Strafbarkeit ohne jegliche Beeinfussung überlassen sollte. Auf einem anderen Blatt stehe die gebotene Abschaffung des § 103 StGB. Als "Überrest aus obrigkeitsstaatlichen und monarchischen Zeiten" bestehe für eine schwerer wiegende Beleidigung eines Staatsmanns gegenüber jener "anderer Menschen" im 21. Jahrhundert kein Bedürfnis mehr.

§ 103 StGB und Satire: Analysen zu Historie und Dogmatik des § 103 StGB liefern die taz (Christian Rath) sowie Rechtsprofessor Volker Boehme-Neßler auf lto.de. Privatdozent Alexander Thiele setzt sich auf verfassungsblog.de mit der "verfassungsrechtlichen Dimension der causa Jan Böhmermann" auseinander. Auch die FAZ (Reinhard Müller) leuchtet unter der Bezugnahme auf zahlreiche Beispiele in einem ausführlichen Beitrag den Umfang grundgesetzlich garantierter Meinungs- und Kunstfreiheit und mögliche Begrenzungen aus.

Rechtspolitik

Zukunft der Bundeswehr: Ein vom Bundesverteidigungsministerium erstellter Entwurf eines sicherheitspolitischen Weißbuches zur Zukunft der Bundeswehr fordert nach dem Bericht der SZ (Stefan Braun/Christoph Hickmann), Armeeeinsätze "zur Gefahrenabwehr an der Grenze von innerer und äußerer Sicherheit auf einer klaren Grundlage zu ermöglichen". Neben möglichen Verfassungsänderungen zugunsten eines Bundeswehreinsatzes im Inland sei nach dem Entwurf auch eine Überprüfung der geltenden Regelungen zu Auslandseinsätzen angezeigt. Der nun vorliegende Entwurf werde weiter, zunächst innerhalb der Bundesregierung, diskutiert.

Steuerflucht: Am heutigen Dienstag will die EU-Kommission ihre Pläne zur Bekämpfung von Steuerflucht vorstellen. Die SZ (Cerstin Gammelin/Alexander Mühlauer) beleuchtet deren Inhalt sowie aktuelle Überlegungen aus dem Bundesfinanzministerium zu der Frage.

Ein-Personen-Gesellschaften: Das Hbl (Ruth Berschens u.a.) berichtet zu Plänen einer Einführung sogenannter Societas Unius Personae, "quasi anonymen" Ein-Personen-Gesellschaften. Gegen die Stimme Deutschlands hätten die EU-Justizminister der entsprechenden Richtlinie der EU-Kommission bereits zugestimmt, aktuell liege der Gesetzentwurf beim Europäischen Parlament. Kritiker bemängelten zum Missbrauch einladende, abgesenkte Standards.

Sexistische Werbung: Zur Diskussion über ein Verbot sexistischer Werbung kommentiert Anja Stehle (Hbl), dass Werbung keine Realität schaffe, sondern deren Abbild sei. Dementsprechend müssten "noch existierenden Verirrungen im Geschlechterbild" gesellschaftliche Realitäten entgegengestellt werden. Die Bundesregierung täte gut daran, hierbei – etwa in der Frage gleicher Bezahlung im Beruf – Fakten zu schaffen und im Übrigen auf die selbstregulierenden Kräfte von Markt und Gesellschaft zu vertrauen. Heide Oestreich (taz) behauptet dagegen, dass "Werbung wirkt". Die von ihr geschaffenen Bilder trügen zu Essstörungen und "Mädchen, die meinen, sie hätten keine Daseinsberechtigung, wenn sie Männern nicht gefallen" bei. Gerade diesem jugendschützerischen Anliegen wäre ohne Verbote besser geholfen, der wirtschaftsfinanzierte Werberat aber habe bislang nicht bewiesen, dass er sexistische Werbung problematisiere.

Mietspiegel: Nach Bericht der FAZ (Joachim Jahn) hat Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) seine Pläne zur Reform des Mietrechts leicht entschärft. So solle nach dem der Zeitung vorliegenden Entwurf bei Mietspiegeln die Vertragspreise der jeweils letzten acht und nicht wie bislang geplant zehn Jahre zugrunde gelegt werden. Nach geltendem Recht werden die letzten vier Jahre berücksichtigt.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 12. April 2016: Staatsaffäre Böhmermann / "Mitvergewaltigung" / Neues BAMF-Personal . In: Legal Tribune Online, 12.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18969/ (abgerufen am: 08.05.2024 )

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