Die juristische Presseschau vom 24. April 2015: EGMR erlaubt Justizkritik – Prozessbeginn im Fall Tuğçe – BND-Eklat

24.04.2015

Auch Richter und Staatsanwälte dürfen kritisiert werden – die Große Kammer des EGMR schützt das Recht der Anwälte auf Justizkritik. Außerdem in der Presseschau: Prozessbeginn im Fall Tuğçe, 200 Verhandlungstage im NSU-Prozess, NSA spionierte wohl seit Jahren über den BND westeuropäische Konzerne und Politiker aus, juristische Aspekte des Live-Streamings und Beklagte kriegt Rüffel von Gericht für mangelnde Empathie.

 

Thema des Tages

EGMR zu anwaltlicher Justizkritik: Die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte schützt mit einer Entscheidung vom gestrigen Donnerstag das Recht von Anwälten auf Justizkritik und korrigiert damit ein Urteil der 5. Kammer des EGMR aus dem Jahre 2013. Der Kläger, der französische Anwalt Olivier Morice, hatte im Interview mit der Zeitung Le Monde unter anderem das Verhalten einer französischen Untersuchungsrichterin als "völlig unvereinbar mit den Prinzipien der Unparteilichkeit und Fairness" bezeichnet und war daraufhin zu einer Geldstrafe wegen Beihilfe zur Diffamierung öffentlicher Amtsträger verurteilt worden. Seine Beschwerde gegen das Urteil wies die 5. Kammer damals mit der Begründung ab, eine Verletzung der Meinungsfreiheit gemäß Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention liege nicht vor – Morice sei vielmehr als Rechtsanwalt verpflichtet zum "guten Funktionieren der Justiz" beizutragen. Die Große Kammer erklärte nun in ihrer Entscheidung, sie sehe darin zwar weiterhin einen legitimen Grund zur Einschränkung der Meinungsfreiheit, jedoch könnten unter bestimmten Bedingungen auch Richter und Staatsanwälte mit Kritik konfrontiert werden. verfassungsblog.de (Maximilian Steinbeis) erläutert den zugrundeliegenden Fall.

Rechtspolitik

Karenzzeiten für Politiker: Am gestrigen Donnerstag brachte die Bundesregierung einen Gesetzentwurf im Bundestag ein, mit dem die Karenzzeiten der Politiker geregelt werden soll. In Frage-Antwort-Form informiert die SZ (Robert Rossmann) über die geplante Regelung. So solle die Karenzzeit grundsätzlich ein Jahr betragen und verhindern, dass "das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der Bundesregierung beeinträchtigt wird".

Laut Robert Rossmann (SZ) sei das Gesetz bereits überfällig – bekannte "Seitenwechsel" wie die von Rösler oder Pofalla seien nicht auf ein "Geschmäckle" hin überprüft worden. Rossmann hält zudem fest, dass die Kritik, das Gesetz komme einem "Berufsverbot" für ehemalige Minister gleich, nicht berechtigt sei – wenn, sei die Regelung eher "zu mild" ausgefallen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 24. April 2015: EGMR erlaubt Justizkritik – Prozessbeginn im Fall Tuğçe – BND-Eklat . In: Legal Tribune Online, 24.04.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15342/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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