BGH zu fiktiver Schadensberechnung: Günstig muss es sein

11.12.2018

Wer als Unfallgeschädigter darauf verzichtet, sein Auto reparieren zu lassen, kann sich auch das Geld für eine fiktive Reparatur auszahlen lassen. Dann muss er sich aber auch auf die günstigste Werkstatt verweisen lassen, bestätigt der BGH.

Alltag: Auf der Straße hat's gekracht, das Auto kommt in die Werkstatt und die rechnet mit der Versicherung ab. Anders, wenn das Auto nicht so schwer beschädigt ist und seine besten Tage vielleicht ohnehin hinter sich hat. In diesem Fall entscheidet sich mancher gegen eine Reparatur und entscheidet sich lieber für das Geld im Wege einer fiktiven Schadensberechnung.

In einem solchen Fall muss ein Gutachter bestimmen, was eine Reparatur des Schadens wohl gekostet hätte. Doch auch wenn dieser den ortsüblichen Durchschnittspreis zugrunde legt, muss sich der Unfallgeschädigte auf die günstigste Werkstatt im Umkreis verweisen lassen, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einer nun veröffentlichten Entscheidung. Auch Aufschläge auf die Kosten für Ersatzteile muss die Versicherung demnach nicht hinnehmen (Urt. v. 25.09.2018, Az. VI ZR 65/18). 

Der Kläger in dem Fall, den der BGH zu entscheiden hatte, stritt sich mit der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers über die Höhe des Schadensersatzes, der ihm zustand. Er hatte sich dagegen entschieden, eine Werkstattreparatur direkt abrechnen zu lassen, sondern ging den Weg über die fiktive Schadensberechnung. Der von ihm beauftragte Gutachter war zu dem Ergebnis gekommen, dass die Stundensätze einer ortsansässigen, nicht markengebundenen Fachwerkstatt durchschnittlich bei 103,75 Euro netto lägen. Die von ihm angesetzten Kosten für die fiktiv benötigten Ersatzteile enthielten einen zehnprozentigen Aufschlag gegenüber der unverbindlichen Preisempfehlung (UPE*).

BGH: Schadenminderungspflicht auf Basis der Kosten für günstigere Werkstatt

Während zwischen den Parteien unstreitig war, dass die Haftpflichtversicherung dem Grunde nach zu zahlen hatte, monierte diese, die geltend gemachten Beträge seien zu hoch. Dabei bestritt man gar nicht, dass die Ausführungen des Gutachters richtig waren. Allerdings gebe es in der Nähe eine Werkstatt, die mit einem Stundensatz von 95 Euro unter dem Durchschnitt liege. Die Aufschläge auf die UPE müsse man im Übrigen auch nicht zahlen, so der Versicherer.

Während das Amtsgericht dem Unfallgeschädigten noch auf Ansprüche in voller Höhe erkannte, sah dies das Landgericht anders und kürzte den Schadensersatzanspruch. Wenn eine mühelos und ohne weiteres zugängliche, freie Fachwerkstatt den Schaden für weniger Geld genauso gut behoben hätte, so die Argumentation der Berufungsrichter, gebiete es die dem Mann obliegende Schadenminderungspflicht, nur die Kosten für die günstigere Variante zu veranschlagen. Dem stehe auch nicht die zivilrechtliche Dispositionsfreiheit entgegen. Das gleiche gelte für die UPE-Aufschläge bei Ersatzteilkosten: Biete eine Werkstatt die Ersatzteile zur UPE oder günstiger an, müsse sich der Unfallgeschädigte darauf verweisen lassen.

Dieser Ansicht folgte nun auch der BGH, den der Mann im Wege der Revision angerufen hatte. Zwar sei der Geschädigte "sowohl in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung als auch in der Verwendung des vom Schädiger zu leistenden Schadensersatzes frei", so der BGH. "Allerdings ist der Geschädigte nach dem in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch, d. Red.) verankerten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann."

Demnach müsse die Versicherung nicht die ortsüblichen Durchschnittskosten, sondern im Zweifel nur die für die günstigere Werkstatt erstatten. Auch die Aufschläge auf die UPE aus der Kalkulation auszunehmen, war nach Ansicht der Karlsruher Richter nicht zu beanstanden, auch wenn die meisten Werkstätten diese berechnen würden und in Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich anerkannt sei, dass diese ersatzfähig sein könnten.

*Gängige Abkürzung angepasst am 11.12.2018, 15.23 Uhr.

mam/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BGH zu fiktiver Schadensberechnung: Günstig muss es sein . In: Legal Tribune Online, 11.12.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32633/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

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