Die juristische Presseschau vom 2. Dezember 2014: Freihandel und Recht – Vergleich zu Heckler & Koch – Alter und Reinigungspflicht

02.12.2014

Die geplanten europäischen Freihandelsabkommen haben einen schlechten Ruf. Zu Recht? Außerdem in der Presseschau: Vergleich zu Heckler & Koch-Kündigungen, wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit von Adblockern, VG Berlin zu straßenrechtlichen Reinigungspflichten, die Krim und das Völkerrecht, Auszeichnungen für Whistleblower und eine teure Spritztour nach Italien.

Thema des Tages

Freihandel: Die Diskussion zu den von der EU geplanten Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) und Kanada (CETA) reißt nicht ab. Speziell Investitionsschutzklauseln, die in Streitfällen Entscheidungen durch Schiedsgerichte vorsehen, stehen in der öffentlichen Kritik.

Juniorprofessor Jörn Griebel anerkennt auf lto.de, dass "NGOs die Schlacht um die öffentliche Meinung" zu den Abkommen gewonnen hätten. Dabei stützten sich mediale Darstellungen allerdings häufig auf "nachweisbare Falschaussagen". So werde übersehen, dass Investoren aktuell nur in etwa 40 Prozent der Schiedsverfahren obsiegten. Auch seien Klagesummen und letztlich zuerkannte Entschädigungen weit geringer als üblicherweise kolportiert. Demgegenüber sei zu hoffen, dass die nun durch die EU-Kommission veranlasste Prüfung eines Abkommens mit Singapur durch den Europäischen Gerichtshof sowie – nach dem Inkrafttreten der aktuell diskutierten Abkommen – die Annahme einer der zahlreich eingelegten Verfassungsbeschwerden durch das Bundesverfassungsgericht diesem Mangel abhelfen und zu einer Versachlichung der Diskussion beitragen werden. Die Vorteile der kritisierten Abkommen sind auch Thema eines Gastbeitrages des emeritierten Rechtsprofessors Klaus J. Hopt für das Handelsblatt. Ein funktionierender Freihandel sei auf "verlässlichen Schutz gegen staatliche Maßnahmen" angewiesen. Internationale Schiedsgerichte könnten diesen bieten.

Die taz widmet dem Thema einen Schwerpunkt mit mehreren Beiträgen. Julia Amberger nennt aktuelle Beispiele von Schiedsgerichtsverfahren, Ulrike Herrmann befragt den sächsischen Landtagsabgeordneten Harald Baumann-Haßke, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen, zu Bedenken gegen Investorenschutz durch Schiedsgerichtsbarkeit und der Position seiner Partei zu den Abkommen.

Ein Kommentar von Ulrike Herrmann (taz) macht schließlich ein Dilemma von Sigmar Gabriel (SPD) aus. Als Regierungsmitglied wolle er "nicht der Störenfried sein", der das Zustandekommen der Abkommen behindere. Als SPD-Vorsitzender aber könne er im Interesse seiner Partei nicht guten Gewissens Schiedsgerichte mitverantworten, die auch bei enttäuschten "legitimen Erwartungen" von Investoren Schadensersatzklagen in einer "Paralleljustiz für Großkonzerne" zuließen.

Rechtspolitik

Burka-Verbot: Aus Anlass des Vorschlages der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Julia Klöckner zu einem Verbot der Vollverschleierung in der Öffentlichkeit stellt bild.de vergleichbare Regelungen im europäischen Ausland und Kopftuch-Regeln nach deutschem Landesrecht vor.

Lobbyismus: Dutzende Mitarbeiter großer deutscher Unternehmen arbeiten als sogenannte Externe vorübergehend in Bundesministerien. Rechtsprofessor Bernd Hartmann hat diese Praxis nun nach Darstellung von spiegel.de (Horand Knaup) in einem Gutachten als verfassungswidrig bezeichnet. Unter anderem werde die durch Verwaltungsvorschriften grundsätzlich bestimmte Höchstdauer derartiger Leiharbeitsverhältnisse regelmäßig überschritten.

Insolvenzanfechtung: Nach Darstellung des Handelsblatts (Melanie Rübartsch) hat der Bundesgerichtshof in den letzten Jahren die Voraussetzungen, unter denen Insolvenzverwalter Zahlungen der von ihnen Betreuten rückwirkend anfechten können, immer weiter ausgedehnt. So sollten schon Raten- oder Stundungsvereinbarungen als Indizien für die Kenntnis der bevorstehenden Zahlungsunfähigkeit und damit eine Vorsatzanfechtung ausreichen. Derweil käme die im Koalitionsvertrag vereinbarte Reform der Insolvenzanfechtung nicht voran.

Funkzellenabfragen: Berliner, deren eingeschaltetes Mobiltelefon in eine Funkzellenabfrage von Ermittlungsbehörden geraten ist, sollen nach einem Beschluss des Abgeordnetenhauses der Hauptstadt künftig nach Abschluss der Ermittlungen per SMS über die Maßnahme informiert werden. Die nachträgliche Information über die Standortermittlung sei grundsätzlich auch nach der bereits geltenden Rechtslage verpflichtend, schreibt die taz-Berlin (Sebastian Heiser). Staatsanwaltschaften gingen bislang jedoch regelmäßig davon aus, dass die Voraussetzung eines Interesses an der Benachrichtigung bei Betroffenen nicht vorliegen würde. Der jetzige Beschluss sehe zudem die Sammlung belastbaren statistischen Materials über Häufigkeit und Nutzen der Ermittlungsmaßnahme vor.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 2. Dezember 2014: Freihandel und Recht – Vergleich zu Heckler & Koch – Alter und Reinigungspflicht . In: Legal Tribune Online, 02.12.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13979/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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