US-Regierung und Bundesstaaten verklagen Facebook: "Monopol mit wett­be­werbs­wid­rigen Mit­teln ver­tei­digt"

11.12.2020

Kaufte Facebook WhatsApp und Instagram, weil sie die Dominanz des Online-Netzwerks gefährdeten? So argumentiert die US-Regierung in ihrer Klage, um die Übernahmen rückgängig zu machen. Der Auftakt für ein jahrelanges Verfahren.

Die US-Regierung und mehr als 40 Bundesstaaten werfen Facebook unfairen Wettbewerb vor und wollen vor Gericht die Abspaltung von Instagram und WhatsApp erreichen. Facebook habe die Foto-Plattform und den Chatdienst gekauft, um seine Dominanz vor den Rivalen zu schützen, argumentieren sie in den am Mittwoch eingereichten Klagen. Das Online-Netzwerk wies die Vorwürfe zurück.

Facebook kaufte Instagram 2012 für etwa eine Milliarde Dollar und WhatsApp 2014 für rund 22 Milliarden Dollar. Beide Dienste haben inzwischen deutlich mehr als eine Milliarde Nutzer.

Die Handelskommission FTC, die in den USA für Verbraucherschutz zuständig ist, begann ihre Klage gleich mit der Feststellung, dass Facebook das dominierende Online-Netzwerk sei und Monopolmacht habe. Dieses lukrative Monopol verteidige der Konzern in einer "systematischen Strategie" mit wettbewerbswidrigen Mitteln.

Facebook: Handelskommission hat Übernahmen selbst genehmigt

Facebooks Chefjuristin Jennifer Newstead konterte: "Kartellgesetze existieren, um Verbraucher zu schützen und Innovationen zu fördern, nicht um erfolgreiche Unternehmen zu bestrafen." Facebook habe Milliarden Dollar investiert, um Instagram und Whatsapp erfolgreich zu machen. Newstead verwies auch darauf, dass die FTC selber die Übernahmen einst genehmigt habe. Die Klage sende nun das Signal aus, "dass kein Kauf jemals endgültig ist".

Schon in der Vergangenheit hatte es Forderungen gegeben, Instagram und WhatsApp wieder aus Facebook herauszulösen. Der Konzern hat in den vergangenen Jahren die Infrastruktur hinter der Plattform seines Online-Netzwerks sowie Instagram und WhatsApp enger zusammengeführt. Das würde eine Aufspaltung technisch erschweren.

Analystin Jessica Liu von der Marktforschungsfirma Forrester geht davon aus, dass selbst eine Zerschlagung Facebook nicht viel anhaben könnte. Mit mehr als 1,8 Milliarden Nutzern täglich allein in seinem Online-Netzwerk habe der Konzern eine "unüberwindbare" Stärke. Zusammen mit Instagram, WhatsApp und dem zweiten Chatdienst Messenger kommt Facebook auf 2,54 Milliarden Nutzer jeden Tag.

Vorwurf: "Monopolmacht ausgenutzt, um die Konkurrenz auszulöschen"

Die Justizminister von 48 US-Bundesstaaten und Territorien fordern in ihrer Klage auch, dass Facebook sie über alle Übernahmen mit einem Wert von mehr als zehn Millionen Dollar informieren solle. "Facebook hat seine Monopolmacht genutzt, um kleinere Rivalen zu vernichten und die Konkurrenz auszulöschen, alles auf Kosten alltäglicher Nutzer", kritisierte New Yorks Justizministerin Letitia James. Die Klage solle eine klare Botschaft an Facebook und andere Unternehmen senden: dass Versuche, Wettbewerb zu ersticken, Innovationen zu behindern oder den Schutz der Privatsphäre zu beschneiden, mit aller Macht verfolgt würden.

Online-Schwergewichte wurden im Heimatmarkt USA lange Zeit nur sehr lasch reguliert. Zuletzt schlug die Stimmung aber um. Im Oktober nahmen die Regierung und elf Bundesstaaten den Internet-Riesen Google mit einer Wettbewerbsklage ins Visier. Google schütze seine Dominanz bei der Internet-Suche und der damit verbundenen Werbung auf illegale Weise, lautet der Vorwurf. Das Unternehmen wies dies zurück. Rechtsexperten bezweifeln, dass die Klage Erfolg haben wird. Denn es muss unter anderem nachgewiesen werden, dass US-Verbraucher durch wettbewerbswidriges Verhalten von Google zu Schaden kommen.

Das müssen die FTC und die Bundesstaaten auch bei ihren Klagen gegen Facebook nachweisen. Sie verweisen darauf, dass Verbrauchern zum Beispiel mögliche Innovationen eines unabhängigen Instagram-Dienstes entgingen, sowie die Möglichkeit, ein nicht von Facebook kontrolliertes Online-Netzwerk zu nutzen.

Auch EU-Kommission erlaubte WhatsApp-Übernahme

Facebook und auch Google argumentierten schon vor den Klagen, man müsse den harten Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Nutzer im Netz berücksichtigen. Facebooks Gründer und Chef Mark Zuckerberg hatte auch versucht, die Foto-App Snapchat zu kaufen. Deren Gründer lehnten das Angebot jedoch ab.

Auch die EU-Kommission hatte die WhatsApp-Übernahme freigegeben. Bei ihr musste Facebook später jedoch ein Millionen-Bußgeld zahlen, weil der Konzern irreführende Angaben gemacht hatte. Bei Ankündigung der Übernahme hatte es geheißen, dass eine Zusammenführung von Nutzerdaten technisch nicht möglich sei. Später fand Facebook doch einen Weg.

Zuckerberg gab sich in einer internen Botschaft an die Mitarbeiter, die der New York Times vorlag, kämpferisch. "Insgesamt sind wir mit den Vorwürfen der Regierung nicht einverstanden und planen, dagegen vor Gericht zu kämpfen. Die Realität ist, dass wir bei allem, was wir machen, mit vielen anderen Diensten konkurrieren - und zwar fair", schrieb der 36-Jährige. Facebooks Wettbewerber hätten hunderte Millionen oder auch Milliarden Nutzer, erklärte Zuckerberg und zählte Google, Twitter, Snapchat, Apples Chat-Dienst iMessage und Googles Videoplattform YouTube auf. Er stellt sich auf ein jahrelanges Verfahren ein.

Wenige Stunden nach der Klage veröffentlichte Facebook eine ganze Website, die die Position des Online-Netzwerks untermauern soll. Das Online-Netzwerk hatte Zeit, sich die Argumentation zurechtzulegen: Bereits im Mai 2019 veröffentlichte Politikchef Nick Clegg einen Gastartikel in der New York Times mit der Überschrift "Facebook aufzuspalten ist keine Lösung."

dpa/mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

US-Regierung und Bundesstaaten verklagen Facebook: "Monopol mit wettbewerbswidrigen Mitteln verteidigt" . In: Legal Tribune Online, 11.12.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43704/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen