Die juristische Presseschau vom 24. April 2015: EGMR erlaubt Justizkritik – Prozessbeginn im Fall Tuğçe – BND-Eklat

24.04.2015

Recht in der Welt

EuGH zu Führerscheinentzug: Der Europäische Gerichtshof entschied am gestrigen Donnerstag, dass EU-Länder beim Führerscheinentzug auch bei Ausländern strengere Standards anwenden dürfen. Im vorliegenden Fall war eine Österreicherin mit THC im Blut in Deutschland kontrolliert und als gelegentliche Cannabis-Konsumentin identifiziert worden. Daraufhin verboten ihr die deutschen Behörden das Führen eines Fahrzeugs in Deutschland – in Österreich hätte sie wohl noch fahren dürfen. Der EuGH bestätigte nun diese Entscheidung mit der Begründung "im Dienste der Sicherheit im Straßenverkehr" dürften die Staaten auch strengere Regelungen anwenden – die Maßnahmen müssten allerdings insbesondere verhältnismäßig sein, erklärt die SZ (Wolfgang Janisch).

USA – Sammlung von Telefondaten: Im US-Senat hat der Republikaner Mitch McConnell einen Gesetzentwurf vorgelegt, demzufolge die Befugnis der NSA, anlasslos Telefondaten zu sammeln, bis 2020 verlängert werden soll. Die derzeitige Überwachungserlaubnis laufe am 1. Juni aus. Kritiker fordern, nationale Sicherheit und die Privatsphäre der Bürger müssten gleichermaßen geschützt werden. spiegel.de (meu) berichtet zudem über ein weiteres datenschutzrechtlich umstrittenes Gesetz.

USA – Sex mit dementer Ehefrau: Der Mann, der wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs seiner dementen Ehefrau im US-Bundesstaat Iowa angeklagt war, wurde vergangenen Mittwoch freigesprochen. Die Frage, ob eine demente Frau dazu in der Lage ist in Geschlechtsverkehr einzuwilligen, beantwortete die Jury allerdings nicht, der Freispruch erging mangels eindeutiger Beweise für etwaigen Geschlechtsverkehr des Ehepaars. Die Welt (Michael Remke) informiert über den Fall und setzt sich mit der Frage auseinander, die die Geschworenen hier offen ließen.

Sonstiges

BND/NSA – Massenspionage: Der US-Auslandsgeheimdienst NSA soll mit Hilfe des BND jahrelang gezielt westeuropäische Konzerne und Politiker überwacht haben – der BND speiste Selektoren der NSA, wie IP-Adressen und Handynummern, zur Überwachung verschiedener Weltregionen in die eigenen Systeme ein. 40.000 dieser Selektoren sollen nach der neuesten Überprüfung gegen "westeuropäische und deutsche Interessen" verstoßen – bereits 2008 und 2013 sei Mitarbeitern des BND aufgefallen, dass einige der verwendeten Selektoren nicht – wie es zwischen Bundesrepublik und den USA vereinbart war – der Abwehr von Terrorismus dienten. Eine entsprechende Meldung an das Bundeskanzleramt sei erst vergangenen März erfolgt. Dies meldet spiegel.de (Maik Baumgärtner/Hubert Gude/Marcel Rosenbach/Jörg Schindler). zeit.de meldet weiter, das Bundeskanzleramt habe "im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht" "technische und organisatorische Defizite" beim BND festgestellt und die Behörde angewiesen, diese unverzüglich zu beheben. Regierungssprecher Seibert habe zudem erklärt, es gebe keine Hinweise auf "eine massenhafte Ausspähung deutscher und europäischer Staatsbürger".

Christian Rath (taz) erklärt, warum diese mutmaßliche "Massenspionage unter Freunden" "besonders dreist" wäre. Er hält allerdings fest, es sei noch unklar wie erfolgreich diese Überwachung gewesen sei. Die unterlassene Meldung des BND an die Bundesregierung wäre allerdings "innenpolitisch der größte Skandal". "Ein Geheimdienst, der der eigenen Regierung verheimlicht, dass die eigene Wirtschaft, das eigene Land von einem befreundeten Dienst systematisch ausgeforscht wird, ist – um es höflich zu formulieren – nicht sehr nützlich".

Live-Broadcast und Rechte Dritter: Der Rechtsanwalt Udo Vetter informiert auf arag.de über die relevanten Rechte Dritter bei der Liveübertragung von Bild- und Tonmaterial. Vetter warnt davor, allzu sorglos entsprechendes Material zu teilen, denn fehlende Einverständniserklärungen können zu Urheberrechts- und Persönlichkeitsverletzungen und gegebenenfalls sogar zu Schadensersatzansprüchen und Strafverfahren führen.

Das Letzte zum Schluss

Gericht moniert mangelnde Empathie: Eine Frau rutscht im Supermarkt in einer Pfütze aus und zieht sich dabei erhebliche Verletzungen zu. Das Amtsgericht Schönberg spricht ihr Schadensersatz zu, die beklagte Gesellschaft habe ihre Pflichten verletzt, da sie gerade an einem regnerischen Tag "zumutbare Kontrollmaßnahmen" unterlassen habe. Soweit klar. Besonders an dem Fall ist allerdings, dass sich das Gericht dazu berufen fühlte, der Beklagten zudem "mangelnde Empathie" anzulasten – eine Mitarbeiterin des Supermarkts warf einer hilfsbereiten Kundin vor, sie hätte doch nicht den teuren Tiefkühl-Fisch zum Mildern der Schmerzen der Klägerin verwenden müssen. justillon.de (Stephan Weinberger) erläutert den Fall.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/vb

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 24. April 2015: EGMR erlaubt Justizkritik – Prozessbeginn im Fall Tuğçe – BND-Eklat . In: Legal Tribune Online, 24.04.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15342/ (abgerufen am: 02.05.2024 )

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