Die juristische Presseschau vom 11. Dezember 2014: BVerwG zur Aufenthaltserlaubnis und Sicherungshaft – AG Dresden zu Ramelow - USA und Folter

11.12.2014

Justiz

BGH zu Reiserecht: Der Bundesgerichtshof stärkte in drei Urteilen von vergangenem Dienstag die Rechte von Pauschalreisenden. Das Gericht erachtet einen Betrag von mehr als 20 Prozent der Gesamtkosten der Reise für die Höhe der Anzahlung als in der Regel unangemessen. Das Gleiche gelte für die Höhe der Rücktrittsgebühren, wenn die Stornierung 30 Tage vor Reisebeginn vorgenommen wird. Des Weiteren dürfe der Gesamtpreis frühestens 30 Tage vor Reisebeginn fällig gestellt werden. Über das Urteil und die Hintergründe berichtet der Zivilrechtsprofessor Ernst Führich für lto.de.

VG Köln zu Entzug des Reisepasses: Die Stadt Bonn hat einem Deutschen, der wohl zur Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung nach Syrien ausreisen wollte, den Reisepass entzogen und seinen Personalausweis nur auf Deutschland beschränkt. Das Verwaltungsgericht Köln erklärte diese Maßnahmen am Mittwoch für rechtmäßig. Die Klage des Betroffenen, welcher seinen Pass zurück forderte, wies das Gericht ab. Der Entzug sei legitim, wenn konkrete Tatsachen auf verfassungsfeindliche Aktivitäten hinwiesen. Dies melden die SZ und die taz.

OLG München - NSU: Eine Debatte über das Ausmaß des Prozesses dominierte den gestrigen Verhandlungstag im NSU-Prozess. Ein Anwalt der Nebenklage befragte die Zeugin Antje B. zu der Gruppe "Blood & Honour". Solche "Durchleuchtungsfragen" würden die Beweisaufnahme unzulässig ausweiten, so Zschäpes Verteidiger Wolfgang Stahl. Der Vertreter der Anklage, Bundesanwalt Herbert Diemer, befürchtete gleichfalls ein Ausufern des Verfahrens. Viele Nebenkläger fordern hingegen eine umfassende Aufklärung auch der Neonazi-Szene um den NSU. So sei auch die Organisation "Blood & Honour" zu untersuchen, da sie als Unterstützernetz des Trios fungiert haben soll. Richter Manfred Götzl erklärte die Frage schließlich für zulässig. Er sei wohl nicht für eine enge Definition der Themen des Prozesses, so die SZ (Tanjev Schultz). Auch spiegel.de (Gisela Friedrichsen) und der NSU-Blog der Zeit berichten von dem schleppend voran schreitenden Prozess.

swr.de  (Holger Schmidt) meldet, dass die ersten Zeugenladungen  zum Anschlag in der Keupstraße verfügt wurden. Ab dem 15. Januar werden die Angehörigen und Opfer vor Gericht aussagen. Auch wurden die nächsten Termine für die Verhörung des Ex-V-Manns "Piatto" festgelegt. Die Terminliste ist hier einzusehen.

OLG Hamm - Middelhoff: Das Oberlandesgericht Hamm hob am Mittwoch ein Urteil des  Landgerichts Essen auf, welches die umstrittenen Flüge des früheren Arcandor Chefs Thomas Middelhoff gebilligt hatte. Dieser hatte sich unter anderem zahlreiche Reisen von Aracandor bezahlen lassen. Die Richter werden nun untersuchen, ob gegebenenfalls weitere Flüge Privatreisen gewesen sind. Dies berichtet die SZ (Joachim Jahn), und geht dabei auch auf das Strafverfahren gegen Middelhoff wegen Untreue ein.

