Die juristische Presseschau vom 30. April 2015: EuGH zu Blutspendeverbot für Schwule – BGH gegen Mietminderung wegen Lärm – Fischers Kolumne in der Kritik

30.04.2015

Justiz

BGH zu Bolzplatzlärm: Mieter dürfen nicht ohne Weiteres ihre Miete mindern, weil sie sich von dem Lärm eines angrenzenden Bolzplatzes gestört fühlen. Der Bundesgerichtshof hob mit seiner Entscheidung vom gestrigen Mittwoch das Urteil des Landgerichts Hamburg auf, welches hier einen Anspruch auf Mietminderung bejaht hatte. Mieter hätten nur dann das Recht, die Miete zu mindern, wenn sie ausdrücklich ein Verschlechterungsverbot mit dem Vermieter vereinbart haben oder dieser selbst in der Lage sei, rechtlich gegen den Lärm vorzugehen – hier könnte der Vermieter allerdings wegen des gesetzlichen Toleranzgebots für Kinderlärm kein Abwehrrecht haben. Dem LG obliege nun die Feststellung, ob tatsächlich Kinder oder vielmehr Jugendliche außerhalb der offiziellen Zeiten für die Geräuschbelästigung im vorliegenden Fall sorgten. Die SZ (Wolfgang Janisch) und der Tagesspiegel (Ursula Knapp) befassen sich mit dem Grundsatzurteil.

Wolfgang Janisch (SZ) hält es zwar für konsequent, dass Kinderlärm auch als Mieter geduldet werden muss, moniert jedoch, das Urteil sei insofern problematisch, als dass für langjährige Mieter die "Chancen, die Miete mit Hilfe der Gericht zu drücken" stagnierten.

BGH zu AGB des KfZ-Gewerbes: "Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln verjähren in einem Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstandes an den Kunden." Diese AGB-Klausel des Zentralverbands des KfZ-Gewerbes kippte der Bundesgerichtshof am gestrigen Mittwoch. Der Zivilrechtsprofessor Christian Wolf und der wissenschaftliche Mitarbeiter Tim Brockmann erläutern auf lto.de die Entscheidung und verschaffen einen Überblick über das relevante AGB-Recht.

OLG München zu Islamismus-Prozess: Das Oberlandesgericht München verurteilte am gestrigen Mittwoch einen 21-Jährigen zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten wegen der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung und der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat. Der Verurteilte hatte sich, so der 7. Strafsenat, der Nusra-Front in Syrien angeschlossen und sei zur Tötung von Menschen bereit gewesen. Die FAZ (Albert Schäffer) gibt auch einen kurzen Einblick in den Verlauf der Radikalisierung und der militärischen Ausbildung des Heranwachsenden.

EuGH – OMT-Verfahren: Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs im Verfahren um das sogenannte OMT-Programm ist am 16. Juni zu erwarten, meldet die FAZ (Joachim Jahn). Das Bundesverfassungsgericht hatte dem EuGH den Fall über den Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB zur Vorabentscheidung vorgelegt.

BVerfG – Richterbesoldung: Am kommenden Dienstag soll das Bundesverfassungsgericht sein Urteil über die Angemessenheit der Richterbesoldung verkünden. Es sei zu erwarten, dass sich die Karlsruher Richter an der Entscheidung zur W2-Professorenbesoldung orientieren, schreibt die FAZ (Reinhard Müller) und erklärt, warum der zweite Senat diese für verfassungswidrig hielt.

OLG München – NSU-Prozess: spiegel.de (Gisela Friedrichsen) informiert über den gestrigen Verhandlungstag im NSU-Prozess und über einen "der raren Zeugen im NSU-Prozess, die nicht versuchen, das Gericht mit dreistem Verhalten und frechen Antworten zu provozieren". Der Zeuge kannte das Trio, beschrieb die unterschiedlichen Charaktere, eine gemeinsam begangene Straftat und die Radikalisierung der Gruppe.

spiegel.de (Julia Jüttner/Björn Hengst) geht jetzt auch auf das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Norbert Nedopil zu Beate Zschäpe ein. Demnach leide die Angeklagte zunehmend unter der "Schweigestrategie" ihrer Verteidiger und an einer "Chronischen Belastungsreaktion". Auch die SZ (Annette Ramelsberger) greift jetzt Nedopils Gutachten auf.

LG Essen – Thomas Middelhoff: Nach Zahlung der Kaution von 895.000 Euro wurde Thomas Middelhoff aus der Untersuchungshaft entlassen. Er befand sich fünf Monate in Haft, da die zuständigen Richter des Landgerichts Essen von Fluchtgefahr ausgegangen waren. Unbekannt sei, wer die Kaution aufbrachte. Dies meldet die FAZ (Joachim Jahn) und gibt kurz die wichtigsten Informationen um das Verfahren wieder.

LG Göttingen – Transplantationsskandal: Im Fall des ehemaligen Chefarztes, welcher Daten seiner Patienten manipuliert und so eine zeitnahe Transplantation ermöglicht haben soll, plädierte die Verteidigung nun auf Freispruch – es gebe keine Beweise für eine "aktive oder passive Beteiligung" des Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft hatte acht Jahre Haft und ein Berufsverbot gefordert, so die FAZ (Andreas Nefzger).

LG Lüneburg – Auschwitz-Prozess: Die SZ (Karin Steinberger) hat die Zeugen im derzeitigen Auschwitz-Prozess besucht und schildert in einer Seite-Drei-Reportage die Erfahrungen der Opfer in Auschwitz und ihre Eindrücke von Prozess und Angeklagtem. Der Beitrag geht dabei auch auf die Rolle Oskar Grönings und dessen Aussagen ein und betont die Bedeutung des Verfahrens. Auch die FAZ (Alexander Haneke) berichtet von dem Verfahren – am gestrigen Verhandlungstag vor dem Landgericht Lüneburg sagte erstmals eine Nachgeborene von Überlebenden des Holocausts aus. Zudem äußerten sich auch Historiker als Sachverständige zu den Abläufen und Strukturen in Auschwitz und nahmen Stellung zu den Angaben Grönings.

Hanns Feigen im Porträt: Der Strafverteidiger von Jürgen Fitschen, Hanns Feigen, wird im Handelsblatt (Jan Keuchel/Kerstin Leitel/Christian Wermke) in der Rubrik "die Persönlichkeit der Woche" porträtiert – nicht ohne Bezug zum derzeitigen Deutsche-Bank-Verfahren und mit kleinen Einblicken in sein Privatleben. Der "selbstbewusste Ruhrpottler mit der bulligen Statur" hegt "massive Zweifel" an der Objektivität der Staatsanwaltschaft und nimmt "die Rolle des forschen Angreifers" ein. Zu Feigens bisherigen Mandanten zählen unter anderem Uli Hoeneß und Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 30. April 2015: EuGH zu Blutspendeverbot für Schwule – BGH gegen Mietminderung wegen Lärm – Fischers Kolumne in der Kritik . In: Legal Tribune Online, 30.04.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15400/ (abgerufen am: 03.05.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen