Die juristische Presseschau vom 19. November 2015: Poli­zei­ein­satz gegen S21-Gegner rechts­widrig / BGH ändert Recht­sp­re­chung zu Mie­t­an­pas­sungen / Fehler in der Straf&s

19.11.2015

Der polizeiliche Einsatz von Wasserwerfern gegen Demonstranten am Stuttgarter Schlossgarten am "schwarzen Donnerstag" war rechtswidrig. Außerdem in der Presseschau: BGH ändert Rechtsprechung zu Mietanpassungen und Fehler in der Strafjustiz.

Thema des Tages

VG Stuttgart zu S21-Polizeieinsatz: Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat entschieden, dass der Protest gegen Baumrodungen im Stuttgarter Schlossgarten vom 30. September 2010 von der Versammlungsfreiheit gedeckt war; die Polizei hat in rechtswidriger Weise Platzverweise gegenüber den Klägern ausgesprochen. Daraus ergebe sich auch die Rechtswidrigkeit der Vollstreckungsmaßnahmen – insbesondere des Einsatzes von Wasserwerfern. Das Gericht führte aus, dass einzeln aufgetretene unfriedliche Aktionen von Demonstrationsteilnehmern nicht die Auflösung der Versammlung rechtfertigten. Zudem bestünden erhebliche Zweifel daran, dass der Wasserwerfereinsatz gegenüber den Klägern verhältnismäßig war. Die Parteien können gegen die Entscheidung in Berufung gehen. Dies berichten FAZ (Rüdiger Soldt), taz (Benno Stieber) und zeit.de.

"Schwarzer Donnerstag, und immer noch kein Ende?" Josef Kelnberger (SZ) sieht in dem Urteil eine "Chance zur Versöhnung". Das Land sollte sich bei den Verletzten entschuldigen und ihnen Schadensersatz anbieten. Ruhe werde allerdings um Stuttgart 21 nicht einkehren – Kritiker sehen den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann als "Verräter", da er das Projekt nicht aufhalte. Kelnberger betont allerdings, Kretschmann halte sich lediglich an "Recht und Gesetz und einen Volksentscheid".

Rechtspolitik

Vorratsdatenspeicherung: netzpolitik.org (Anna Biselli) veröffentlicht die Entgegnung der Bundesregierung auf die Stellungnahme der EU-Kommission zur geplanten Vorratsdatenspeicherung. Ausführlich stellt der Beitrag dar, inwieweit das Vorbringen der Regierung (unabsichtlich) Zweifel an der Zulässigkeit der geplanten Regelung eher unterstütze.

Neue Asylrechtsreform: Die Bundesregierung plant in einer weiteren Reform des Asylrechts, beschleunigte Verfahren einzuführen. Diese sollen nicht nur für Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten anwendbar sein, sondern auch für Flüchtlinge, die "falsche, widersprüchliche oder 'offensichtlich unwahrscheinliche' Angaben gemacht, Dokumente zurückgehalten oder ihre Papiere 'mutwillig vernichtet oder beseitigt'" haben. Auch unrechtmäßig Eingereiste sollen von dem Schnellverfahren betroffen sein, meldet zeit.de. Pro Asyl sieht einen "Frontalangriff auf das deutsche Asylrecht".

Außerdem sollen laut dem Gesetzentwurf des Innenministeriums Flüchtlinge, die nur subsidiären Schutz erhalten, sollen erst nach zwei Jahren dazu berechtigt sein, ihre Familien nachzuholen. Die Beschränkung des Nachzugs sei auch für die Eltern minderjähriger Flüchtlinge notwendig, damit Familien keine Anreize dazu erhielten, ihre minderjährigen Kinder alleine auf die Flucht zu schicken, so das Innenministerium laut SZ (Jan Bielicki).

Jan Bielicki (SZ) betont das Recht auf Familie für minderjährige Flüchtlinge. Die meisten Familien ließen ihre Kinder alleine aufbrechen, weil sie davon ausgingen, dass sie in Europa ein besseres Leben als zu Hause erwartet.

EU-Terrorabwehr: Am kommenden Freitag sollen die EU-Innen- und Justizminister auf einem Sondertreffen über weitere Maßnahmen zur Terrorabwehr beraten. Der Fokus liege auf schärferen Kontrollen an den EU-Außengrenzen, der Speicherung von Fluggastdaten sowie besseren Vorkehrungen gegen illegalen Waffenhandel und Terrorismusfinanzierung, so die FAZ (Michael Stabenow). spiegel.de fasst die Pläne der EU-Kommission zusammen, welche unter anderem Handel und Registrierung von Waffen strenger kontrollieren will.

Leiharbeit/Werkverträge: Die taz (Pascal Beucker) fasst die geplanten Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zusammen. Weder Gewerkschaften noch Arbeitgeber begrüßten die Pläne – von Seiten der IG-Metall werde der Gesetzentwurf als "nicht ausreichend" empfunden, wohingegen Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer einen "Angriff auf die moderne, arbeitsteilige Wirtschaft" sieht.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 19. November 2015: Polizeieinsatz gegen S21-Gegner rechtswidrig / BGH ändert Rechtsprechung zu Mietanpassungen / Fehler in der Straf&s . In: Legal Tribune Online, 19.11.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17588/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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