Die juristische Presseschau vom 12.11.2014: EuGH zu Anspruch auf Sozialleistungen – Suizidhilfe – Entwurf zu Anti-Doping-Gesetz

12.11.2014

Justiz

EuGH - Asyl von Soldaten: Im Jahre 2007 desertierte der damals in Bayern stationierte US-Soldat, André Shepherd. Er entging so seinem zweiten Einsatz im Irakkrieg. Er war der Ansicht, der Einsatz der USA im Irak sei völkerrechtswidrig, seine Beteiligung an militärischen Aktionen insofern ein Kriegsverbrechen. Nach seiner Desertion beantragte der Soldat Asyl in Deutschland. Er fürchtete bei seiner Rückkehr in die USA eine Haftstrafe wegen Fahnenflucht. Der Fall liegt dem Europäischen Gerichtshof nach Vorlage durch das Verwaltungsgericht München im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens vor. Am gestrigen Dienstag wurden die diesbezüglichen Argumente der Generalanwältin* Eleanor Sharpston veröffentlicht. Sie ist der Ansicht, dass ein Soldat auch Asyl beantragen können muss, wenn er durch den Militärdienst in Kriegsverbrechen verwickelt werden könnte. Allerdings müsse er entsprechende konsistente und gewichtige Gewissensgründe nachweisen. Sie wies des Weiteren auch auf einige noch zu prüfende Punkte hin. Dies berichten fr-online.de und verfassungsblog.de (Maximilian Steinbeis).

LVerfG Sachsen-Anhalt zu Polizeigesetz: Das Polizeigesetz von Sachsen-Anhalt verstößt in Teilen gegen die Landesverfassung. Dies entschied das Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt am gestrigen Dienstag im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle. Verfassungswidrig sei unter anderem die Norm, welche den Einsatz eines sogenannten "Staatstrojaners" zum Abhören verschlüsselter Telefonate vorsieht. Es sei eine bundesweite Wirkung des Urteils zu erwarten, da einige Regelungen, welche als verfassungswidrig eingestuft wurden, auch in anderen Polizeigesetzen zu finden seien. Dies berichtet die FAZ (lfe) und spiegel.de.

VG Bremen zu Zensusklage: Die Stadt Bremerhaven hatte gegen die durch das Zensusverfahren im Jahr 2011 festgesetzte Einwohnerzahl vor dem Verwaltungsgericht Bremen geklagt. Klagegegner war das Land Bremen. Das VG entschied nun, dass das Verfahren rechtmäßig geführt wurde, insbesondere sei die Qualität ausreichend gesichert worden. Die Stadt muss die Einwohnerzahl akzeptieren. Sie verliert deswegen fast eine halbe Million Euro pro Jahr aus dem kommunalen Finanzausgleich. Sie ist der Ansicht das Verfahren sei nicht verfassungskonform. Mehrere andere Gemeinden hatten ebenso geklagt. Darüber informiert spiegel.de (Björn Schwentker).

LG München II - Urteilsgründe Hoeneß: Der ehemalige Oberstaatsanwalt Walter Grasnick befasst sich für die FAZ mit den Urteilsgründen im Fall Hoeneß. Er führt erhebliche Kritikpunkte an diesem "krassen Fehlurteil" an. So moniert er, die Richter hätten in einem der denkbar schwersten Fälle der Steuerhinterziehung die Strafe unverständlicherweise im unteren Bereich des Strafrahmens angeordnet. Er wirft ihnen vor, sie hätten einen informellen Deal geschlossen – am Gesetz und am Transparenzgebot vorbei. Es handele sich hier also nicht um eine legitime Verständigung im Strafprozess. Grasnick stellt fest, dass derartige Urteile an der Rechtsstaatlichkeit zweifeln lassen.

Urteile zu § 175 StGB: Die SZ (Tobias Dorfer) befasst sich in einem ausführlichen Artikel mit den Urteilen nach dem früheren § 175 StGB und mit der Rehabilitation der Verurteilten. Bis zum Jahre 1994 konnten Männer in bestimmten Fällen bestraft werden, wenn sie mit anderen Männer sexuell interagierten. Viele wurden wegen entsprechender Handlungen verurteilt. Die SZ setzt sich mit der rechtlichen Möglichkeit der Aufhebung solcher Urteile auseinander und stellt diesbezüglich unterschiedliche Ansichten von Juristen dar.

OLG München - NSU: Am gestrigen Dienstag wurde Norbert Wießner, Regierungsoberrat a.D. beim Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz, zum dritten Mal im NSU-Prozess als Zeuge vernommen. Er war Quellenführer des V-Mannes Tino Brandt. spiegel.de (Gisela Friedrichsen) schildert die Erkenntnisse aus der Vernehmung. So wird ausgeführt, dass das Landesamt für Verfassungsschutz im Jahre 1999 durch den besagten V-Mann verdächtige Informationen über Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe erhielt, dahingehende weitere Ermittlungen jedoch ausblieben. Wießner begründete dies damit, dass er die Mitglieder des Trios für Kleinkriminelle hielt und "man nicht zu viel Engagement" habe zeigen können. Unklar sei dabei allerdings, ob er mit "man" den V-Mann oder den Verfassungsschutz meint. spiegel.de resümiert, dass man sich bei besagten Ermittlungen wohl Mühe gegeben, aber versagt hätte.

LG Düsseldorf – Achenbach: Am gestrigen Dienstag begann der Zivilprozess gegen Helge Achenbach vor dem Düsseldorfer Landgericht. Die Erben des Aldi-Gründers Theo Albrecht verlangen von dem Beklagten 20 Millionen Euro Schadensersatz wegen verschiedener Geschäfte mit Kunstwerken und Oldtimern. Das Gericht äußerte erhebliche Zweifel an der zu seiner Entlastung vorgebrachten Darstellung Achenbachs. Den Verfahrensbeginn schildert das Handelsblatt (Jan Keuchel/Nena Schink).

VG Hannover - Eilantrag Hooligankundgebung: Am kommenden Samstag wollen Hooligans in Hannover eine Anti-Islamismus-Demonstration veranstalten. Wegen der Ausschreitungen bei einer vorherigen wohl entsprechenden Veranstaltung in Köln hat die Polizei die geplante Kundgebung verboten. Gegen dieses Verbot gehen die Organisatoren nun mit einem Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht Hannover vor. Die Antragsteller halten das Verbot für unverhältnismäßig. Dies meldet spiegel.de.

* Geändert am 13. 11., 18.36 Uhr. Zuvor stand hier "einflussreiche Gutachterin".

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 12.11.2014: EuGH zu Anspruch auf Sozialleistungen – Suizidhilfe – Entwurf zu Anti-Doping-Gesetz . In: Legal Tribune Online, 12.11.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13772/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen