Die juristische Presseschau vom 10. Februar 2015: Vorfahrt für Rettungsfahrzeuge – Prozessbeginn im Fall Franziska – Briefschreiber Bouffier

10.02.2015

Justiz

EGMR zu Akten-Leaks: Die Weitergabe von Inhalten einer Ermittlungsakte an die Presse vor Beginn des gerichtlichen Verfahrens ist nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte als Verstoß gegen Art. 8 Europäische Menschenrechtskonvention, der das Familien- und Privatleben schützt, zu bewerten. Dies meldet Thomas Stadler (internet.law.de).

BVerfG – Bundespolizei: Das Bundesverfassungsgericht verhandelt am heutigen Dienstag über eine Auskunftspflicht der Bundesregierung zu sogenannten Unterstützungseinsätzen der Bundespolizei. Als Klägerin tritt die Bundestags-Fraktion der Linkspartei auf. Sie gebe sich nicht mit den ihr erteilten Antworten, die nur die Anzahl eingesetzter Beamter enthielten, zufrieden, schreibt die taz (Christian Rath).

BGH – Lebensversicherungen: Nach Bericht der Welt verhandelt der Bundesgerichtshof am Mittwoch zur Frage der Rechtmäßigkeit von Berechnungsmethoden der Allianz bei Überschussbeteiligungen an Lebensversicherungen. In der Vorinstanz sei die Klage eines früheren Kunden abgewiesen worden.

LG Ingolstadt – Fall Franziska: Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen wurde vor dem Landgericht Ingolstadt der Prozess wegen dem Vergewaltigung und Ermordung der zwölfjährigen Franziska im Februar 2014 eröffnet. Der Prozessbeginn hatte sich wegen eines tätlichen Angriffs gegen den in Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten verzögert, schreiben FAZ (Karin Truscheit), spiegel.de (Gisela Friedrichsen) und Welt (Jörg Völkerling) in ausführlichen Berichten. Weil nach dem Angriff neue, der Verteidigung bislang unbekannte Aussagen von Mithäftlingen des Angeklagten aufgetaucht seien, wurde der Prozess nach Verlesung der Anklageschrift bis zum 25. Februar unterbrochen.

LG Essen – RWE: Vor dem Landgericht Essen macht der Energieversorger RWE gegenüber dem Land Hessen und dem Bund Schadensersatz von mehreren hundert Millionen Euro wegen der Stilllegung des AKW Biblis geltend. Die hessische CDU-Fraktion präsentierte nach Bericht der SZ (Susanne Höll) nun ein Gutachten des Rechtsprofessors Bernd Grzeszick, nach dem ein Schreiben von Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) an den damaligen RWE-Chef Jürgen Großmann als Rechtsgrundlage der Klageforderung ausscheide. Der Politiker hatte in dem Schreiben aus dem Jahr 2011 bestätigt, dass sein Land gegen ein Wiederanfahren von Biblis vorgehen. Diese Auskunft habe nach den gutachterlichen Feststellungen "informatorisch-politischen Charakter" und sei nicht als verwaltungsrechtliche Verfügung zu verstehen.

LG München I – Deutsche Bank: Gegenwärtig befindet das Landgericht München I über die Zulassung einer Anklage gegen ehemalige und aktuelle Vorstände der Deutschen Bank wegen versuchtem Prozessbetrugs im Zusammenhang der jahrelangen Auseinandersetzung mit den Erben Leo Kirchs. Die SZ (Klaus Ott) fasst die Vorwürfe zusammen und berichtet aus nun bei Gericht eingegangen Schriftsätzen der Verteidiger der Angeschuldigten. Als deren Hauptargument wird dargestellt, dass entgegen den Erkenntnissen des durch Vergleich rechtskräftig abgeschlossenen zivilrechtlichen Verfahrens ein Schadensersatzanspruch Kirchs tatsächlich nicht bestanden habe.

LG Halle zu OB: Vor dem Landgericht Halle ist der Oberbürgermeister der Stadt, Bernd Wiegand (parteilos), vom Vorwurf der Untreue freigesprochen worden. Wie lto.de schreibt, sei die vom Verwaltungsfachmann durchgesetzte übertarifliche Bezahlung neu angeworbener Mitarbeiter nach Auffassung des Gerichts zwar unüblich, aber nicht rechtswidrig gewesen.

LG Bielefeld – Tönnies: Das Landgericht Bielefeld hat Robert Tönnies aufgefordert, die Klage gegen seinen Onkel Clemens Tönnies um Rückgabe geschenkter Firmenanteile des von beiden geleiteten fleischverarbeitenden Unternehmens umfangreicher zu begründen. Dies schreibt die FAZ (Jan Grossarth) in einem ausführlichen Porträt des auf mehreren Geschäftsfeldern umtriebigen Clemens Tönnies.

LG Mannheim – Zinswette: Vor dem Landgericht Mannheim hat die Staatsanwaltschaft zwei Mitarbeiter der Investmentbank JP Morgan wegen Beihilfe zur schweren Untreue angeklagt. Den Bankern wird vorgeworfen, die Stadt Pforzheim beim Verkauf hochriskanter Zinsanlagepapiere unzureichend über Risiken aufgeklärt zu haben, schreibt die FAZ (Henning Peitsmeier). Es sei denkbar, dass das jetzige Verfahren mit jenem in der gleichen Angelegenheit noch nicht eröffneten gegen die damalige Oberbürgermeisterin verbunden wird.

LG Kempten zu Drogenfahnder: Vor dem Landgericht Kempten ist der ehemalige Leiter des örtlichen Rauschgiftdezernats wegen Besitzes von fast zwei Kilo Kokain und der Vergewaltigung seiner Ehefrau zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht ordnete zudem die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ab, berichtet spiegel.de (Julia Jüttner).

VG Minden zu Tötungsverbot: Ein Erlass des nordrhein-westfälischen Umweltministeriums, nach dem die Tötung von männlichen, für die Eier-Erzeugung nutzlosen Küken untersagt wurde, ist nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Minden rechtswidrig. Der nach dem Tierschutzgesetz notwendige vernünftige Grund der Tötung sei nach Ansicht des Gerichts in der wirtschaftlichen Alternativlösung des Verfahrens zu erkennen, schreibt die FAZ (Jan Grossarth).

Pflichtverteidigung: Udo Vetter (lawblog.de) weist auf einen Artikel des Anwalt Adam Ahmed in der Zeitschrift "Strafverteidiger" hin. Der prominente Verteidiger zählt in diesem Probleme auf, die mit der Bestellung einer vom Gericht beauftragten Pflichtverteidigung verbunden seien. Üblicherweise kämen so vor allem wenig konfrontative "Urteilsbegleiter" zum Zug.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 10. Februar 2015: Vorfahrt für Rettungsfahrzeuge – Prozessbeginn im Fall Franziska – Briefschreiber Bouffier . In: Legal Tribune Online, 10.02.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14640/ (abgerufen am: 04.05.2024 )

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