Die juristische Presseschau vom 10. Februar 2015: Vorfahrt für Rettungsfahrzeuge – Prozessbeginn im Fall Franziska – Briefschreiber Bouffier

10.02.2015

Ein Strafbefehl wegen einer verkehrsgefährdenden Einsatzfahrt eines Notarztes wird zurückgezogen. Aufgrund einer Online-Petition? Außerdem in der Presseschau: BVerfG zu Auskunftspflicht der Bundesregierung, Gutachten zu RWE-Forderung, Prozess zum Fall Franziska, Urteil gegen Drogenfahnder und ein Plädoyer für Zurückhaltung gegenüber elektronischen Zahlungsaufforderungen.

Thema des Tages

Einsatzfahrt: In der vergangenen Woche erregte eine Meldung Aufsehen, nach der ein Notarzt wegen Verkehrsgefährdung bei einer Einsatzfahrt zu Führerscheinentzug und Geldstrafe verurteilt wurde. Wie unter anderem SZ (Wolfgang Wittl) im Bayern-Teil, FAZ (Julian Trauthig) und spiegel.de berichten, hat die zuständige Staatsanwaltschaft Ingolstadt nun den beim Amtsgericht Neuburg a. d. Donau erwirkten Strafbefehl zurückgezogen. Die Generalstaatsanwaltschaft München habe mitgeteilt, dass nach nochmaliger Überprüfung des Sachverhalts eine Verurteilung des Arztes wegen der ursprünglich angeklagten Straßenverkehrsgefährdung unwahrscheinlich sei.

Regierungsamtsrat Adolf Rebler erläutert für lto.de die Rechtslage und gibt zu bedenken, dass die verkehrsrechtlichen Sonderrechte für Fahrzeuge im medizinischen Notdienst deren Fahrer nicht von der allgemeinen Rücksichtnahmepflicht entbinden. Gleichwohl mache das für die Tatbestandsmäßigkeit von § 315c Strafgesetzbuch notwendige Bewusstsein eigenen rücksichtslosen Verhaltens eine Verurteilung von Nothelfern unwahrscheinlich.

Liz Collet (jus@publicum.com) mutmaßt, dass bei der jetzigen Entscheidung nicht zuletzt der öffentliche Druck einer zwischenzeitlich gestarteten Online-Petition eine Rolle spielte. Dieser Weg müsse "nachdenklich stimmen." Denn die Urheber der Petition mit über 200.000 Unterstützern hätten sich angemaßt, noch vor der anzuberaumenden Verhandlung "im Vorgriff vor der Justiz" eigenmächtig "Recht zu sprechen." Bei aller Berechtigung von Kritik an Entscheidungen rechtsstaatlicher Organe sei "Social Media nicht dazu da, Justiz zu ersetzen."

Rechtspolitik

Tarifeinheit: Das von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) initiierte Gesetz zur Tarifeinheit greift nach einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages in die kollektive Koalitionsfreiheit nach Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes ein. Die in der bisherigen Entwurfsfassung enthaltenen Begründungen vermögen nach Ansicht der Verfasser diesen Eingriff nicht zu rechtfertigen, schreibt die Welt (Flora Wisdorff).

Anti-Doping-Gesetz: Zu der Kritik von Funktionären des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) an der gegenwärtigen Fassung des Entwurfs zu einem Anti-Doping-Gesetz kommentiert Christoph Becker (FAZ), dass die Politik gut beraten wäre, "DOSB-Ratschläge zur Sache freundlich zu ignorieren." Der Wunsch nach einem vom Steuerzahler finanzierten "Dreiklang von weiter, wie und bisher", der Grundrechte der Sportler nur vordergründig bemühe, lasse die anhaltende Kritik der betroffenen Sportler außer Acht. Nicht zuletzt das von Claudia Pechstein vor dem Oberlandesgericht München angestrengte Verfahren hätte bewiesen, dass Sportler in Streitfällen staatliche und damit unabhängige Gerichte gegenüber den mit Funktionären besetzten Spruchkammern der Sportgerichtsbarkeit bevorzugten.

Psychisch auffällige Häftlinge: Eine Expertenkommission in Baden-Württemberg arbeitet aktuell an Reformvorschlägen zum Umgang mit psychisch auffälligen Häftlingen. Anlass hierfür ist der Hungertod eines in Isolationshaft gehaltenen Häftlings im vorigen Jahr in der JVA Bruchsal. Die taz (Christian Rath) stellt den Fall vor und interviewt in einem weiteren Beitrag den baden-württembergischen Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) zu den diesbezüglichen Ermittlungen und der Notwendigkeit einer "neuen Aufsichtskultur" einschließlich psychiatrischer Betreuung von Häftlingen sowie entsprechender Schulungen für Vollzugsbeamte.

Verdeckte Ermittler: Der Einsatz von verdeckten Ermittlern und V-Leuten bewegt sich nach der in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt von Rechtsprofessor Klaus Volk geäußerten Ansicht "am Rande der Legalität." Gleichwohl sei es "sinnlos", regeln zu wollen, was diese Ermittlungspersonen "maximal" dürften.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 10. Februar 2015: Vorfahrt für Rettungsfahrzeuge – Prozessbeginn im Fall Franziska – Briefschreiber Bouffier . In: Legal Tribune Online, 10.02.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14640/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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