AG Dresden - Ramelow: Das Amtsgericht Dresden hat in der vergangenen Woche die Aufhebung der Immunität des neuen Ministerpräsidenten Thüringes Bodo Ramelow (Die Linke) beantragt. Er stehe wegen der Blockade einer Demonstration der "Jungen Landsmannschaft Ostpreußen" im Februar 2010 unter dem Verdacht der Sprengung einer Versammlung. Das Verfahren wurde zunächst im Frühjahr eingestellt. Ramelow hatte jedoch Beschwerde eingelegt. Er hätte seine Rechtsanwaltskosten tragen müssen. Er akzeptiere keinen "Freispruch zweiter Klasse", es müsse möglich sein, Demonstrationen zu besuchen. Ramelow ist ferner der Ansicht, der "Verfolgungsdrang" sei "an Absurdität nicht zu überbieten". Bislang sei nicht klar, ob es eine Hauptverhandlung geben werde. Auch die Einstellung des Verfahrens mit Übernahme der Kosten durch die Justiz sei möglich. Dies berichten Die Welt (Claudia Ehrenstein/Uwe Müller/Miriam Hollstein/Claus Christian Malzahn), die taz (Sebastian Erb) und die SZ (cpm./lock.).

Heribert Prantl (SZ) ist der Ansicht, die Justiz treibe im Fall Ramelow ein "böses Spielchen". Ein solches Vorgehen ließe sich nicht unter dem Begriff "Rechtspflege" subsumieren. Prantl moniert,  Sicherheitsbehörden schikanierten bewusst couragierte Bürger, die Demonstrationen von Neonazis zu verhindern versuchen.

Christian Bommarius (BerlZ) hält das Vorgehen der Justiz für blamabel. In den letzten Monate sei ausreichend Zeit gewesen, um die Aufhebung der Immunität zu verlangen. Stattdessen "ramponiere" die sächsische Justiz ihr Ansehen dadurch, dass sie erst zwei Tage vor der Wahl Ramelows zum Ministerpräsidenten aktiv werde.

LG Braunschweig - Porsche: Vor dem Landgericht Braunschweig wird der Autohersteller Porsche von Finanzinvestoren auf Schadensersatz in Höhe von zwei Milliarden Euro verklagt. Die Anwälte des beklagten Unternehmens warfen der Gegenseite Prozessverschleppung vor. Am Mittwoch wurde erstmals verhandelt, nachdem vor drei Jahren die Klage eingereicht worden war. Dies berichtet die FAZ (Joachim Jahn). Über die Prozesse gegen den Autohersteller schreibt ebenso das Handelsblatt (Christian Schnell).

LG Essen - Achenbach: Die Zeit (Tobias Timm) schildert ausführlich den Fall Achenbach, anlässlich des Beginns des Strafverfahrens am vergangenen Dienstag. Der Kunstsammler Helge Achenbach soll unter anderem den Aldi-Nord-Erben Berthold Albrecht bei Kunst- und Oldtimerkäufen um 22,5 Millionen Euro betrogen haben. Des Weiteren stehe er unter dem Verdacht der Urkundenfälschung und der Untreue.

Stellung des EuGH: Der Europarechtsprofessor und Vizepräsident des Europäischen Gerichtshofs Koen Lenaerts erklärt in einem Interview mit verfassungsblog.de (Hannah Birkenkötter) die Stellung des Europäischen Gerichtshofs. Dabei geht es auch um die Spannungen zwischen Völkerrecht und nationalem Verfassungsrecht. Lenaerts erklärt, dass es sich beim EuGH nicht um ein internationales, sondern um ein internes Gericht des europäischen Verfassungsbundes handele. Er sei gewissermaßen eine Mischung aus oberstem Gericht und Verfassungsgericht, wobei die Funktion als oberstes Gericht deutlich überwiege.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 11. Dezember 2014: BVerwG zur Aufenthaltserlaubnis und Sicherungshaft – AG Dresden zu Ramelow - USA und Folter . In: Legal Tribune Online, 11.12.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14078/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

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