Die juristische Presseschau vom 19. November 2015: Poli­zei­ein­satz gegen S21-Gegner rechts­widrig / BGH ändert Recht­sp­re­chung zu Mie­t­an­pas­sungen / Fehler in der Straf&s

19.11.2015

Frankreich – "Krieg" mit IS? Der Strafrechtler Reinhard Merkel stellt in einem FAZ-Gastbeitrag fest, Hollande attestiere dem IS indirekt, ein Staat zu sein, wenn er ihn als Kriegsgegner ansehe; nach geltendem Völkerrecht könnten nur Staaten Partei eines internationalen, bewaffneten Konflikts sein. Ein "Krieg" könne daher nicht die völkerrechtliche Lösung bieten, um ein militärisches Vorgehen gegen den IS zu legitimieren. Auch das Selbstverteidigungsrecht aus Artikel 51 der UN-Charta könne diese  Legitimationsschwierigkeiten nicht lösen. Merkel betont, Frankreich käme nicht umhin, den UN-Sicherheitsrat anzurufen.

EU/Frankreich – Beistandsfall: verfassungsblog.de (Philip Weyand) befasst sich mit der Frage, ob der europäische Beistandsfall nach Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrags eine "Militarisierung der Europäischen Außenpolitik" bedinge.

Dänemark – Asylrechtsverschärfung: Am heutigen Mittwoch will die dänische Regierung dem Parlament einen Gesetzentwurf zur Verschärfung des Asylrechts vorlegen. Die geplanten Regelungen sollen unter anderem die Polizei dazu befugen, Asylbewerber bei ihrer Einreise zur Identitätsfeststellung "eine kürzere Zeit lang" festzuhalten. Auch sollen private Unternehmen dazu eingesetzt werden können, Asylbewerber zu registrieren und Festgenommene zu überwachen, meldet die FAZ.

Sonstiges

Gefangenengewerkschaft: Die "Gefangenen-Gewerkschaft/Bundesweite Organisation" setzt sich für "soziale Mindeststandards" für arbeitende Gefangene in den Justizvollzugsanstalten ein, so der Sprecher der Gewerkschaft Oliver Rast. lto.de (Tanja Podolski) bietet einen Einblick in die Arbeit der Gewerkschaft und gibt Strafrechtsprofessor Henning Ernst Mueller wieder, der erläutert, welche Umstände einem Erfolg des Vorhabens entgegen stehen könnten.

Terror und Sicherheit: Heribert Prantl (SZ) stellt fest, Polizei und Innenminister können bei der Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit nur die "weniger falsche Entscheidung" treffen – eine insbesondere für Politiker hohe Verantwortung. Er mahnt, Rechtsstaaten "dürfen ihre Besonnenheit nicht aufgeben und ihre Rechtsstaatlichkeit nicht dezimieren". Den Anker der Rechtsstaaten sieht Prantl in der "absoluten Gewissheit darüber, was der innerste, abwägungsfeste, unantastbare Kern des freiheitlichen Rechtsstaats ist, ohne den er seine Substanz verliert".

Reinhard Müller (FAZ) betont im Leitartikel, dass es eine Straftat wäre, eine Veranstaltung angesichts eines drohenden Massenmordes nicht abzusagen – es sei Polizeialltag, wenn sich manche Gefahren später nicht bewahrheiteten. Er führt verschiedene Maßnahmen an, die zur Terrorabwehr beitragen könnten, etwa Grenzschutz, gute Geheimdienstarbeit und polizeiliche wie militärische Spezialkräfte. Besonders gelte es, das Weltbild der Wertegemeinschaft EU hochzuhalten, die die Würde des Menschen, Freiheit (aller Religionen) und Gleichheit garantiere.

Verlust der Staatsangehörigkeit: Angesichts der Stimmen, die sich dafür aussprechen islamistischen Terroristen die deutsche Staatsangehörigkeit zu entziehen, erläutert die FAZ (ahan.) unter welchen Umständen dies zulässig ist.

Haftung für Streiks: Unter welchen Bedingungen müssen Gewerkschaften für durch Streiks entstandene Schäden haften? Mit dieser "äußerst komplexen" Haftungsfrage befasst sich das Hbl (Jens Koenen).

Kritik an Radbruch: Der wissenschaftliche Mitarbeiter Benjamin Lahusen erinnert in einem Gastbeitrag in der Zeit an die Formel vom gesetzlichen Unrecht von Gustav Radbruch. Kritisch befasst er sich mit der Aussage Radbruchs, der Positivismus – Gesetz ist Gesetz – habe "den deutschen Juristenstand wehrlos gemacht gegen Gesetze willkürlichen und verbrecherischen Inhalts". Ein großer Teil der nationalsozialistischen Justiz habe nicht auf geschriebenem Recht basiert.

Das Letzte zum Schluss

Leichtes Spiel für die Polizei: Es ist nicht die beste Idee, Name und Adresse am Tatort zu hinterlassen... Dies hat ein Straßenräuber in Hildesheim feststellen dürfen. Nachdem er einer 81-Jährigen die Handtasche entwendet hatte, wollte er auf seinem Fahrrad flüchten. In der Eile stieß er mit einer Straßenlaterne zusammen, wobei er einen an ihn adressierten Brief verlor. Dieser erleichterte es den Polizeibeamten wohl enorm, den Täter festzunehmen, meldet die SZ.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/vb

(Hinweis für Journalisten)  

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 19. November 2015: Polizeieinsatz gegen S21-Gegner rechtswidrig / BGH ändert Rechtsprechung zu Mietanpassungen / Fehler in der Straf&s . In: Legal Tribune Online, 19.11.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17588/ (abgerufen am: 03.05.2024 )

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