Das MiLoG in der Praxis: Unklar­heiten erfor­dern dop­pelte Vor­sicht

von Dr. Alexander Bork und Britta Fischer

01.04.2016

2/2: Aufzeichnungspflicht als einziges Kontrollmittel

Um die Einhaltung der Mindestlohnpflicht zu kontrollieren, sieht das MiLoG Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten für den Arbeitgeber vor. Diese gelten für geringfügig Beschäftigte und für sämtliche Arbeitnehmer, die in den in § 2a Schwarzarbeitsgesetz genannten Wirtschaftssektoren tätig sind. Sie verpflichten den Arbeitgeber, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit aufzuzeichnen und die Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre aufzubewahren.

Offensichtlich ist, dass die Aufzeichnung der täglichen Arbeitszeit zur Kontrolle der Zahlung des Mindestlohns für Gutverdienende nicht notwendig ist. Die Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung (MiLoGDokV) schränkt deshalb die Aufzeichnungs- und Dokumentationspflicht ein. Arbeitgeber müssen nicht die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer aufzeichnen, deren verstetigtes Einkommen mehr als EUR 2.958 beträgt. Diese völlig willkürlich gesetzte Lohnschwelle wurde im Sommer 2015 auf EUR 2.000 abgesenkt. Voraussetzung ist jedoch, dass der Arbeitnehmer in den letzten vollen zwölf Monaten nachweislich ein Bruttoentgelt von mehr als EUR 2.000 erhalten hat. Erhält er auch nur einen Monat genau EUR 2.000 oder weniger, beginnt der 12-monatige Zeitraum erneut zu laufen.

Lieber zu viel als zu wenig aufzeichnen

Weder in den Verordnungen noch im MiLoG ist erläutert, welche (Arbeits-)Zeiten konkret aufzuzeichnen sind. So werden etwa Bereitschaftsdienste oder Wartezeiten von Taxifahrern in der Praxis häufig nicht als Arbeitszeit dokumentiert und dementsprechend nicht nach dem MiLoG vergütet. Dies verwundert, schließt doch das MiLoG an schon bestehende Aufzeichnungspflichten nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) an. Nach dem ArbZG sind grundsätzlich sämtliche Arbeitszeiten aufzuzeichnen. Solange nicht gerichtlich entschieden ist, ob auch Bereitschaftsdienste mit dem Mindestlohn zu vergüten sind, sind Arbeitgeber gut beraten, auch diese Zeiten nach den Vorgaben des MiLoG aufzuzeichnen.

Bei ausschließlich mobilen Tätigkeiten hat das Ministerium reagiert. Nach der Mindestlohnaufzeichnungsverordnung (MiLoAufzV) hat der Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflicht bereits erfüllt, wenn er nur die Dauer der tatsächlichen Arbeitszeit aufzeichnet. Dies gilt in Bezug auf solche Arbeitnehmer, die ihre tägliche Arbeitszeit eigenverantwortlich einteilen. Während der täglichen Arbeitszeit nehmen sie regelmäßig nicht durch ihren Arbeitgeber oder Dritte Arbeitsaufträge entgegen.

MiLoG widerspricht dem Modell der Vertrauensarbeitszeit

In der Praxis stellt sich ferner die Frage, inwieweit das in Unternehmen zunehmend vorzufindende Arbeitszeitmodell der Vertrauensarbeitszeit mit den Aufzeichnungspflichten nach dem MiLoG vereinbar ist. Keinesfalls wird sich der Arbeitgeber mit der Einführung von Vertrauensarbeitszeit seinen Aufzeichnungspflichten entziehen können.

Zulässig ist es jedoch, die Aufzeichnungspflicht auf den Arbeitnehmer zu übertragen (sogenannte Delegation). Dies sollte im Arbeitsvertrag ebenso festgeschrieben werden wie die Verpflichtung des Arbeitnehmers, seine Aufzeichnungen dem Arbeitgeber in regelmäßigen Zeitabständen vorzulegen. Hierfür ist schon der handschriftliche Vermerk auf einem Stundenzettel ausreichend. Der Arbeitgeber bleibt trotz einer entsprechenden Delegation verpflichtet, die Aufzeichnung zu kontrollieren

Verstößt ein Arbeitgeber gegen die ihm obliegenden Aufzeichnungs- oder Kontrollpflichten, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar. Die hier drohenden Ordnungsgelder haben bislang allerdings nicht dazu beigetragen, das in den Betrieben erforderliche Bewusstsein für die Aufzeichnungspflichten zu schärfen.

Die Autoren Dr. Alexander Bork und Britta Fischer sind im Düsseldorfer Büro der Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek in der Praxisgruppe Arbeitsrecht tätig. Sie beraten Unternehmen zu allen Fragen des Arbeitsrechts. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Beratung von Organmitgliedern.

Zitiervorschlag

Dr. Alexander Bork und Britta Fischer, Das MiLoG in der Praxis: Unklarheiten erfordern doppelte Vorsicht . In: Legal Tribune Online, 01.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18921/ (abgerufen am: 30.04.2024 )

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